Alle Staatsbürger ausgewiesen«Kriegsakt» – Konflikt zwischen Atommächten eskaliert
Sven Ziegler
24.4.2025
Das Militär in der Grenzregion Kaschmir.
Keystone-SDA
Die Spannungen zwischen Indien und Pakistan eskalieren. Indien weist alle pakistanischen Staatsbürger aus, Pakistan droht im Gegenzug mit neuen Massnahmen.
Nach dem tödlichen Angriff auf Touristen im indisch kontrollierten Teil von Kaschmir hat Indien die Ausweisung aller pakistanischen Staatsangehörigen bis zum 29. April angeordnet. «Alle pakistanischen Staatsangehörigen, die sich derzeit in Indien aufhalten, müssen Indien vor Ablauf der Visa verlassen», erklärte das Aussenministerium am Donnerstag in Neu Delhi.
Betroffene in Indien müssten das Land verlassen, noch bevor ihr Visum ablaufe. Die Massnahme trete vom Sonntag an in Kraft. Zudem empfahl das Ministerium Landsleuten, die sich derzeit in Pakistan aufhalten, das Land so früh wie möglich zu verlassen. Von Reisen nach Pakistan werde dringend abgeraten.
Schon am Donnerstag ergriff Indien Massnahmen, setzte etwa den Indus-Wasservertrag ausser Kraft. Das 1960 unter Vermittlung der Weltbank ausgehandelte Vertrag regelt die Wassernutzung des Indus und seiner Nebenflüsse. Der Indus ist der wichtigste Fluss Pakistans. Aus der chinesischen Region Tibet kommend fliesst der Indus durch Ladakh, das bis 2019 noch offiziell zum indischen Teil Kaschmirs gehörte.
Kriegsdrohungen zwischen beiden Ländern
Der Indus-Wasservertrag werde so lange ausser Kraft gesetzt, «bis Pakistan glaubhaft und unwiderruflich der Unterstützung des grenzüberschreitenden Terrorismus abschwört», sagte Misri.
Pakistan reagierte auf die neuen Massnahmen umgehend. Das Land hat indische Diplomaten ausgewiesen und weitere Strafmassnahmen gegen Neu Delhi angekündigt. Die Regierung in Islamabad erklärte am Donnerstag mehre indische Diplomaten zu unerwünschten Personen, die das Land «sofort» verlassen müssten, wie das Büro des pakistanischen Regierungschefs Shehbaz Sharif mitteilte.
Indiens Premierminister Narendra Modi ist mit dem Nachbarn auf Kriegsfuss. (Archivbild)
Maxim Blinov/brics-russia2024.ru/dpa
Ausserdem sollen alle Visa für indische Staatsbürger mit Ausnahme von Sikh-Pilgern annulliert werden, die Grenze soll geschlossen und der Handel ausgesetzt werden.
Jeder Versuch Indiens, durch ein Aussetzen des Indus-Wasserabkommens die pakistanischen Wasserressourcen zu gefährden, werde als «Kriegsakt» bewertet, hiess es weiter. Indischen Fluggesellschaften wurde der Betrieb in Pakistan untersagt.
Bei dem Anschlag auf einer Bergwiese in einer beliebten Urlaubsgegend nahe der Stadt Pahalgam im Unionsterritorium Jammu und Kaschmir wurden am Dienstag 26 Menschen getötet, mindestens 17 weitere verletzt. Die meisten von ihnen waren indische Feriengäste.
Kaschmir seit Jahrzehnten Konfliktgebiet
Die Regierung stuft den gezielten Angriff auf Touristen als Terrorakt ein. Indische Medien berichteten, eine islamistische Terrorgruppe mit möglichen Verbindungen zu Pakistan habe den Anschlag für sich reklamiert. Indien sprach von grenzüberschreitenden Verbindungen bei dem Anschlag und warf dem Nachbarland vor, den Terrorismus zu unterstützen. Pakistan wies jede Beteiligung an dem Anschlag zurück.
Kaschmir steht seit Jahrzehnten im Mittelpunkt eines Konflikts zwischen beiden Ländern, die jeweils einen Teil der Region kontrollieren. Beide beanspruchen das ganze Gebiet für sich. Die beiden Atommächte führten bereits zwei Kriege um die Herrschaft über das Himalaya-Tal.
In der Stadt Jammu kam es am Mittwoch zu antipakistanischen Protesten. Die Teilnehmer forderten, dass Terroristen mit Gewalt aus der Region zu vertrieben werden sollen, wie indische Medien berichteten.
Infolge des Angriffs sind die Beziehungen zwischen den beiden seit Jahrzehnten rivalisierenden Atommächten auf einen neuen Tiefstand gesunken. «Dieser Angriff wird die Beziehungen in die dunklen Tage zurückversetzen», sagte der Analyst der International Crisis Group, Praveen Donthi.