EU-Gipfel EU verlängert Wirtschaftssanktionen gegen Russland

dpa

20.6.2019

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron in Brüssel. 
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron in Brüssel. 
Source: Kenzo Tribouillard/AFP Pool/AP

Beim EU-Gipfel haben die Staats- und Regierungsschefs die Wirtschaftssanktionen gegen Russland verlängert. Keine Einigung gab es hingegen beim Klima.

Die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland werden wegen des anhaltenden Ukraine-Konflikts abermals verlängert. Darauf einigten sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union bei ihrem Gipfel in Brüssel, wie ein Sprecher von Ratspräsident Donald Tusk bestätigte.

Die verbindliche Festlegung auf ein neues Klimaziel bis 2050 ist indessen gescheitert. Das Datum für den Umbau zur «klimaneutralen» Wirtschaft wurde nach stundenlangen Verhandlungen aus der Gipfelerklärung gestrichen und in eine Fussnote verbannt, wie mehrere Diplomaten bestätigten. Im Text steht nun nur ein Hinweis auf die angestrebte Einhaltung des Pariser Klimaabkommens.

Die EU hatte die Handels- und Investitionsbeschränkungen trotz Milliardenverlusten für heimische Unternehmen zuletzt im Dezember 2018 bis zum 31. Juli 2019 verlängert. Sie sollen nun weitere sechs Monate gelten.

Grössere Diskussionen über die Entscheidung gab es auf EU-Ebene nach Angaben von Diplomaten nicht. Als ein Grund dafür gilt das Vorgehen Russlands gegen ukrainische Marineschiffe Ende vergangenen Jahres. Die russische Küstenwache hatte damals zwei Patrouillenboote und einen Schlepper gewaltsam an der Fahrt durch die Meerenge von Kertsch ins Asowsche Meer gehindert. Die Seeleute wurden festgenommen, die Schiffe beschlagnahmt. Die EU fordert seit Monaten ihre bedingungslose Freilassung.

Auf eine Aufhebung der Wirtschaftssanktionen soll Russland zudem erst hoffen können, wenn die Vereinbarungen des Minsker Friedensplanes zum Ukraine-Konflikt komplett erfüllt sind. Mit der Koppelung der Sanktionen an den Friedensplan wollen die EU-Staaten den russischen Präsidenten Wladimir Putin dazu bewegen, seinen Einfluss auf die pro-russischen Separatisten in der Ostukraine stärker für eine Beilegung des Konfliktes zu nutzen.

Experten gehen nach Angaben von Diplomaten davon aus, dass die Sanktionen Russland bereits einen dreistelligen Milliardenbetrag gekostet haben. Doch auch die europäische Konjunktur wird in Mitleidenschaft gezogen, da die Strafmassnahmen den Handel vieler EU-Unternehmen mit Russland erschweren und Moskau im Gegenzug Einfuhrverbote für westliche Agrarprodukte wie Obst und Fleisch verhängt hat.

Eingeführt wurden die EU-Strafmassnahmen nach dem Absturz eines malaysischen Flugzeugs mit 298 Menschen an Bord über der Ostukraine im Juli 2014. Es soll nach Angaben von westlichen Ermittlern von prorussischen Separatisten abgeschossen worden sein.

Unabhängig von den harten Sanktionen gegen die russische Wirtschaft sind diejenigen EU-Sanktionen, die ganz konkret die Wirtschaft auf der von Russland einverleibten Schwarzmeerhalbinsel Krim treffen. Sie wurden am Donnerstag von der EU um ein ganzes Jahr verlängert und sollen erst aufgehoben werden, wenn die Krim von Russland wieder an die Ukraine zurückgegeben wird. Die Regelungen sehen zum Beispiel vor, dass Kreuzfahrtschiffe aus der Europäischen Union nicht in Häfen des von der Ukraine abgetrennten Territoriums einlaufen dürfen.

Die Europäische Union trete «fünf Jahre nach der rechtswidrigen Annexion der Krim und Sewastopols durch Russland weiter entschlossen für die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine ein», hiess es zur Begründung für die Sanktionsverlängerung. Die EU erkenne diesen Verstoss gegen das Völkerrecht nicht an und verurteile ihn weiterhin.

Beim Thema Klima hatte sich vor allem Polen gegen das verbindliche Zieldatum gewehrt. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel trug es dagegen ausdrücklich mit. «Ich jedenfalls kann für Deutschland dieses Ziel ausdrücklich unterstützen», hatte die CDU-Politikerin zum Auftakt des Gipfels gesagt. Zudem versprach sie zusätzliche Anstrengungen für den Klimaschutz schon bis 2030 .Die Staatenlenker standen wegen der Klimaproteste unter Druck. Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres hatte die EU aufgefordert, Klimaneutralität bis 2050 anzustreben.

Das Ziel bedeutet, dass die allermeisten Treibhausgase eingespart werden müssen und der Rest ausgeglichen werden muss, etwa durch Aufforstung oder Speicherung. Dafür muss die Energieversorgung von Öl, Kohle und Gas weitgehend auf Wind, Sonne, Biosprit und Co umgestellt und Energie extrem sparsam eingesetzt werden, etwa in optimal gedämmten Häusern.

Polen hat bisher einen hohen Anteil Kohlestrom und müsste für eine solche Energiewende noch mehr investieren als andere EU-Länder. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hatte bereits vor dem Gipfel gesagt, Polen werde sich nicht auf strengere EU-Klimaziele einlassen, so lange die EU keinen entsprechenden Ausgleich für Mitgliedstaaten anbietet. Polen hatte Unterstützung von Ungarn, Tschechien und Estland, wie ein EU-Diplomat sagte. Für eine Festlegung wäre Einstimmigkeit nötig gewesen.

Morawiecki sagte, westeuropäische Länder verbrauchten doppelt soviel Energie wie Polen. Dennoch sähen sie sich selbst nicht als Umweltverschmutzer, weil ein Grossteil ihrer industriellen Produktion in andere Teile der Welt verlagert worden sei, etwa nach Asien. Polen könne sich dies nicht leisten, da seine Entwicklung wegen der kommunistischen Vergangenheit des Landes 50 Jahre hinterher sei.

Der rasche Umbau zu einer «klimaneutralen» Wirtschaft soll dem Ziel des Pariser Klimaabkommens dienen, die globale Erwärmung bei höchstens 2, möglichst aber bei 1,5 Grad zu stoppen. 1 Grad plus ist im Schnitt weltweit bereits erreicht. Vergleichsmassstab ist jeweils die Zeit vor der Industrialisierung.


Bilder des Tages
Zurück zur Startseite