Politik Frankreich wählt – Erste Runde der Präsidentschaftswahl hat begonnen

SDA

10.4.2022 - 14:03

Emmanuel und Brigitte Macron treffen zur Stimmabgabe ein. Foto: Thibault Camus/Pool AP/dpa
Emmanuel und Brigitte Macron treffen zur Stimmabgabe ein. Foto: Thibault Camus/Pool AP/dpa
Keystone

In Frankreich ist die erste Runde der richtungsweisenden Präsidentschaftswahl angelaufen. Amtsinhaber Emmanuel Macron will sich für eine zweite Amtszeit behaupten. Als stärkste Herausforderin des liberalen Pro-Europäers gilt die rechte Nationalistin Marine Le Pen. In Umfragen rückte die Politikerin vom rechten Rassemblement National Macron zuletzt immer näher. Es gilt als wahrscheinlich, dass beide bei der Abstimmung am Sonntag auf den vordersten Rängen landen und in die Stichwahl am 24. April einziehen.

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Bis 12.00 Uhr am Sonntagmittag hatten 25,48 Prozent der eingeschriebenen 48,7 Millionen Wählerinnen und Wähler abgestimmt. Die Wahlbeteiligung, die Institut im Vorfeld eher als gering erwartet hatten, lag damit tatsächlich leicht unter dem Vergleichswert von 28,54 Prozent am Mittag des Wahlsonntags von 2017 – allerdings auch über dem Tiefststand von 21,39 Prozent bei der bisher schlechtesten Wahlbeteiligung im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl 2002. Macron, Le Pen und die anderen zehn Kandidatinnen und Kandidaten gaben bis mittags ihre Stimme ab.

Wegen der Zeitverschiebung wurde in einigen französischen Überseegebieten, etwa in der Karibik, bereits am Samstag abgestimmt. Im Rest von Frankreich schliessen die Wahllokale spätestens am Sonntag um 20.00 Uhr. Dann werden auch erste Hochrechnungen erwartet.

In die Endabstimmung will es auch der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon schaffen. Mit sozialpolitischen Forderungen gewann er angesichts der spürbaren wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs für die französische Bevölkerung an Wählergunst. Der Wahlkampf fokussierte seit Wochen vor allem auf die Kaufkraft der Franzosen und Konzepte gegen steigende Preise. Zuletzt rangierte Mélenchon in Umfragen auf Platz drei – allerdings mit einigem Abstand hinter Macron und Le Pen.

Auch in Brüssel und Berlin blickt man mit Spannung und Sorge auf die Wahl. Ein Sieg der Populistin Le Pen wäre ein Schock. Frankreich ist politisch und wirtschaftlich einer der wichtigsten Partner Deutschlands. Die Achse Paris-Berlin, derzeit als Tandem zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Macron, ist eine treibende Kraft in der Europäischen Union. In Brüssel versuchte der 44-Jährige Macron zuletzt verstärkt, sich als Reformer der EU zu inszenieren. In der Ukraine-Krise profilierte er sich als einer der führenden Vermittler.

Die Euroskeptikerin Le Pen droht jedoch mit einer grundsätzlichen Neuausrichtung des französischen Kurses, in der Europa nur noch eine nachgeordnete Rolle spielen würde und Deutschland nicht mehr der Partner der Wahl wäre. Stattdessen würde ein Frankreich unter Le Pen sich Ländern wie Ungarn oder Polen stärker zuwenden. Konfrontationen mit Brüssel wären vorprogrammiert und Frankreich könnte mit Le Pen vom Antreiber zum Bremser von EU-Initiativen werden.

Bei einem Sieg von Le Pen könnte in der aktuellen Krise angesichts des Kriegs die geschlossene Front Europas gegen Russland und die Pro-Ukraine-Koalition in Gefahr geraten. Auch in den USA wird dies mit grosser Sorge gesehen. Wahlwerbung zeigte die 53-Jährige bis Ausbruch des Krieges noch bei einem Treffen 2017 mit Kremlchef Wladimir Putin. Nach einem Ende des Krieges könne Russland in absehbarer Zeit wieder ein Partner Europas werden, formulierte die Putinfreundin Le Pen bereits.

Die Aufstellung vor der Wahl zeigt Frankreich in drei Blöcken. Macron, der als Politiker der Mitte die klassische Spaltung in linkes und rechtes Lager aufweichen wollte, sieht sich nun vor allem mit zwei Kandidaten der Ränder des politischen Spektrums konfrontiert. Die traditionellen Volksparteien der Sozialisten und Republikaner spielten im Wahlkampf so gut wie keine Rolle. Sie steuern auf eine kräftige Wahlschlappe zu. Den Sozialisten droht sogar, von den Kommunisten überholt zu werden. Le Pen vom lange als rechtsextrem verorteten Rassemblement National bemühte sich derweil um gemässigteres Auftreten und positionierte sich gleichsam als wählbare Alternative des extrem rechten Politikneulings Éric Zemmour.

Der französische Präsident wird auf fünf Jahre gewählt. Er beeinflusst die Politik des Landes massgeblich und spielt oft eine wichtigere Rolle als der von ihm ernannte Premierminister und Regierungschef.