Bei Protesten Iran räumt tödliche Gewalt gegen «Randalierer» ein

dpa/tasc

3.12.2019

Die Sicherheitskräfte im Iran haben eingeräumt, dass sie bei den jüngsten Massenprotesten tödliche Gewalt angewandt hätten.
Die Sicherheitskräfte im Iran haben eingeräumt, dass sie bei den jüngsten Massenprotesten tödliche Gewalt angewandt hätten.
Bild: Keystone

Bei den jüngsten Massenprotesten im Iran kam es zu tödlicher Gewalt gegen Demonstranten. Dies haben die Sicherheitskräfte nun im Staatsfernsehen zugegeben. Allerdings: Die Verantwortlichen nannten die Protestierenden gegen eine Benzinpreiserhöhung verächtlich «Randalierer».

Der Iran hat erstmals eingeräumt, dass Sicherheitskräfte bei jüngsten Massenprotesten tödliche Gewalt anwandten. Sie hätten in mehreren Städten «Randalierer» erschossen, gab das Staatsfernsehen am Dienstag bekannt. Mehr als 200 Menschen sollen nach Schätzung der Menschenrechtsorganisation Amnesty International ums Leben gekommen sein.

Entzündet hatten sich die Demonstrationen am 15. November an einer Preiserhöhung bei staatlich subventioniertem Benzin. Einen Tag nach deren Beginn wurde das Internet weitgehend blockiert. In der Folge konnten Aktivisten keine Videos oder Informationen über das Geschehen teilen, die Aussenwelt bekam wiederum nur begrenzten Einblick in das Ausmass der Gewalt. In den vergangenen Tagen wurde das Internet in weiten Teilen des Landes wieder freigeschaltet, wodurch neue Videos in Umlauf gekommen sind.

«Randalierer mit Schusswaffen»

Das iranische Eingeständnis kam in einem TV-Beitrag, der internationale Nachrichtenkanäle in persischer Sprache für ihre Berichterstattung über die Unruhen kritisierte. Im Staatsfernsehen wurden die Getöteten in vier Kategorien unterteilt: «Randalierer, die sensible oder militärische Zentren mit Schusswaffen oder Messern angegriffen haben, oder die in manchen Gebieten Geiseln genommen haben», Passanten, Sicherheitskräfte und friedliche Protestierende.

In einem Fall seien Einsatzkräfte gegen eine separatistische Gruppe in der Stadt Mahschahr vorgegangen, die mit «halbschweren Waffen» bewaffnet gewesen sei. «Stundenlang hatten bewaffnete Unruhestifter einen bewaffneten Kampf geführt», hiess es in dem Fernsehbericht. «In solchen Fällen wurden Sicherheitskräfte aktiv, um die Leben der Menschen von Mahschahr zu schützen.» Laut dem Staatsfernsehen wurde auch gegen «Randalierer» in Teheran, Schiras und Sirdschan vorgegangen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International machte erst am Montag eine neue Schätzung publik, nach der mindestens 208 Menschen bei den Protesten und deren Niederschlagung getötet wurden. Der iranische Justiz-Sprecher Gholamhossein Esmaili bestritt die Zahl von Amnesty.

Zwar gingen im November nicht so viele Iraner auf die Strasse wie nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl 2009. Doch eskalierte die Gewalt bei den Protesten gegen die Benzinpreiserhöhung offenbar schneller als bei vorangegangenen Demonstrationen. Dies werten Experten als Hinweis auf den weit verbreiteten Unmut über die Wirtschaftskrise, die das Land seit Mai 2018 im Griff hält. Damals liess US-Präsident Donald Trump lähmende Sanktionen gegen den Iran verhängen, nachdem Washington unilateral aus dem Atomabkommen zwischen Teheran und den Weltmächten ausgestiegen war.

Trump verurteilte am Dienstag das Vorgehen der iranischen Regierung gegen Demonstranten. «Der Iran tötet Tausende und Tausende von Menschen genau jetzt, während wir reden», sagte Trump in London.

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