Der Eurorettungsschirm ESM bewahrte in der Wirtschafts- und Finanzkrise vor Jahren vor allem Griechenland vor der Staatspleite. Nun soll er gestärkt werden – auch mit Blick auf mögliche neue Bankenkrisen.
Die EU-Finanzminister haben sich endgültig auf die Reform des Eurorettungsschirms ESM geeinigt. Dies teilte der deutsche Finanzminister Olaf Scholz in Brüssel mit. Damit will sich die Eurozone mitten in der Corona-Rezession besser gegen künftige Finanz- und Bankenkrisen wappnen.
Scholz sagte, die ESM-Reform klinge zwar technisch, sei aber von grosser Bedeutung: «Die ESM-Reform stärkt den Euro und den gesamten europäischen Bankensektor. Denn wir machen die Eurozone noch robuster gegenüber den Attacken von Spekulanten.»
Die Reform soll den 2012 gegründeten ESM stärken und vorsorgliche Kreditlinien für Staaten in Wirtschafts- und Finanzkrisen erleichtern. Zugleich soll die Institution in Luxemburg die Aufgabe einer Rückversicherung für den Bankenabwicklungsfonds SRF übernehmen. Dieser gemeinsame Backstop werde nun zwei Jahre früher gestartet als ursprünglich gedacht, sagte Scholz. Startdatum ist nun 2022 statt 2024.
Damit mache man «Europas Banken krisenfester und unterstützen die Realwirtschaft», fügte der Minister hinzu. «Denn ein stabiler Bankensektor ist eine wichtige Voraussetzung für Wachstum und Beschäftigung in Europa. Zugleich verringern wir weiter die Risiken in den Bankbilanzen. All das sind hervorragende und wichtige Nachrichten für unsere Unternehmen und für Europas Bürgerinnen und Bürger.»
Scholz hatte schon vor der Sitzung gesagt, wichtig für Deutschland sei die Fortsetzung einer «Stabilitätskultur» und der weitere Abbau notleidender Kredite bei den Banken. Ausserdem sollten im Fall von Insolvenzen auch verfügbare Eigenmittel genutzt werden.
Wegen Detailfragen hatte Italien die eigentlich bereits vor einem Jahr unterschriftsreife Reform lange blockiert. In einer Anhörung im italienischen Parlament signalisierte Finanzminister Roberto Gualtieri aber Zustimmung zu dem ESM-Reformpaket. Nach dem Beschluss vom Montag könnte der gemeinsame Backstop schon vor dem ursprünglich anvisierten Zieldatum 2024 eingeführt werden. Diese rasche gemeinsame Absicherung des Bankenfonds ist im Sinne Italiens.
Aus Sicht des Internationalen Währungsfonds entwickelt sich die wirtschaftliche Lage in der Eurozone ungünstiger als noch vor wenigen Wochen gehofft. Wegen der zweiten Corona-Welle könnte der Aufschwung Anfang 2021 schwächer ausfallen. Der IWF drang deshalb nicht nur auf einen raschen Start des 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbauprogramms Next Generation EU; auch der Abschluss der ESM-Reform und die Stärkung des Bankenabwicklungsfonds blieben dringende Aufgaben, hiess es.
Die ESM-Reform berieten die Finanzminister der 19 Eurostaaten zusammen mit ihren Kollegen der übrigen EU-Staaten. Zuvor hatten sie sich im kleineren Kreis der 19 Länder der Währungsunion über die wirtschaftliche Lage der in der Wirtschafts- und Finanzkrise nach 2008 besonders angeschlagenen Staaten beraten, darunter Griechenland.
Nach Einschätzung der EU-Kommission ist ihre finanzielle Situation trotz der Pandemiekrise vorerst unkritisch. Die Minister sprachen sich auf Grundlage dieser Einschätzung für die Freigabe von 767 Millionen Euro an Finanzierungshilfen für Griechenland aus.
Es war mit hohen Milliardenkrediten des ESM vor der Staatspleite bewahrt worden. Inzwischen finanziert sich Griechenland wieder selbst am Kapitalmarkt, muss aber weiter strikte Vorgaben der Gläubiger erfüllen.