Krisensitzung anberaumt Radikale Siedler greifen Israels Militär im Westjordanland an

dpa

30.6.2025 - 22:08

Ein Palästinenser steht am 13. April 2024 in dem Dorf Al-Mughayyir nahei Ramallah in den Trümmern seines Hauses, das radikale Siedler angesteckt haben.
Ein Palästinenser steht am 13. April 2024 in dem Dorf Al-Mughayyir nahei Ramallah in den Trümmern seines Hauses, das radikale Siedler angesteckt haben.
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Soldaten werden attackiert, Fahrzeuge zerstört: Radikale jüdische Siedler greifen Israels Militär an. Die Behörden halten eine Dringlichkeitssitzung ab. Selbst der rechte Hardliner Ben-Gvir distanziert sich für einmal.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • In der Nacht auf Montag, den 30. Juni, haben radikale jüdische Siedler bei einer israelischen Militärbasis im Westjordanland randaliert und Soldaten angegriffen.
  • Israels Verteidigungsminister, die Opposition und sogar der rechtsextreme Sicherheitsminister haben die Aktion kritisiert.
  • Eine Dringlichkeitssitzung wurde terminiert.
  • Die Gewalt radikaler Siedler nimmt zu.

Dutzende israelische Siedler haben in der Nähe eines Militärstützpunktes im besetzten Westjordanland randaliert.

Die Siedler legten Feuer, zerstörten Militärfahrzeuge, sprühten Graffiti und attackierten Soldaten, wie die Streitkräfte mitteilten. Schon vor den Unruhen gestern Abend hatten Siedler im Westjordanland Palästinenser angegriffen; die Sicherheitskräfte nahmen mehrere von ihnen fest.

«Kein zivilisiertes Land kann gewalttätige und anarchische Handlungen wie das Niederbrennen von Militäreinrichtungen, die Beschädigung von Militäreigentum und Angriffe auf Sicherheitspersonal durch Bürger des Landes tolerieren», sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

«Soldaten sind unsere Brüder, Söhne und Beschützer»

Auch der rechtsextreme Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir, der sich in ähnlichen Fällen in der Vergangenheit auf die Seite der orthodoxen Angreifer stellte, verurteilte gestern die Gewalt.

«Angriffe auf Sicherheitskräfte, Sicherheitseinrichtungen und Soldaten, die unsere Brüder, Söhne und Beschützer sind, sind eine rote Linie und müssen mit aller Härte geahndet werden», schrieb er auf der Plattform X. «Wir sind Brüder.»

Ben-Gvir ist ein entschiedener Befürworter der Siedlungen im Westjordanland und wurde in Israel bereits wegen Hetze und Unterstützung von Terrorgruppen verurteilt; er hat die Deportation aller arabischen Bürger aus Israel gefordert.

Israelische Medien zeigten Aufnahmen von Dutzenden jungen Männern, augenscheinlich Mitglieder einer extremistischen Bewegung israelischer Siedler, die Hügel im Westjordanland besetzen und beschuldigt werden, Palästinenser und deren Eigentum anzugreifen.

Katz hält Dringlichkeitstreffen ab

Die Bilder zeigten, wie Sicherheitskräfte Betäubungsgranaten einsetzen, während sich Dutzende Siedler um den Militärstützpunkt nördlich von Ramallah versammeln. Die israelischen Streitkräfte veröffentlichten Fotos der Schäden. Dazu gehörten laut Militärangaben auch Systeme, die zur Abwehr von Terrorangriffen eingesetzt werden.

Verteidigungsminister Israel Katz kündigte heute an, die Gewalt zu beenden. Er forderte die extremistischen Siedler auf, daran zu denken, dass viele der Sicherheitskräfte erschöpfte Reservisten seien. Katz hat wegen Gewalt ein Dringlichkeitstreffen einberufen. Vertretende aller Organe der Sicherheit sollten daran teilnehmen, teilte Katz' Büro mit.

Zu der Attacke von Siedlern auf israelische Sicherheitskräfte sagte Katz: «Dieser Erscheinung muss sofort ein Ende gesetzt werden. Wir werden alle notwendigen Mittel einsetzen, um diese Gewalt an der Wurzel auszurotten – niemand wird es wagen, Hand an Soldaten der israelischen Armee oder an Sicherheitskräfte zu legen.»

Oppositionsführer Jair Lapid sagte dem israelischen Armeeradio, die Unruhen seien begangen worden von «jüdischen Terroristen, Verbrecherbanden, die sich von der (Regierungs-)Koalition unterstützt fühlen».

Drei Tote nach Überfall auf Kfar Malik

Mehr als 100 Siedler seien am Mittwochabend am 25. Juni in die Stadt Kfar Malik im Westjordanland eingedrungen, hätten Brände gelegt und auf Palästinenser geschossen, sagte Nadscheb Rostom, der Vorsitzende des örtlichen Gemeinderats. Drei Palästinenser wurden getötet, nachdem das Militär eingegriffen hatte. Israelische Sicherheitskräfte nahmen fünf Siedler fest.

Seit Beginn des Gaza-Krieges zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas berichten Palästinenser im Westjordanland über eine deutliche Zunahme der israelischen Kontrollpunkte in dem Gebiet. Israel führt an, dass Drohungen gegen seine Bürger aus dem Westjordanland zunehmen.

Israel eroberte das Westjordanland, den Gazastreifen und Ostjerusalem 1967 im Sechstagekrieg; die Palästinenser fordern alle drei Gebiete für ihren künftigen Staat. Im Westjordanland leben etwa drei Millionen Palästinenser und 500'000 israelische Siedler. Die internationale Gemeinschaft betrachtet die Siedlungen mit überwältigender Mehrheit als illegal.