Late Night USAHandelsabkommen mit London: «Trump wollte verzweifelt einen Deal ankündigen»
Philipp Dahm
9.5.2025
Papst Leo XIV. (Mitte) stiehlt Donald Trump (links) die Aufmerksamkeit – und Seth Meyers spricht darüber.
YouTube/Late Night with Seth Meyers
Donald Trump kennt sich mit Inszenierungen aus, doch seine Präsentation eines Handelsabkommens mit Grossbritannien zeigt vor allem, dass der US-Präsident verzweifelt eine Erfolgsmeldung braucht, glaubt Seth Meyers.
Donald Trump hat den Abschluss eines Handelsabkommens mit Grossbritannien zelebrieren wollen, als ihm der neue Papst aus Chicago die Show gestohlen hat, meint Seth Meyers.
Sein «Closer Look» seziert Trumps bizarre Pressekonferenz, bei der er per Lautsprecher mit Premier Keir Starmer telefoniert hat.
Das Abkommen mit London ist aber laut Experten wenig konkret und relativ bedeutungslos.
Trump wollte dennoch verzweifelt einen Deal vorweisen, meint Meyers – und zeichnet Trumps Zoll-Chaos nach.
Die Vorlage in der Sache gibt sich Donald Trump selbst. Am 6. Mai orakelt der US-Präsident, er werde bald etwas «sehr wichtiges» mitteilen, das «wirklich, wirklich positiv» sei. «Eine der wichtigsten Ankündigen, die seit Jahren zu einem bestimmten Thema gemacht wurde», stünde bevor.
Zwei Tage später lässt Trump die Katze aus dem Sack.
Es geht um ein neues Handelsabkommen mit Grossbritannien.
Viel Theater um wenig Stoff – und dann stiehlt der Vatikan dem New Yorker auch noch die Bühne: «Ich geniesse wirklich die Tatsache, dass der Papst – und Mit-Amerikaner – Trumps Ankündigung zu dem dummen Handelsabkommen die Show gestohlen hat», grinst Seth Meyers.
«Wir machen jetzt unsere eigenen Päpste»
«Ihr wisst, dass Trump versuchen wird, das als seinen Verdienst darzustellen», ahnt der Protagonist von «Late Night with Seth Meyers» und äfft den Präsidenten nach: «Die Zölle wirken. Wir machen jetzt unsere eigenen Päpste, genau hier in Amerika.»
Leo XIV. steht im Rampenlicht – dabei geht es dem Weissen Haus doch um das Handelsabkommen, weiss Meyers: «Während der Pressekonferenz trifft Trump die bizarre Entscheidung, Grossbritanniens Premier Keir Starmer auf Lautsprecher zu stellen, während Trump bloss da sass und nickte.»
Trump beim Telefonat mit Starmer: «Zeigt wenigstens mal das Telefon in Grossaufnahme», fordert Meyers.
YouTube/Late Night with Seth Meyers
Der folgende Einspieler ab Minute 2:19 dampft das offenbar langatmige Telefonat auf eine Minute zusammen: «Das ist das langweiligste Fernsehen, das ich je gesehen habe», lästert Meyers. «Wir sehen einem 78-jährigem Mann zu, wie er am Telefon-Lautsprecher mit einem 62-jährigen britischen Mann über den Zweiten Weltkrieg redet.»
«Leg einfach das f****** Telefon auf!»
Der 51-Jährige fragt: «Erinnert ihr euch, als ihr Kind wart, keine Münzen hattet und in die Spielhalle gegangen seid, um jemandem zuzugucken, wie der Donkey Kong spielt?» Gelächter im Publikum. «Es ist, als würde man diesem Kind zugucken», bringt Meyers die Pointe.
Erkenntnis: Wenn du dem Kind zuguckst, das dem anderen Kind beim Gamen zuguckt, hast du Langeweile.
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Es wäre spannender gewesen, Trump beim Anruf einer Helpline zuzusehen, meint der Moderator. «Aber es wurde sogar noch schlimmer, als sie versucht haben, das Telefonat zu beenden, was aus irgendeinem Grund ebenfalls ewig dauerte.» Der Clip dazu beginnt bei Minute 4:37: Es wird gefloskelt und gefaselt:
«Leg einfach das f****** Telefon auf! Hatte ihr zwei was letzten Sommer im Feriencamp?», stöhnt Meyers und imitiert Teenager: «‹Du legst zuerst auf.› ‹Nein, du legst zuerst auf.› ‹Lass uns beide gleichzeitig auflegen.› ‹Okay.› ‹Bereit?› ‹Eins, zwei, drei... Du solltest doch auflegen!?!›»
«Das hängt davon ab»
Es folgt ein Clip des Breaking-News-Berichts von CNN, in dem der Moderator Wolf Blitzer die Korrespondentin in Washington fragt, wie bedeutend der Deal mit London denn nun sei? «Das hängt davon ab, was man unter dem Wort bedeutend versteht», antwortet Kristen Holmes.
Wer legt zuerst auf? Meyers mimt den verliebten Teen.
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«Das ist ein hartes Nein» stellt Meyers klar. «Es ist nicht bedeutend. Wenn jemand ‹Hängt davon ab, was du meinst› sagt, ist die Antwort nie ja.» CNN-Holmes führt aus, das Abkommen habe nur einen begrenzten Umfang und beziehe sich vor allem auf zukünftige Verpflichtungen.
«Das ist hier also los», analysiert Meyers: «Trump wollte bloss verzweifelt einen Deal ankündigen – selbst einen bedeutungslosen. Deshalb hat er uns alle das zehnminütige Theater am Telefon-Lautsprecher mitansehen lassen.»
«Sean Connery war ein Freund von mir»
Und wenn es mal um Details ging, habe Trump sich auf Dinge konzentriert, die mit dem Alltag Amerikas wenig zu tun hätten – zu sehen im Clip ab Minute 7:47: Da erklärt der Präsident, Zölle für Rolls-Royce von 25 auf 10 Prozent zu senken. «Denn Rolls-Royce werden hier nicht gebaut», sagt Trump. «Tatsächlich hatte ich viele davon.»
Will Trump nicht einen Rolls-Royce kaufen? Gelächter im Weissen Haus.
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Welcher andere britischer Exportschlager Zoll-Gnade findet, sind die 007-Filme: «James Bond muss sich keine Sorgen machen», verspricht der Republikaner. «Und wisst ihr: Sean Connery war ein Freund von mir.» Der Bond-Darsteller habe ihm beim Bau seines Hotels in Schottland geholfen.
Wozu das Tamtam? Meyers erinnert an die Einführung der Zölle: Selbst Republikaner wüssten nicht, ob damit die Produktion in die USA zurückgeholt werden soll oder die Zölle ein Druckmittel für Verhandlungen seien. Belegt wird das im Einspieler ab Minute 10:25. Trump sagt: «Es kann beides sein.»
Neue Töne
Und hat Trump nicht gerade erst damit geprahlt, die ganze Welt rufe ihn an, um ihn um Verhandlungen zu betteln? «Sie müssen meinen A**** küssen», tönt Trump in einem Clip vom 8. April. «90 Deals in 90 Tagen», verspricht Trump-Berater Peter Navarro fünf Tage später. Und am 25. April will Trump sogar 200 Deals gemacht habe. Zu «100 Prozent». Mit wem, verrät er nicht.
Trump am 8. April: «Sie sterben, um einen Deal zu machen. Bitte, bitte, schliessen einen Deal ab.»
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«Es gibt nicht mal 200 Länder auf der Erde», ruft der Late-Night-Host aus. «Die Zahlen haben sich ebenso geändert wie die Terminologie. Plötzlich waren es gar nicht mehr wirklich Deals.»
Late Night USA – Amerika verstehen
blue News
50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen, und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.
Im Einspieler ab Minute 12:51 reden Republikaner neu von «Konzepten von Vereinbarungen», «Unterabkommen», «Entwürfen», «Umrissen von Abkommen» «Grundsatzvereinbarungen» und «Absichtserklärungen». «Steht alles in Trumps Buch: The Art of the Memorandum of Understanding», witzelt Meyers. Sein Buch heisst tatsächlich The Art of the Deal.
Es gebe keine kohärente Wirtschaftspolitik, Trump habe die globalen Märkte durcheinandergebracht und bestrafe grundlos Konsumierende in den USA. «Und nun versucht er verzweifelt, mit einem weitgehend bedeutungslosen Abkommen mit Grossbritannien sein Gesicht zu wahren, die einem nur helfen, wenn man auf Luxusautos steht», endet Meyers.