Einordnung Geht Georgia an Biden, kann Trump nicht mehr gewinnen

dpa/gbi

6.11.2020

Anhänger von Joe Biden fahren mit wehender Fahne durch Atlanta, Georgia.
Anhänger von Joe Biden fahren mit wehender Fahne durch Atlanta, Georgia.
Bild: Keystone

Herausforderer Joe Biden hat nach einer langen Aufholjagd die Führung in Georgia übernommen. Warum das für das Rennen ums Weisse Haus so brisant ist. 

In der engen US-Präsidentschaftswahl dreht sich gerade alles um Georgia: Joe Biden hat in dem Bundesstaat, der 16 Wahlleuten zu vergeben hat, nach neuesten Zahlen die Führung übernommen. Gelingt es Biden, an der Spitze zu bleiben, könnte das eine entscheidende Entwicklung sein. 

Weshalb? Weil ohne Georgia kommt Präsident Donald Trump nicht auf die für einen Wahlsieg nötige Zahl von 270 Wahlleuten – selbst wenn er sich in allen anderen noch offenen Bundesstaaten durchsetzt. Offen sind zurzeit noch die Rennen in Alaska, Arizona, Nevada, North Carolina und Pennsylvania.

Für Trump wird es eng

Am frühen Freitagmorgen (Ortszeit) lag der ehemalige Vizepräsident Biden in Georgia den offiziellen Zahlen zufolge zeitweise mit 917 Stimmen vor Trump, wie unter anderem der Sender CNN berichtete. Seit dem Wahltag am Dienstag holte Biden damit mehr als 300'000 Stimmen auf. Die Auszählung war fast vollständig – es könnten aber noch einige Tausend Stimmen, unter anderem von Militärangehörigen, hinzukommen.

Biden würde sich die für einen Wahlsieg nötigen 270 Stimmen der Wahlleute sichern, sollte er Georgia gewinnen und sich sein Erfolg in Arizona bestätigen. Die Nachrichtenagentur AP und der TV-Sender Fox News hatten Arizona bereits dem Demokraten zugeschlagen. Andere Medien halten sich noch zurück.



Trump hatte sich 2016 in Georgia mit gut fünf Prozentpunkten vor Hillary Clinton die Stimmen der 16 Wahlleute sichern können. Der Bundesstaat war in den vergangenen Jahren klar den Republikanern zugeneigt: Seit Bill Clinton im Jahr 1992 hatte kein Demokrat den Bundesstaat gewinnen können.

Trumps Vorwürfe laufen ins Leere

Damit wäre ein Sieg Bidens in Georgia auch ein Dämpfer für die von Trump angedrohte Klagewelle gegen eine Wahlniederlage. Denn in Georgia stellen Republikaner unter anderem den Gouverneur und zentrale Amtsträger sowie die Mehrheit in beiden Parlamentskammern.

Die Behauptungen des Präsidenten, in Bundesstaaten wie Pennsylvania würden Demokraten in hohen Ämtern ihm durch Betrug den Sieg stehlen, funktionieren im Fall Georgia nicht. Es gibt auch in den anderen Staaten keine Beweise für Wahlfälschung, wie die für Wahlen Verantwortlichen und US-Sender immer wieder klarstellen.

In Pennsylvania sank der Vorsprung des Amtsinhabers auf rund 22'500 Stimmen. Der Bundesstaat mit seinen 20 Wahlleuten könnte die Wahl schon allein für Biden entscheiden.

Trump bekräftigte unterdessen mitten in der Nacht bei Twitter, dass er aus seiner Sicht mit den «legal» abgegebenen Stimmen die Wahl mit Leichtigkeit gewonnen habe. Der Präsident hatte zuvor bereits bei einem Auftritt im Weissen Haus behauptet, die Demokraten versuchten, ihm den Sieg durch Betrug zu nehmen. Twitter verpasste dem Tweet umgehend den Warnhinweis, dass der Beitrag irreführende Informationen enthalten könne.

Gewinnt Biden in Georgia und Trump in allen noch verbleibenden Bundesstaaten, käme es zum kuriosen Fall, dass keiner von beiden die für einen Sieg nötigen 270 Wahlleute auf sich vereinigt. Dann müsste der Kongress entscheiden, wer ins Weisse Haus einzieht. Wie genau dieses Prozedere dann aber ablaufen würde, dürfte mit Sicherheit hart umkämpft sein.

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