Meloni beklagt UmverteilungFrankreich und Italien streiten über Migrantenaufnahme
Philipp Fischer
12.11.2022
234 gerettete Migranten durften am Freitag in Toulon an Land gehen. Paris zieht sich wegen des Vorgehens Melonis aus dem sogenannten Solidaritätsmechanismus zurück. Die erklärt: «Etwas an diesem Mechanismus funktioniert nicht.»
Philipp Fischer
12.11.2022, 00:00
AP
Das Rettungsschiff «Ocean Viking» ist am Freitag nach einem Disput zwischen Italien und Frankreich über die Aufnahme von Migranten in dem südfranzösischen Hafen Toulon vor Anker gegangen. Die 234 Migranten aus Eritrea, Ägypten, Syrien, Bangladesch, Pakistan und anderen Ländern wurden für Gesundheits- und Sicherheitschecks in einen Militärstützpunkt gebracht, teilte der Präfekt des Départment Var, Evance Richard, mit. In dem Ort Giens sollten sie anschliessend ihre Asylanträge stellen können.
Die Hilfsorganisation SOS Méditerranée kündigte an, sie werde trotz der unsicheren Lage, gerettete Migranten vom Mittelmeer in einen EU-Hafen bringen zu können, die «Ocean Viking» zu einer weiteren Rettungsmission hinausschicken. Einige der in Toulon an Land gegangenen Menschen seien drei Wochen auf dem Schiff gewesen; am Donnerstag holte die französische Küstenwache vier Passagiere noch auf See ab, die medizinischer Behandlung bedurften.
«Etwas an diesem Mechanismus funktioniert nicht»
Die neue rechtsgerichtete Regierung Italiens hatte nach einigem Hin und her schliesslich drei privaten Rettungsschiffen voller Migranten gestattet, italienische Häfen anzulaufen - nicht aber der «Ocean Viking». Ministerpräsidentin Giorgia Meloni pries Frankreich dafür, diese Migranten aufzunehmen. Italienischen Medienberichten zufolge hatten sich Meloni und der französische Präsident Emmanuel Macron am Rande des Weltklimagipfels in Scharm el Scheich mündlich darauf verständigt.
Allerdings hatte die französische Regierung selbst das bis dahin nicht öffentlich mitgeteilt und reagierte verstimmt. Der französische Innenminister Gérard Darmamin teilte mit, Frankreich ziehe sich aus dem erst im Juni zugestimmten Solidaritätsmechanismus zurück, mit dem der Druck von sogenannten Frontstaaten auf den Migrationsrouten in die EU - Griechenland, Italien und Spanien - vermindert werden sollte. Zudem wurden Kontrollen an der Grenze zu Italien angekündigt.
Meloni schoss am Freitag zurück, sie habe einen Wählerauftrag, die Art und Weise zu ändern, wie in der EU mit Asylsuchenden umgegangen werde. Italien akzeptiere nicht länger, einer der Hauptanlandungspunkte für Asylsuchende zu sein, die über das Mittelmeer in die EU gelangen wollten. Das stehe in keiner Vereinbarung, sagte Meloni und verwies darauf, dass Italien in diesem Jahr fast 90’000 Asylsuchende aufgenommen habe. Der Verteilungsschlüssel der EU sieht vor, dass 8000 von ihnen auf 13 Mitgliedstaaten verteilt werden. Bisher wurden 117 verteilt, Frankreich nahm davon 38 auf. «Etwas an diesem Mechanismus funktioniert nicht», sagte Meloni.