Flutkatastrophe im deutschen Ahrtal Staatsanwaltschaft prüft Ermittlungsverfahren

sda/dpa/toko

2.8.2021 - 19:30

Rettungskräfte sind nach dem Hochwasser in Marienthal im Einsatz. Die Flut im deutschen Ahrtal in der Eifel hat zahlreiche Todesopfer gefordert und schwere Schäden angerichtet.
Rettungskräfte sind nach dem Hochwasser in Marienthal im Einsatz. Die Flut im deutschen Ahrtal in der Eifel hat zahlreiche Todesopfer gefordert und schwere Schäden angerichtet.
Keystone/Thomas Frey/dpa (Archivbild)

Dutzende Menschen sind bei der Flutkatastrophe im Ahrtal ums Leben gekommen. Zum Krisenmanagement sind Fragen aufgetaucht.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz prüft nach der Flutkatastrophe im Ahrtal die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung. Dabei gehe es um möglicherweise unterlassene oder verspätete Warnungen oder Evakuierungen der Bevölkerung, teilte die Behörde am Montag mit. In diese Prüfung sollen neben der «umfangreichen Presseberichterstattung» auch Feststellungen aus Todesermittlungsverfahren sowie allgemeine polizeiliche Hinweise aus der Katastrophennacht vom 14./15. Juli einbezogen werden. Gegen wen sich der Anfangsverdacht richtet, wurde in der Mitteilung nicht gesagt.

Am Wochenende waren erneut Fragen im Zusammenhang mit dem Krisenmanagement in der Nacht des Unwetters laut geworden. Nach einem Bericht der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» soll trotz präziser Warnungen erst spät der Katastrophenfall ausgerufen worden. Die Kreisverwaltung habe neben online veröffentlichten Informationen im Laufe des Abends mehrere automatisierte E-Mails des zuständigen Landesamts für Umwelt erhalten, in denen auch der prognostizierte enorme Pegelstand von fast sieben Metern mitgeteilt worden sei, heisst es in dem Bericht.

Die Kreisverwaltung wollte diesen Bericht am Sonntag nicht kommentieren und verwies auf einen späteren Zeitpunkt. Für Landrat Jürgen Pföhler habe die Wiederherstellung der Versorgung der Menschen im Flutgebiet derzeit oberste Priorität, hiess es. Der Innenminister Roger Lewentz hatte mehrfach erklärt, dass die Abläufe rund um die Warnungen und Einleitung von Rettungsmassnahmen im Ahrtal aufgearbeitet werden sollen.



Die Zahl der Menschen, die in der Flutkatastrophe im Ahrtal ums Leben kamen, stieg am Montag auf 138. Weiterhin vermisst werden 26 Bewohner, wie Florian Stadtfeld vom Polizeipräsidium Koblenz mitteilte.

Der Staatsanwaltschaft liegen nach eigenen Angaben zudem weitere polizeiliche Erkenntnisse zum Tod von zwölf Menschen in einer Betreuungseinrichtung in Sinzig vor. Auch diese sollen ausgewertet werden, ob sich daraus der Anfangsverdacht von Straftaten ergebe.

Die Prüfung werde etwas Zeit benötigen, erklärte Oberstaatsanwalt Harald Kruse. «Zum einen wäre es fatal, Menschen, die in der Katastrophennacht sicherlich schwierige Entscheidungen zu treffen hatten, auf einer unvollständigen Tatsachengrundlage mit Ermittlungen zu überziehen», erklärte er. Zum anderen gelte, dass Ermittlungen gegebenenfalls umso zielgerichteter geführt werden könnten, je fundierter der Anfangsverdacht geklärt werde.

Nach der Flutkatastrophe wurden bislang mehr als 15 Millionen Euro aus der Soforthilfe des Landes an Bewohner des Ahrtals ausgezahlt. Wie das Statistische Landesamt am Montag weiter mitteilte, wurden bislang rund 7500 Anträge bewilligt. 1600 Anträge seien mehrfach eingereicht worden. Eine dreistellige Zahl von Anträgen werde noch bearbeitet, da bei ihnen noch Fragen zu klären seien wie etwa Zahlendreher in Kontoverbindungen oder unklare Adressangaben.

Die Soforthilfe von maximal 3500 Euro je Haushalt soll akute Notlagen finanziell überbrücken. Sie ist nicht als Aufbauhilfe oder zur Deckung entstandener Schäden gedacht. Voraussetzung für eine Soforthilfe sind laut Landesamt grundsätzlich Schäden von über 5000 Euro abzüglich Versicherungsleistungen. Neben der Soforthilfe für Privatleute gibt es kurzfristige finanzielle Unterstützung auch für Unternehmen und Kommunen in dem betroffenen Gebiet.

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