Vatikan-Enthüllungen Benedikt-Vertrauter stösst Papst Franziskus vor den Kopf

dpa/uri

12.1.2023 - 17:38

Georg Gänswein (links) bei einer Audienz mit Papst Franziskus im Jahr 2017 im Vatikan. 
Georg Gänswein (links) bei einer Audienz mit Papst Franziskus im Jahr 2017 im Vatikan. 
Archivbild: Keystone

Georg Gänswein, langjähriger Privatsekretär des verstorbenen Papstes Benedikt XVI., hat ein «Enthüllungsbuch» geschrieben. Es erscheint heute – und soll Papst Franziskus sehr verärgern.

Am Silvestermorgen stirbt Papst Benedikt XVI., und schon kurz danach wird über ein angebliches Enthüllungsbuch gesprochen. Dieses ist nun erschienen. Der Autor: Benedikts langjähriger Privatsekretär Georg Gänswein. Doch hat das Buch auch die angedeutete Sprengkraft?

Nur eine Woche nach der Beisetzung des emeritierten Papstes Benedikt XVI. ist in Italien ein Buch von dessen Privatsekretär Georg Gänswein erschienen. In «Nient'altro che la Verità» (Nichts als die Wahrheit) berichtet der Kurienerzbischof über sein Leben an der Seite Benedikts, sowohl vor als auch während dessen Amtszeit und in den knapp zehn Jahren nach dessen Rücktritt 2013.

Trauerfeier für Benedikt

Trauerfeier für Benedikt

Bereits in den frühen Morgenstunden fanden sich viele Personen ein, die sich mit der Beisetzung, von dem in Bayern geborenen Joseph Ratzinger verabschieden wollten. Unter den Teilnehmern der Trauerfeier war auch der langjährige Privatsekretär Georg Gänswein, sowie der italienische Präsident Sergio Mattarella und die Regierungschefin Georgia Meloni.

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In einigen italienischen Medien war vorab bereits von einer Abrechnung Gänsweins mit Kritikern Benedikts und auch mit Papst Franziskus die Rede. Der Verlag Piemme warb mit sehr markigen Worten für das Buch.

Franziskus angeblich «sehr verbittert»

Hinter den Vatikanmauern wird über das Buch getuschelt, nachdem seit Tagen verschiedene Medien über Auszüge berichten. Der 66-Jährige schildert und erklärt vor allem die Entscheidungen Kardinal Joseph Ratzingers, des späteren Papsts Benedikt XVI., der am vergangenen Silvestertag im Alter von 95 Jahren im Vatikan gestorben war.

Gänswein bewertet auch einige Entscheidungen von Franziskus kritisch, was als Angriff auf den amtierenden Pontifex gewertet wird. Das Buch habe in Rom bereits für Irritationen gesorgt, sagte Gian Guido Vecchi, der Vatikan-Experte des «Corriere della Sera».

Laut Vecchi sei Franziskus selbst «sehr verbittert über vieles, was mit dem Erscheinen des Buches zusammenhängt und angesichts der Vorabveröffentlichungen, die es gegeben hat». Am vergangenen Montag bestellte der Papst den Schwarzwälder Gänswein denn auch bei sich zur Audienz ein, um über das Buch zu sprechen.

Daneben soll es auch um den Auszug Gänsweins aus dem Kloster Mater Ecclesiae, der langjährigen Residenz von Benedikt XVI. nach dessen Rücktritt 2013, gegangen sein. Der Vatikan verlautbarte nichts über die Inhalte des Treffens.

Gänswein zitiert aus privaten Schreiben von Franziskus

Dass Gänswein sein Buch so kurz nach dem Tod Benedikts veröffentlicht und schon kurz nach dem Ableben des gebürtigen Bayern erste Auszüge vom Verlag verbreitet wurden, irritiert Beobachter im Vatikan.

Ausserdem zitiert der Erzbischof aus privaten Schreiben des Papstes an ihn. Der Beziehung zwischen Gänswein und Franziskus habe das nicht geholfen, hört man von Leuten in der Kurie. Möglicherweise sei in den Medien aber auch ein verzerrtes Bild über das Buch entstanden.

Ohnehin ist die Beziehung Gänsweins zum Papst spätestens seit 2020 besonders schwierig, weil Franziskus den Deutschen damals als Präfekten des päpstlichen Hauses – ein Job, bei dem man sehr nah am Oberhaupt der katholischen Kirche arbeitet – beurlaubte.

Er sah sich danach als «halbierter Präfekt», wie ein Kapitel in dem Buch heisst. Gänswein schildert darüber hinaus, dass Benedikt versuchte, bei dem Thema zu intervenieren; aber Franziskus liess sich nicht umstimmen. Wie es nun mit Gänswein weitergeht, ist unklar.

Ansonsten wartet das Buch eher nur mit kleinen Details aus dem Leben Benedikts auf, die noch nicht bekannt waren. Gänswein etwa schildert, wie er und der damalige Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone vergeblich versuchten, Benedikt den Rücktritt auszureden – zu dem dieser sich schon lange vor Februar 2013 entschlossen hatte.

dpa/uri