Felssturz Geologische Ursachen für Felsstürze in Brienz GR

mafr, sda

13.11.2024 - 10:01

An den zahlreichen Felsstürzen und Schuttlawinen rund um das Bergdorf Brienz GR soll gemäss Geologen nicht der Klimawandel Schuld sein.
An den zahlreichen Felsstürzen und Schuttlawinen rund um das Bergdorf Brienz GR soll gemäss Geologen nicht der Klimawandel Schuld sein.
Keystone

Die Felsstürze in Brienz GR sind auf geologische Faktoren zurückzuführen und stehen nicht im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Geologen erklären die Ursachen und die Geschichte der Rutschungen.

Keystone-SDA, mafr, sda

Die Felsstürze oberhalb des Bündner Bergdorfs Brienz sind das Ergebnis geologischer Prozesse und nicht des Klimawandels. Geologen weisen darauf hin, dass die Bewegungen durch eine Kombination von Wasser und bestimmten Gesteinsarten im Erdreich verursacht werden.

Bereits zum wiederholten Mal muss Brienz GR wegen einer drohenden Steinlawine evakuiert werden. Bis Sonntagmittag sollen alle Bewohner das Dorf verlassen, möglicherweise für mehrere Monate. 1,2 Millionen Kubikmeter Schutt drohen, das Dorf zu verschütten. Im Juni 2023 kam ein ähnlicher Schuttstrom nur wenige Meter vor dem Dorf zum Stillstand.

Der Geologe Stefan Schneider betont, dass die Schuttlawinen, Felsstürze und Blockschläge in Brienz GR nicht mit dem Klimawandel in Verbindung stehen. Diese Ereignisse haben eine lange Geschichte, die bis ins Jahr 1878 zurückreicht. «Einen Zusammenhang kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen», sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Historische Rutschungen

Der erste dokumentierte Schuttstrom ereignete sich 1878, als grosse Gesteinsmassen mit einer Geschwindigkeit von vier Metern pro Tag rechts oberhalb des Dorfes abrutschten. Der Strom war eineinhalb Jahre in Bewegung, bevor er 100 Meter vor dem Dorf stoppte.

Seitdem kam es immer wieder zu grösseren und kleineren Felsstürzen sowie zahlreichen Blockschlägen. Auch der Untergrund des Dorfes ist seit jeher in Bewegung.

Schneider vermutet, dass der schneereiche Winter von 1999 die Bewegungen beeinflusst haben könnte. Beim Schmelzen der grossen Schneemengen drang viel zusätzliches Wasser ins Erdreich ein, was in Kombination mit der geologischen Beschaffenheit eine gefährliche Mischung darstellt.

Geologische Bedingungen

Das Hochplateau, auf dem Brienz GR liegt, besteht aus Bündner Schiefer und Flysch, einer sehr weichen Gesteinsart. Wenn Wasser hinzukommt, entsteht ein schmieriger Brei, erklärt Schneider.

Diese Mischung und die Neigung des Gesteins führen dazu, dass der Berg oberhalb von Brienz und das gesamte Dorf talwärts rutschen. Der Berg bewegt sich jährlich um 2,5 Meter, während die Schutthalde oberhalb des Dorfes derzeit rund 20 Zentimeter pro Tag abrutscht.

Kein Einfluss des Klimawandels

Obwohl die Schutthalde auf Niederschläge reagiert, sind diese nicht für die gesamten Bewegungen im Gebiet verantwortlich, so Schneider. Auch die mit dem Klimawandel verbundenen stärkeren Niederschläge haben keine direkten Auswirkungen auf die Rutschgeschwindigkeiten.

Vielmehr sind längere extreme Wetterperioden, wie sehr nasse Sommer oder schneereiche Winter, spürbar. Diese sind jedoch nicht zwangsläufig auf den Klimawandel zurückzuführen.

Auch der auftauende Permafrost hat in Brienz GR keine Auswirkungen, da das Dorf mit rund 1100 Metern zu tief liegt. Permafrost tritt erst ab Höhen von 2300 Metern auf.

Laut Schneider gibt es in Graubünden viele Rutschungen wie in Brienz. Warum es jedoch im Bergdorf im Albulatal zu einer solchen Zuspitzung der Ereignisse kommt, ist noch nicht abschliessend geklärt.