Europa EU kauft bis 2023 Riesenmenge Impfstoff von Biontech

SDA

9.5.2021 - 17:32

Klaus Begall, Professor am Ameos-Klinikum in Halberstadt, zeigt eine leere Ampulle, in der einst Dosen des Impfstoffs von Biontech-Pfizer waren. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/dpa
Klaus Begall, Professor am Ameos-Klinikum in Halberstadt, zeigt eine leere Ampulle, in der einst Dosen des Impfstoffs von Biontech-Pfizer waren. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/dpa
Keystone

Die Europäische Union kauft bis zu 1,8 Milliarden weitere Dosen Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer. Damit sollen bis ins Jahr 2023 die 70 bis 80 Millionen Kinder in der EU gegen Covid-19 geschützt und Impfungen von Erwachsenen aufgefrischt werden.

Die EU-Kommission billigte dazu am Wochenende einen weiteren Vertrag mit dem Impfstoff-Entwickler Biontech aus Mainz und dem US-Pharmakonzern Pfizer. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte auch an, dass weitere Vereinbarungen folgen könnten.

Beim Hersteller Astrazeneca stehen allerdings nach grossen Lieferproblemen Fragezeichen. EU-Industriekommissar Thierry Breton sagte am Sonntag, die EU habe den bestehenden Impfstoffvertrag mit dem britisch-schwedischen Unternehmen nicht über Juni hinaus verlängert. «Wir schauen, was passiert», sagte der Franzose im Radiosender France Inter.

Ein Kommissionssprecher stellte auf Anfrage klar, dass es bei Astrazeneca zunächst um die Erfüllung des geltenden Vertrags gehe. Die Firma ist mit Lieferungen an die EU sehr im Rückstand. «Wir halten uns aber alle Optionen offen, um uns für die nächsten Phasen der Pandemie vorzubereiten, für die Jahre 2022 und darüber hinaus.» Über Vertragsverlängerungen könne man sich jetzt nicht äussern.

Mit dem neuen Grossvertrag mit Biontech/Pfizer bis 2023 werden bereits Weichen gestellt. Die EU will damit 900 Millionen Dosen fest bestellen. Weitere 900 Millionen Dosen sind eine Option. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat das Geschäft ein Volumen bis zu 35 Milliarden Euro und bedeutet weitere Investitionen in Deutschland und Belgien. Die Kosten je Dosis liegen nach dpa-Informationen bei etwa 19,50 Euro je Dosis.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüsste den Vertrag. Damit werde für notwendige Nachimpfungen wie auch die Anpassung des Impfstoffs an Virusvarianten gesorgt. Deutschland könnte von den ersten 900 Millionen Impfdosen 165 Millionen bekommen. Das Finanzministerium veranschlagt dafür 3,83 Milliarden Euro.

Für die laufende Impfkampagne hat die EU bereits zwei Rahmenverträge mit Biontech/Pfizer über 600 Millionen Impfdosen geschlossen, die seit Ende 2020 nach und nach ausgeliefert werden. Allein von Anfang April bis Ende Juni erwartet die EU 250 Millionen Dosen dieser Hersteller.

Deren mRNA-Impfstoff gilt als sehr wirksam und sehr sicher. Ein Vorteil der neuartigen mRNA-Technologie ist, dass Impfstoffe relativ schnell an Virenmutationen angepasst werden können. Als Nachteil gilt, dass das Präparat bei sehr tiefen Temperaturen gelagert werden muss und vergleichsweise teuer ist.

Die EU-Kommission verteidigte, dass die Kosten für eine Dosis noch höher sind als bei bisherigen Verträgen mit Biontech/Pfizer. Zuletzt betrug der Preis nach Angaben aus Bulgarien 15,50 Euro. Es gebe strengere Liefervereinbarungen, andere Haftungsregeln und Vereinbarungen zur Anpassung des Impfstoffes an neue Virus-Varianten, hiess es aus der Brüsseler Behörde. Ausserdem zahle die EU künftig kein Geld mehr zur Produktionsförderung.

Für Auffrischungen und die Impfung von Kindern werden nach Schätzung der Kommission 2022 und 2023 zusammen rund 700 Millionen Dosen benötigt. Tritt eine Mutation des Virus auf, gegen die die bisherigen Impfungen nicht helfen, bräuchte man 640 Millionen Dosen, um 70 Prozent der EU-Bevölkerung völlig neu zu immunisieren.

Von der Leyen hatte schon am 14. April angekündigt, dass mit Biontech/Pfizer über die Lieferung der Riesenmenge verhandelt wird. Die Gespräche zogen sich dann länger hin als gedacht. Dem Vernehmen nach hatte Frankreich Einwände. Letztlich unterstützten aber alle 27 EU-Staaten den Deal. Nun läuft offiziell noch eine Einspruchsfrist von fünf Werktagen, bis der Vertrag unterzeichnet werden kann.