Late Night USA «Ich könnte Ihnen Zahlen zeigen, die nie jemand zuvor gesehen hat»

Von Philipp Dahm

17.12.2019

Er hat doch bloss telefoniert: Donald Trump.
Er hat doch bloss telefoniert: Donald Trump.
Screenshot: YouTube

In der nächsten Impeachment-Stufe sollen die US-Senatoren den Job eines Richters übernehmen. Doof nur, dass das Urteil bei den Republikanern schon vor Beginn dieses Prozesses feststeht.

Finden Sie auch, dass dieses amerikanische Impeachment-Drama Überlänge hat? Dann geht es Ihnen wie Donald Trump, der laut «CNN» zunehmend gereizt sein soll. Demnach soll ein Mitarbeiter des Präsidenten einem CNN-Reporter verraten haben: «Die Berichterstattung nervt ihn.»

Da fühlt sich Seth Meyers natürlich angesprochen. «Trump ist definitiv mehr als nur genervt. Schauen Sie sich ihn doch einmal an: Er sieht aus, als hätten The Hulk und ein vollgefurzter Sitzsack ein Kind bekommen.» Der Gastgeber von «Late Night with Seth Meyers» kann seine Behauptung jedoch auch mit Argumenten belegen – also die, dass das Amtsenthebungsverfahren den US-Präsidenten mehr stresst, als dieser es zugibt.

Moderator Seth Meyers und sein Opfer Donald Trump: Sitzsack trifft Hulk.
Moderator Seth Meyers und sein Opfer Donald Trump: Sitzsack trifft Hulk.
Screenshot: YouTube

Von laaaaaanger Hand geplant

Das zeigen die Ausschnitte von Donald Trump ab Minute 1.30: Die Demokraten würden ein «unrechtmässiges, ungültiges und verfassungswidriges Scheiss-Amtsenthebungsverfahren» anstrengen, sagt er wenig staatsmännisch:

«Ein normaler Präsident würde jetzt mit dem Daumen im Mund unter dem Tisch sitzen und sagen: ‹Mommy, bring mich nach Hause, das ist zu krass für mich›.» Noch merkwürdiger ist diese Aussage: «Es hat vor langer Zeit angefangen. Vielleicht schon bevor ich die Rolltreppe mit der künftigen First Lady herunterkam.» Gemeint ist der Moment im Jahr 2015, in dem er seine Kandidatur verkündete.

Donald Trump verkündet 2015 seine Präsidentschaftskandidatur – und schon damals planten die Demokraten sein Impeachment, suggeriert der Präsident.
Donald Trump verkündet 2015 seine Präsidentschaftskandidatur – und schon damals planten die Demokraten sein Impeachment, suggeriert der Präsident.
Screenshot: YouTube

«Du glaubst, die Demokraten hatten einen heimlichen Plan, dich des Amtes zu entheben, bevor du gesagt hast, dass du dich um das Amt bewirbst? Wie soll das funktioniert haben?» Als hätten Präsident Obama, Hillary Clinton und Nancy Pelosi sich geeinigt: Lasst uns die Wahl verlieren und ihn regieren lassen, bis er die Ukraine anruft, um Joe Biden zu schaden, der Präsidentschaftskandidat sein wird, und Rudy Giuliani wird vor laufender Kamera alles gestehen. «Das ist unser Plan», endet Meyers ironisch.

Elfzehn + Stoon = Gute Umfragewerte 

Die Gegenwart sehe jedoch anders aus, so der Moderator: «Der Präsident ist ein gestörter, verschwörerischer Irrer, der sich fundamental von der Realität gelöst hat.»

Gestützt wird diese These von Ausschnitten, die ab Minute 3.58 belegen, wie der 73-Jährige behauptet, seine Umfragewerte würden gerade «durch die Decke gehen»: «Ich könnte Ihnen Zahlen zeigen, die nie jemand zuvor gesehen hat.»

Eine Steilvorlage für den Moderator: «Zahlen, die nie jemand gesehen hat? Elfzehn? Stigzehn?? Etwas, das man Stoon nennt???» Tatsächlich ist rund die Hälfte der Amerikaner Umfragen zufolge für das Impeachment-Verfahren und eine Absetzung des Präsidenten: Sogar Trumps Haus- und Hofsender «Fox News» kommt zu solchen Ergebnissen, was auch die dortigen Moderatoren erstaunt – zu sehen ab Minute 4.50.

50 Prozent für Impeachment und Absetzung, 4 Prozent für Impeachment ohne Absetzung, 41 Prozent gegen Impeachment: Die «Fox»-Moderatoren sind von der eigenen Umfrage geschockt.
50 Prozent für Impeachment und Absetzung, 4 Prozent für Impeachment ohne Absetzung, 41 Prozent gegen Impeachment: Die «Fox»-Moderatoren sind von der eigenen Umfrage geschockt.
Screenshot: YouTube

Ob das Weisse Haus einen neuen Bewohner bekommt, hängt nun vom Senat ab – dort sind die Senatoren quasi die Richter über den Präsidenten. Das Problem: Bei den Republikanern steht das Urteil bereits fest, bevor der Prozess überhaupt begonnen hat.

Rand Paul windet sich wie ein Aal

So wie Senator Rand Paul, der bei «CNN» zum Fall Stellung nimmt und sagt, Trump wolle doch bloss Korruption bekämpfen. Ab Minute 6.52 können Sie zusehen, wie Paul gefragt wird, ob er wirklich glaubt, dass Trump sich nur um Korruption sorgt – auch angesichts seiner vielen Ex-Vertrauten, die inzwischen verhaftet und verurteilt worden sind: Zu einem klaren Ja oder Nein lässt sich der Politiker aber partout nicht bewegen.

Viel reden, aber nicht auf die Frage antworten: Rand Paul versucht, verbale Klippe zu umschiffen. 
Viel reden, aber nicht auf die Frage antworten: Rand Paul versucht, verbale Klippe zu umschiffen. 
Screenshot: YouTube

Der republikanische Mehrheitsführer im Senat und der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Senats, Mitch McConnell und Lindsey Graham, haben ebenfalls klargestellt, dass ihr Impeachment-Verdikt schon steht, was der Ausschnitt ab Minute 9.27 unterstreicht: Graham will keine Zeugen aufrufen, sondern den Prozess einfach bloss beenden.

«Sie sollen Geschworene sein und gehen direkt zum Fernsehen, um einzuräumen, dass sie nicht unparteiisch sind. Und dass sie tun, was der Präsident ihnen sagt», fasst Meyers zusammen. So nach dem Motto: Hauptsache Macht. Oder so ausgedrückt: Eine Krähe hackt der anderen nun einmal kein Auge aus.

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50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

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