Polarisierendes Projekt Macron besiegelt Rentenreform mit seiner Unterschrift

DPA, gbi

15.4.2023 - 13:55

Frankreichs Präsident Macron unterzeichnet umstrittenes Rentengesetz – und die Proteste halten an

Frankreichs Präsident Macron unterzeichnet umstrittenes Rentengesetz – und die Proteste halten an

Nach der Zustimmung des französischen Verfassungsrats zu grossen Teilen der Rentenreform ist die umstrittene Gesetzesänderung in Kraft getreten. Präsident Emmanuel Macron unterzeichnete das Gesetz am Samstag. Die Proteste dauern dennoch an.

15.04.2023

Nach der Zustimmung des französischen Verfassungsrats zu grossen Teilen der Rentenreform ist die umstrittene Gesetzesänderung in Kraft getreten. Präsident Emmanuel Macron unterzeichnete das Gesetz am Samstag.

DPA, gbi

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Präsident Emmanuel Macron hat die Rentenreform mit seiner Unterschrift besiegelt: Das Rentenalter wird in Frankreich damit von 62 auf 64 Jahre angehoben.
  • Gewerkschaften, aber auch die Opposition wollen ihren Widerstand gegen das Prestigeprojekt des Präsidenten dennoch weiterführen.
  • In der Nacht zum Samstag kam es in mehreren Städten zu Strassenprotesten, mancherorts wurden auch Abfallcontainer angezündet. Es gab Dutzende Festnahmen.

Es war ein wichtiger Erfolg für Frankreichs Regierung: Die neun Mitglieder des Verfassungsrats erklärten die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre – das Kernelement der Reform – am Freitag für verfassungsmässig. Einige andere Elemente des Gesetzes lehnte der Verfassungsrat hingegen ab.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat seine Rentenreform damit offiziell gegen alle Proteste durchgesetzt. Das Gesetz für die Anhebung des Renteneinstiegsalters von 62 auf 64 Jahre wurde am Samstag im französischen Amtsblatt veröffentlicht, nachdem es Macron zuvor mit seiner Unterschrift in Kraft gesetzt hatte.

Opposition und Gewerkschaften rufen zu Widerstand auf

Ein Referendum, worauf Gegner der Reform Hoffnung gesetzt hatten, erklärten die Verfassungshüter für unzulässig. Gewerkschaften und Opposition riefen jedoch zu weiterem Widerstand auf. Auch am Freitagabend und in der Nacht zum Samstag kam es zu zahlreichen Protesten gegen die Reform, Dutzende Menschen wurden festgenommen.

In Paris, Nizza, Nantes und Rennes sowie weiteren Städten kam es nach der Entscheidung des Verfassungsrats zu Protesten. Allein in der Hauptstadt Paris seien am Freitagabend 112 Demonstranten festgenommen und 30 Abfallcontainer angezündet worden, berichtete der Fernsehsender BFMTV unter Verweis auf den Polizeipräfekten. Fotos zeigten brennende Kübel etwa vor dem Pariser Rathaus.

In etlichen anderen Städten wie Strassburg, Lyon und Nantes kam es ebenfalls zu Protestaktionen, in Rennes wurde dabei die Tür einer Polizeistation in Brand gesteckt. Bereits tagsüber hatte es am Freitag Kundgebungen sowie Strassenblockaden gegeben.

In den vergangenen Monaten waren mehrfach Hunderttausende gegen die Pläne auf die Strasse gegangen. Mit der Reform soll ein drohendes Loch in der Rentenkasse verhindert werden. Derzeit liegt das Renteneintrittsalter in Frankreich bei 62. Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Schnitt aber auch heute schon später: Wer für eine volle Rente nicht lange genug eingezahlt hat, arbeitet länger. Mit 67 gibt es dann unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag - das behält die Regierung bei.

Das Gesetz zur Rentenreform soll nun ab September wirksam werden. Die Gewerkschaften wollen dennoch weiter protestieren. Für den 1. Mai haben sie zu neuen Massendemonstrationen aufgerufen.

Le Pen: «Das Volk hat immer das letzte Wort»

«Der Kampf geht weiter und wir müssen unsere Kräfte bündeln», sagte etwa Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon. Die Sozialisten kündigten einen Antrag zur Aufhebung des Gesetzes an.

«Ich appelliere an den Präsidenten: Er muss die überwältigende Mehrheit hören, die sich überall in Frankreich gegen diese Reform ausspricht, die das Land spaltet», sagte die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo. Frankreichs rechtsnationale Marine Le Pen, die durch den Rentenstreit im Aufwind ist, rief dazu auf, die Regierung und Macron bei den nächsten Wahlen abzustrafen. «Das Volk hat immer das letzte Wort.» Sie will die Reform zurückzunehmen, sollte sie an die Macht kommen.

Premierministerin Élisabeth Borne sagte hingegen am Freitagabend, die Rentenreform sei nun am Ende des demokratischen Prozesses angekommen. «Heute Abend gibt es keine Sieger und keine Besiegten.» Mit der Reform sei die Rentenkasse 2030 ausgeglichen, teilte die Regierung mit. Mit den Sozialpartnern wolle man nun über bessere Arbeitsbedingungen und den Weg zur Vollbeschäftigung beraten.

Hat sich durchgesetzt: Der französische Präsident Emmanuel Macron bei der Besichtigung der Pariser Kathedrale Notre Dame am Freitag. 
Hat sich durchgesetzt: Der französische Präsident Emmanuel Macron bei der Besichtigung der Pariser Kathedrale Notre Dame am Freitag. 
Bild: AP