Grossbritannien Farage knickt im Streit mit Tories um Brexit-Wähler teilweise ein

SDA/tpfi

11.11.2019

Nigel Farage, Chef der Brexit-Partei, will Schaden anrichten – und zwar vor allem bei der Labour-Partei.
Nigel Farage, Chef der Brexit-Partei, will Schaden anrichten – und zwar vor allem bei der Labour-Partei.
Bild: Stefan Rousseau/PA Wire/dpa

Bei den Unterhauswahlen im Dezember will die Brexit-Partei von Nigel Farage den Konservativen um Boris Johnson nicht ins Gehege kommen. Stattdessen wolle sie sich ganz auf die Wahlkreise konzentrieren, die im Parlament bislang von Labour und pro-europäischen Parteien vertreten werden.

Die Brexit-Partei von Nigel Farage will bei der Parlamentswahl am 12. Dezember nun doch nicht in fast allen britischen Wahlkreisen antreten. Sie will sich auf europafreundliche Wahlkreise konzentrieren.

«Die Brexit-Partei wird sich nicht um die 317 Mandate bewerben, die bei der vergangenen Wahl von der Konservativen Partei gewonnen wurden», sagte Farage am Montag bei einer Wahlkampfveranstaltung in der nordostenglischen Hafenstadt Hartlepool. Stattdessen wolle sie sich ganz auf die Wahlkreise konzentrieren, die im Parlament bislang von Labour und pro-europäischen Parteien vertreten werden.

Bis vor Kurzem hatte Farage Schützenhilfe für die Tories von Premierminister Boris Johnson ausgeschlossen, solange die sich nicht zu einem EU-Austritt ohne Abkommen bekennen. Johnson hofft bei der Wahl auf eine stabile Mehrheit, um seinen nachgebesserten Brexit-Deal durchs Unterhaus zu bringen. Den hatte Farage bislang abgelehnt mit der Begründung, es handele sich nicht um einen «echten Brexit». Konservative Politiker fürchteten, die Konkurrenz von rechts könnte sie wichtige Stimmen kosten.

Ausgelöst hat den Sinneswandel bei Farage angeblich eine Äusserung Johnsons. Der Regierungschef habe sich dazu bekannt, die künftigen Beziehungen mit der EU im Rahmen eines Freihandelsabkommens nach dem Vorbild Kanadas zu gestalten, sagte Farage. «Das hat für mich einen grossen Unterschied gemacht.» Bislang sei immer die Rede von einer engen und besonderen Partnerschaft gewesen.

Farage in eigenen Reihen unter Druck

Das könnte aber auch eine Ausrede sein: Farage stand unter heftigem Druck aus den eigenen Reihen. Erst am Wochenende hatte sich sein langjähriger Wegbegleiter, der Geschäftsmann Arron Banks, für einen Pakt mit den Tories ausgesprochen. «Es ist Zeit für Nigel und seine Unterstützer realistisch zu werden», schrieb er in einem Gastbeitrag in der «Daily Mail» und deutete an, es habe Gespräche zwischen den Konservativen und der Brexit-Partei gegeben.

Johnson trat Spekulationen entgegen, wonach er Farage eine Gegenleistung in Aussicht gestellt haben könnte - etwa eine Berufung ins Oberhaus. «Absolut nicht», sagte der Regierungschef der BBC während eines Wahlkampftermins in Wolverhampton nahe Birmingham. Er freue sich aber über die Wahrnehmung, «dass es nur einen Weg gibt, um uns aus der EU rauszubringen. Und das ist, für uns zu stimmen, konservativ zu wählen».

Folgen des Entgegenkommens offen

Ob das Entgegenkommen Farages für Johnson einen entscheidenden Unterschied macht ist fraglich. Der Premier ist für einen klaren Sieg auf die Stimmen von Brexit-Befürwortern in traditionellen Labour-Hochburgen wie dem Nordosten Englands und den West Midlands um Birmingham angewiesen. Doch die Erwartung ist, dass enttäuschte Labour-Wähler eher zur Brexit-Partei von Farage überlaufen könnten als zu den verhassten Tories. Dann könnte es möglicherweise wieder keine klare Mehrheit geben.

Auch auf der anderen Seite des politischen Spektrums hatte es in der vergangenen Woche einen Wahlpakt gegeben. Die Liberaldemokraten erklärten, mit den Grünen und der walisischen Plaid-Cymru-Partei in 60 Wahlkreisen Absprachen getroffen zu haben. Alle drei Parteien wollen den Brexit verhindern. Doch ohne eine Kooperation mit der grössten Oppositionspartei Labour dürfte der Effekt verschwindend gering sein. Die drei kleineren Parteien hatten zuletzt gerade einmal 25 von 650 Mandaten im Parlament in Westminster inne.

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