Daten, Chaos, Rache Der gefährliche Umbau-Plan von Trump und Musk

Philipp Dahm

7.2.2025

USA: Landesweite Proteste gegen Trump-Regierung

USA: Landesweite Proteste gegen Trump-Regierung

Bei landesweiten Protesten gegen die Trump-Regierung in den USA kamen am Mittwoch Tausende Personen zusammen. In New York nannten die Demonstranten Donald Trump einen Faschisten und kritisierten das sogenannte Projekt 25. Dazu gehört, dass unter anderem Gesetze vorgesehen sind, die den Versand von Abtreibungspillen über Staatsgrenzen hinweg verbieten, Pornografie kriminalisieren sowie das Bildungsministerium und Umweltschutzregeln abschaffen sollen.

06.02.2025

Donald Trump konzentriert immer mehr Macht: Zusammen mit Elon Musk reisst er die Finanz-Hoheit an sich. Selbst konservative Stimmen warnen vor einer Verfassungskrise. Dabei hat der Umbau des Staates gerade erst begonnen.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Geburtsortsprinzip, USAID-Auflösung und Finanz-Kompetenzen für Elon Musk: Inzwischen warnen auch konservative Kreise vor einer Verfassungskrise, weil Donald Trump zu viel Macht auf sich vereint.
  • Datenkrake DOGE: Musks Effizienzabteilung hat nun Zugriff auf sensible Daten von allen Staatsangestellten und allen staatlichen Finanz-Transaktionen.
  • 19- bis 25-Jährige aus der Tech-Branche, die Amerika «retten» wollen: «Wired» zeigt, wen sich Musk bei DOGE ins Boot holt.
  • Trump und Musk wollen den Staat verschlanken, könnten das aber auch nutzen, um kritische Leute loszuwerden, wird befürchtet.
  • Trump nutzt staatliche Mittel für seine persönliche Vendetta.

Donald Trumps Gebaren ist am 31. Januar Thema bei «Real Time with Bill Maher». «Nun will er 30'000 illegal Eingewanderte nach Guantanamo Bay schicken», sagt der Namensgeber der HBO-Show.

Und weiter: «Ich verstehe ja, ihr Leute: Dafür haben die Leute abgestimmt. Aber irgendwie tun sie mir leid, diese bemitleidenswerten, machtlosen Leute, die er herumschubst.» Maher macht eine Kunstpause. «Ich spreche vom Kongress.»

Brian Riedl kann darüber wohl nicht lachen. «Die Trump-Administration hat im Prinzip dem Artikel I der Verfassung den Krieg erklärt», erklärt der Politologe der konservativen Denkfabrik Manhattan Institute for Policy Research «Salon». Der Artikel I regelt die Gewaltenteilung im politischen System fest, legt aber vor allem auch die Finanzierung des Staates durch Repräsentantenhaus und Kongress fest.

Konservative warnen vor «Verfassungskrise»

Dass nun Elon Musk mit seiner extralegalen Abteilung DOGE in dieses Finanzierungssystem eingreife, untergrabe die Verfassung. Präsident Trump habe zudem nur die Autorität, staatliche Zahlungen temporär aussetzen. Musk und Trump kümmert das aber nicht: «Es ist klar, dass sie die zugrunde liegende Struktur der Programme in die Luft jagen und die Zahlungen auf unbestimmte Zeit einstellen wollen», sagt Riedl.

Wenn der Kongress nicht die Finanzen durch Gesetze verantwortet, könnten diese in der Hand von Einzelnen landen – und die Macht über Kriegserklärungen oder Zölle liegen inzwischen auch beim Präsidenten. «Was bringt ein Kongress dann überhaupt noch?», fragt Riedl kritisch. Alan Cole, ein Ökonom der konservativen Tax Foundation, schreibt ebenfalls von einer «Verfassungskrise».

Dass der US-Präsident neu so viel Macht auf sich vereint, «ergibt strukturell wirklich keinen Sinn», meint auch Philip Wallach. «Wie kann man einen Konsens über die Ausgaben aushandeln, wenn der Präsident die Bedingungen des Abkommens nachträglich neu verhandeln kann?», fragt der Politologe des konservativen American Enterprise Institute «Salon». «Man kann nicht einfach das Gesetz durch einseitiges Handeln ändern.»

Datenkrake DOGE

Trump sieht das anders. Er streicht nonchalant das verfassungsrechtlich garantierte Geburtsortsprinzip, auch wenn er dabei nun auf rechtlichen Widerstand stösst. Er löst USAID auf, obwohl er für die Abschaffung der Entwicklungsbehörde die Zustimmung vom Kongress bräuchte, moniert das konservative «Wall Street Journal». Trump ficht das nicht an.

Auch an der Machtfülle der Abteilung DOGE, die Politologe Wallach als «rechtlich fragwürdig» einstuft, wird sich nichts ändern. Im Gegenteil: Zunächst haben Musks Leute die Mitarbeitenden des Office of Personnel Management (OPM) aus ihren Computersystemen ausgesperrt und dann Daten abgezogen. Das Gleiche gilt für das Finanzministerium.

«Diejenigen, die nicht zur Bundesregierung gehören, verstehen vielleicht nicht den Ernst der Lage», schreibt dazu ein Ex-Beamter bei «Slate». «Das OPM verwaltet die privaten Daten von Bundesbeamten – Bankleitzahlen, Adressen, Versicherungsdaten, Alterskonten, Beschäftigungsdaten. Vom Finanzministerium kämen alle Zahlungsdetails – von der Sozialhilfe bis zu Forschungsausgaben.

19- bis 25-Jährige «retten» Amerika

Nun verfüge DOGE über «all diese privaten Informationen, die zuvor vertrauensvoll gegeben, sorgfältig behandelt und gesetzlich reguliert wurden». Wie «Wired» berichtet, arbeiten in der Abteilung, die Trump direkt untersteht, nun auch Externe, die Elon Musk eingestellt hat.

Eine Gruppe von 19 bis 25 Jahre alten Leuten aus der Techbranche soll die Regierung effizienter machen. Um die Finanzdaten kümmert sich demnach Marko Elez: Der 25-Jährige hat früher bei Musks Firma SpaceX gearbeitet. Gavin Kliger kommt von einer KI-Firma: Der 25-Jährige, der als «Spezieller Berater des Direktors» firmiert, weist USAID-Mitarbeitende per Mail an, zu Hause zu bleiben.

Kliger schreibt auch, er habe «ein siebenstelliges Salär» ausgeschlagen, «um Amerika zu retten». Was Edward Corstine bei DOGE macht, ist nicht ganz klar. Der 19-Jährige geht noch aufs College. Im Sommer hat der Sohn eines Popcorn-Fabrikanten ein Praktikum bei der Firma Neuralink gemacht, die Musk gehört. Er gibt sich als «Experte» aus, weiss «Wired».

«Feindliche Übernahme des Staatsapparats»

Das sei beispiellos, sagt Don Moynihan von der University of Michigan: «Akteure, die nicht wirklich Beamte sind, verschaffen sich Zugang zu den sensibelsten Daten der Regierung. Es fühlt sich also an wie eine feindliche Übernahme des Staatsapparats durch den reichsten Mann der Welt.»

Dabei hat der grosse Umbau erst begonnen. Unter dem erklärten Ziel, den Staat schlanker zu machen, peilt das Weisse Haus an, fünf bis zehn Prozent der Staatsangestellten zu entlassen. Deshalb haben viele ein Angebot erhalten, gegen eine Abfindung bis zum 6. Februar aussteigen zu können, da es nicht sicher sei, wie es mit ihnen weiterginge. 20'000 – ein Prozent – haben angenommen.

Während sich weniger Staat als Konzept gut anhört, bleibt die Frage, ob die Verwaltung weiter so funktioniert, wie sie soll. Ein negatives Beispiel ist die Flugsicherung, deren Direktor gefeuert wurde, während man dem Personal die Kündigung nahelegte. Die Fluglotsen-Ausbildung wurde eingefroren und ein Sicherheitsgremium abgesetzt, bevor es in Washington am 29. Januar zu einem tödlichen Flugzeugunglück führte.

Trump «fühlt sich im Chaos am wohlsten»

Auch CIA hat seinen Mitarbeitenden ein derartiges Angebot gemacht, um den Geheimdienst mit «mit neuer Energie versorgen», weiss CNN. Bei anderen Sicherheitsdiensten ist das Weisse Haus weniger subtil, wie die geplante Verfolgung jener Ermittler und Staatsanwälte zeigt, die etwa den Sturm aufs Kapitol untersucht haben.

FBI-Agenten haben deshalb am 4. Februar in New York eine Klage eingereicht, die verhindern soll, dass Trumps Team Zugriff auf die entsprechenden Daten erhält, berichtet die «New York Times». Bis zu 6000 Personen sollen betroffen sein, von denen sich kaum einer den Fall ausgesucht haben dürfte.

Trump will den Staat auch benutzen, um sich persönlich zu rächen. Das zeigt sich, wenn er Mike Pompeo, John Bolton oder Anthony Fauci den staatlichen Schutz entzieht. «Er sagte: Sie haben Geld. Holt eure eigenen Sicherheitsleute», erklärt der Republikaner Chris Christie im Podcast von Jon Stewart. Aber: «Die staatliche Sicherheit ist sehr viel besser. Sie haben Zugang zu Informationen, die private Dienste nicht haben.»

Christie hat Trump 2016 noch unterstützt. «Ich habe an das System geglaubt», sagt er. «Okay, ihn haben die Leute gewählt: Ich werde in dem System arbeiten, um ihn besser zu machen.» 2020 habe er begriffen: «Er schert sich einen Dreck um das System.» Politisches Chaos sei erwünscht: «Er liebt es, so zu arbeiten. Er fühlt sich im Chaos am wohlsten.»


Trump: Task Force soll «Christenfeindlichkeit» in der Regierung bekämpfen

Trump: Task Force soll «Christenfeindlichkeit» in der Regierung bekämpfen

STORY: Donald Trump will gegen eine angebliche Christenfeindlichkeit in der US-amerikanischen Regierung vorgehen. Bei einer Veranstaltung namens National Prayer Breakfast – wörtlich etwa «nationales Glaubensfrühstück» – kündigte der US-Präsident eine entsprechende Arbeitsgruppe unter der Leitung von Justizministerin Pam Bondi an. «Antichristliche Voreingenommenheit. Davon haben Sie noch nie etwas gehört, oder? Aber es ist an der Zeit, nicht wahr? Man hört so oft was, aber nie über Vorurteile gegen Christen. Die Aufgabe dieser Task Force wird es sein, sofort alle Formen der Diskriminierung von Christen innerhalb der Bundesregierung zu stoppen, einschliesslich der im Justizministerium, die absolut schrecklich war. Die Steuerbehörde, das FBI, und andere Agenturen, schrecklich. Darüber hinaus wird die Task Force daran arbeiten, antichristliche Gewalt und Vandalismus in unserer Gesellschaft in vollem Umfang strafrechtlich zu verfolgen und Himmel und Erde zu bewegen, um die Rechte von Christen und religiösen Gläubigen landesweit zu verteidigen.» Er werde im Präsidialamt ein Glaubensbüro einrichten und eine Kommission für Religionsfreiheit erschaffen, sagte Trump. Konkrete Beispiele für eine Voreingenommenheit gegen Christen in der Regierung nannte er nicht. Die Ankündigung könnte verfassungsrechtliche Fragen aufwerfen, da die Trennung von Kirche und Staat in den USA nach dem Ersten Verfassungszusatz strenger geregelt wird als in vielen anderen Staaten.

07.02.2025