«Chaos führt zu höheren Kosten»Von den Huthi-Angriffen sind die Konsumenten direkt betroffen
tafi/dpa
29.1.2024 - 22:05
Die Attacken der Huthi-Miliz im Roten Meer zwingen Frachtschiffe zu zeit- und kostenintensiven Umwegen. Die Folgen für den Handel, die Versorgung und die Konsumenten sind enorm.
DPA, tafi/dpa
29.01.2024, 22:05
tafi/dpa
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Seit dem Ausbruch des Gaza-Krieges greifen Huthi-Rebellen aus dem Jemen Handelsschiffe im Roten Meer an.
Statt durch den Suez-Kanal fahren zu können, müssen Schiffe auf sichere Alternativrouten ausweichen.
Die Frachtpreise aus Asien haben sich vervielfacht, das werden auch die Konsumenten zu spüren bekommen.
Wann die Fertigungsteile aus Asien kommen, ist vielerorts nicht absehbar. In Autofabriken, wie dem deutschen Tesla-Werk, stehen so manche Produktionsbänder still, und auch die Frühjahrskollektion in europäischen Kaufhäusern ist noch auf See: Die Angriffe der Huthi-Miliz im Roten Meer sind nach der Corona-Pandemie und dem Krieg gegen die Ukraine ein weiterer Schock für den Welthandel.
Mit dem erklärten Ziel, die Hamas im Gazastreifen zu unterstützen und Israel zu schwächen, attackiert die Huthi-Miliz vom Jemen aus Schiffe auf dem Weg aus Asien nach Europa und weiter Richtung Ostküste der USA. So drängt sie den Frachtverkehr vom Suezkanal ab und um die Südspitze Afrikas herum. Das bedeutet einen viel längeren Weg, mehr Zeit, hohe Kosten.
Huthi-Angriffe treiben Preise hoch
Ryan Petersen vom Logistik-Unternehmen Flexport spricht zudem von Chaos, das damit verursacht werde. «Und Chaos führt zu höheren Kosten», sagt er. «Jedes Schiff, das umgeleitet wird, hat 10'000 Container an Bord. Es fallen viele E-Mails und Telefonanrufe an, um jede dieser Containerrouten neu zu planen.»
Je länger der Krieg im Gazastreifen dauert, desto grösser ist die Bedrohung für den Welthandel: Eine einjährige Störung des Verkehrs durch das Rote Meer könnte die Warenpreise um zusätzliche zwei Prozent in die Höhe treiben, erklärt Petersen – in einer Zeit, in der die Konsumenten ohnehin mit steigenden Preisen für Leben und Wohnen belastet sind.
Auswirkungen zeigen sich bereits quer durch die Branchen. Der Autobauer Volvo fuhr seine Produktion im belgischen Gent, wo Kombis und SUVs hergestellt werden, für mehrere Tage herunter, weil ein wichtiges Teil für die Getriebe fehlte. Auch Tesla musste in seinem deutschen Werk die Bänder weitgehend stilllegen, ebenso Suzuki in Ungarn.
Ein anderes Beispiel ist die Modeindustrie. So meldete etwa die britische Kaufhauskette «Marks & Spencer» Verzögerungen bei ihrer Frühjahrskollektion, die im Februar und März in den Verkauf gehen sollte. «Alle sind davon betroffen», beklagt Geschäftsführer Stuart Machin.
«Eine Krise mit globalen Auswirkungen»
Etwa 40 Prozent der Kleidung und 50 Prozent der Schuhe, die nach Europa importiert werden, kommen nach Angaben aus der Branche normalerweise über das Rote Meer. In den USA seien es 20 Prozent, sagt der Präsident des amerikanischen Handelsverbands AAFA, Steve Lamar. «Dies ist eine Krise mit globalen Auswirkungen auf die Handelsschifffahrt», betont er.
Laut Flexport sind die Kosten für den Transport eines rund zwölf Meter langen Standardcontainers von Asien nach Nordeuropa seit Mitte Dezember von weniger als 1500 Dollar (knapp 1300 Franken) auf fast 5500 Dollar (4700 Franken) gestiegen. Für den Mittelmeerraum schnellten die Kosten der Frachtbuchungsplattform Freightos zufolge von 2400 Dollar (2000 Franken) Mitte Dezember auf fast 6800 Dollar (5850 Franken) hoch.
Die enormen Preise von vor zwei Jahren, inmitten der massiven Lieferkettenprobleme, sind allerdings noch nicht erreicht. Damals kostete der Containertransport das Doppelte bis Dreifache des jetzigen Preises. «In Bezug auf Lieferkettenunterbrechungen sind wir nicht einmal annähernd auf dem Stand dessen, was während der Pandemie passierte», sagt die Ökonomin Katheryn Russ von der University of California.
Bislang melden viele Unternehmen noch, dass ihre Lieferungen nicht oder kaum betroffen seien. Für Flexport-Chef Petersen ist letztlich für die Konsumentenpreise entscheidend, wie lange die Bedrohung im Roten Meer anhält. Wenn die Reedereien den Suezkanal ein Jahr lang meiden müssten, wäre das «wirklich eine grosse Sache».
Pentagon: Streitkräfte fliegen neue Angriffe auf Huthi-Ziele im Jemen
Bislang konnten die Übergriffe der Huthis auf die Handelsrouten im Roten Meer und im Golf von Aden trotz mehrerer Angriffswellen im vergangenen Monat nicht gestoppt werden. Die Attacken schüren die Angst vor einer globalen Inflation.