EuropaEU will Wirtschaftskrieg mit USA unter Trump verhindern
SDA
8.11.2024 - 15:42
Die EU bereitet sich nach der US-Wahl auf eine schwierige Zusammenarbeit mit dem künftigen Präsidenten Donald Trump vor.
Keystone-SDA
08.11.2024, 15:42
SDA
«Oberste Priorität muss sein, einen Wirtschaftskrieg zu vermeiden», sagte Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer am Rande eines Gipfeltreffens mit seinen Amtskollegen in Budapest. Es müsse klar verhandelt werden, es brauche Spielregeln und gegenseitige Anreize, um Investitionen zuzulassen.
Bei dem Treffen der Staatsspitzen geht es demnach darum, wie die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen vor allem gegenüber Konkurrenz aus China und den USA gestärkt werden kann. Beide Länder verschaffen ihren Unternehmen aus EU-Sicht mit hohen Subventionen Vorteile, sodass Europa das Nachsehen hat. Die Aussicht auf Trump als neuen US-Präsidenten verstärkt die Dringlichkeit der Debatte.
Bei dem Treffen wird sich etwa zur Stärkung des Binnenmarktes beraten sowie dazu, wie produktiver und innovativer gearbeitet werden kann. Auch über Europas Verteidigungsbereitschaft und die grüne Transformation der Wirtschaft wird diskutiert.
«Beziehung zwischen Europa und USA wird sich stark verändern»
Grundlage für die Debatte war eine Analyse des früheren Chefs der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. Diese zeigt Schwächen als auch Handlungsoptionen für die Staatengemeinschaft auf – und vor allem grossen Investitionsbedarf. Draghi sagte in Budapest, es bestehe kein Zweifel daran, dass die Trump-Präsidentschaft die Beziehungen zwischen den USA und Europa stark verändern werde. Europa habe zu lang versucht, einen Konsens zu finden und könne Entscheidungen nun nicht länger aufschieben.
Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, auf Importe neue Zölle in Höhe von 10 bis 20 Prozent einführen zu wollen. Für chinesische Waren sollen sie sogar 60 Prozent betragen. Damit will er den Produktionsstandort USA stärken und das aktuelle Handelsdefizit abbauen. Mehrere Ökonomen warnten jüngst, eine Rückkehr Trumps ins Weisse Haus werde sich wahrscheinlich negativ auf das Wachstum in Europa auswirken.
Besonders hart könnte es für die deutsche Autoindustrie und ihre Zulieferer werden. Für Hersteller wie Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz sind die USA zusammen mit China der wichtigste Absatzmarkt ausserhalb der EU. Sonderzölle hätten voraussichtlich erhebliche negative Auswirkungen.
Luxemburgs Regierungschef Luc Frieden erklärte in Budapest, man müsse erst einmal abwarten, was Trump mache. Aber man werde mit Amerika auf Augenhöhe diskutieren. «Wir sind für fairen und freien Handel. Zölle sind nicht das beste Mittel, das zu erreichen, aber wenn jemand etwas einführt, dann muss man auch reagieren.» Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zufolge sind die Gespräche zur Wettbewerbsfähigkeit von «allergrösster Wichtigkeit». Man müsse bei Innovationen «vorne dabei» sein und dafür etwa Kapital mobilisieren sowie Bürokratie drastisch abbauen. Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni sagte, es gehe nicht darum, was die USA tun können, sondern was Europa für sich selbst tun kann.
Finanzierung strittig
Um wettbewerbsfähiger zu werden und es mit China und den USA aufnehmen zu können, braucht es vor allem Geld. Strittig ist, woher dies genau kommen soll. Für notwendige Investitionen müssten sowohl öffentliche als auch private Mittel mobilisiert werden, heisst es in einem Entwurf für die Abschlusserklärung des Treffens, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. «Wir sind entschlossen, alle Instrumente und Werkzeuge zu prüfen und zu nutzen», schreiben die Staats- und Regierungschefs. Damit bleibt auch die Option einer neuen gemeinsamen Schuldenaufnahme auf dem Tisch. Deutschland positioniert sich bislang klar dagegen, andere Länder sprechen sich dafür aus. Bislang nahm die EU solche im grossen Stil nur für den milliardenschweren Corona-Aufbaufonds auf.
Einig sind sich die Spitzenpolitiker darin, dass die Europäische Investitionsbank und der langfristige Haushalt der Staatengemeinschaft eine wesentliche Rolle spielen sollen. Zudem soll auf die Einführung neuer Eigenmittel hingearbeitet werden – das könnte zum Beispiel eine neue Steuer auf Krypto-Währungen sein.
Um mehr privates Geld zu mobilisieren, pochen die Staats- und Regierungschefs daher auch auf «dringende Fortschritte bei der Kapitalmarktunion». Beim geplanten Zusammenwachsen der europäischen Kapitalmärkte geht es im Kern darum, bürokratische Hürden zwischen den EU-Staaten abzubauen, um Unternehmen mehr Möglichkeiten zu geben, sich Geld zu beschaffen. «Darüber hinaus würden grössere Kapitalinvestitionen dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit der EU bei kritischen Technologien zu sichern», schreiben die Spitzenpolitiker.
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