Trump will Atomwaffen testen«USA und Russland sind die langsamen Verlierer»
Stefan Michel
30.10.2025
Die Macht des A-Worts: Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass die USA tatsächlich wieder eine Atombombe zünden, schickt die Ankündigung Schockwellen um die Welt.
National Nuclear Security Administration / Nevada Site Office / Wikipedia
Präsident Trump will, dass die USA wieder Atombomben testen. Sicherheitsexperte Remo Reginold glaubt nicht, dass ein solcher tatsächlich stattfinden wird. Die Ankündigung sei eher Symptom als Strategie.
Stefan Michel
30.10.2025, 18:08
31.10.2025, 09:41
Stefan Michel
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Präsident Trump hat angekündigt, dass die USA wieder Atomtests durchführen würden.
Sicherheitspolitik-Experte Remo Reginold sieht die Ankündigung als Ablenkungsmanöver und ein Zeichen der schwindenden sicherheitspolitischen Bedeutung der USA.
Dennoch hält der Experte die Symbolpolitik Trumps für wirkungsvoll.
Es ist einer dieser Trump-Momente: Die USA würden wieder Atomtests durchführen, kündigt der Präsident an. 1992 hat die US Army zum letzten Mal einen nuklearen Sprengkopf zu Testzwecken gezündet. Seither setzt sie ausschliesslich auf Computersimulationen.
Es stellen sich einige Fragen: Was will Präsident Trump mit seiner Ankündigung erreichen? Wie reagieren die anderen Atommächte? Was bedeutet das für die globale Sicherheit? blue News hat den Aussen- und Sicherheitspolitik-Experten Remo Reginold vom Swiss Institute for Global Affairs (SIGA) gefragt.
Was bedeutet es, dass die USA wieder Atomtests durchführen wollen?
Das ist erst mal nur ein Signal. Es gibt keine Konkretisierung, keinen konkreten Plan. Es ist vielmehr eine Bombe im Informationsraum. Es ist zwar eine Abkehr von der langjährigen Politik, aber bis solche Tests durchgeführt werden könnten, ist Trump nicht mehr im Amt. Und es ist bis jetzt nicht klar, was Trump genau gemeint hat: Atombombentests oberirdisch oder unterirdisch, Raketentests, Test neuer Technologien? Und wir fallen darauf hinein.
Am SIGA denken wir, dass Trump damit von anderen Sachen ablenken will, etwa vom handelspolitischen Trumpf Chinas, von den diversen Asien-Gipfeltreffen, davon, keinen Frieden in der Ukraine und keine dauerhafte Lösung im Nahen Osten erreicht zu haben. Genau wie das Aufflammen der Diskussionen um eine mögliche dritte Amtszeit. Immer wenn er das aufbringt, ist Vorsicht geboten, wovor diese Scheindiskussion ablenken will.
Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass in absehbarer Zeit tatsächlich ein Atomtest der US Army stattfindet?
Die ist klein. Da aber nicht konkretisiert wurde, worum es gehen soll, könnten letztlich auch Raketentests, abseits von richtigen Atombombentests gemeint sein, die dann weit weniger spektakulär sind. Es ist auch bereits jetzt mit sehr viel innenpolitischem und juristischem Widerstand zu rechnen. Dieser Schuss geht nach hinten los.
Wie lange dauert es vom Befehl, einen Test auszuführen, bis zur Detonation der Testbombe?
Es ist nicht klar, ob Trump einen richtigen Bombentest meint oder Raketentests. Bis zum richtigen Bombentest könnten Jahre vergehen, weil Infrastrukturen und Ressourcen heute fehlen, ebenso wie der innenpolitische Druck und allenfalls auch der globale Druck sehr hoch sein dürften.
Man rechnet mit mehreren Hundert Millionen USD für einfachere Bombentests. Geld limitiert immer. Auch deshalb sind heute umfassende Simulationen Usus.
Was gewinnen die USA, wenn sie einen oder mehrere Atomtests durchführen?
Nichts. Es ist nur Symbolpolitik, aber eine wirkungsvolle Symbolpolitik. Amerika kann damit vermeintliche Stärke zeigen, Einsatzbereitschaft signalisieren und Putins stetes Kokettieren mit der atomaren Option etwas entgegenhalten. Trump will vielleicht, dass wir lieber etwas Angst vor ihm, als vor Putin haben.
Es sind heute aber weder die Infrastrukturen noch Ressourcen vorhanden für richtige Bombentests.
Zur Person
Bild: Christin Schäfer
Remo Reginold ist Direktor des Swiss Institute for Global Affairs (SIGA). Er studierte Politikwissenschaften, Philosophie und Theologie und forschte in Frankreich, UK und den USA.
Welche Reaktionen erwarten Sie von den anderen Atommächten?
Russland und China werden das scharf kritisieren und als Eskalation bezeichnen, obwohl Russland seit Jahren mit der nuklearen Option spielt. Aktuell haben sie ein neues Raketensystem mit Nuklearantrieb getestet, was zwar kein Atombombentest ist, aber dennoch als Bedrohung wahrgenommen wird.
China rüstet ebenfalls atomar auf, liegt quantitativ aber weit hinter Russland und den USA. China wird sicher am meisten davon profitieren, die Grossmachtallüren Trumps weltpolitisch kritisieren zu können.
Erwarten Sie, dass nun auch China, Russland oder die weiteren Atommächte Tests ansetzen?
Russland hat bereits rhetorisch eskaliert im Ukraine-Krieg. China entwickelt moderne Atomwaffen. Es könnte schon eine kleine Spirale in Richtung Tests geben. Aber ob es wieder Atomwaffentests gibt, wie wir Bilder im Kopf haben von Atompilzen über Pazifikinseln und Wüstengebieten, ist mehr als fraglich.
Atomwaffen sind Abschreckungswaffen. Ziel ist stets, diese nicht einsetzen zu müssen. Ändern neue Atomtests etwas an dieser ungeschriebenen Regel?
Nein. Das Abschreckungspotenzial ist schon heute vorhanden, massiv. Es gibt rund 12'000 Atomsprengköpfe weltweit. Mehr als 10'000 davon gehören je zur Hälfte den USA und Russland. Abschreckung und die totale Vernichtung der Erde sind heute schon mehrfach möglich.
Was bedeutet Trumps Ankündigung neuer Atomtests für die Sicherheit der Welt?
Die Weltordnung ist so oder so im Wandel und die bisherige Sicherheits- und Weltwirtschaftsordnung verändert sich zugunsten Asiens. Vielleicht sind die USA und Russland darin die langsamen Verlierer und versuchen mit alter Rhetorik den Abstieg möglichst lange zu verzögern, mit allen möglichen Kollateralschäden.