Prestigegewinn für die Miliz Jemen-Experte: «Angriffe stärken die Huthi enorm»

tchs

12.1.2024

USA und Grossbritannien greifen Huthi-Stellungen im Jemen an

USA und Grossbritannien greifen Huthi-Stellungen im Jemen an

USA und Grossbritannien greifen Huthi-Stellungen im Jemen an

12.01.2024

Kann der Militärschlag der USA und Grossbritannien die Huthi entscheidend schwächen? Ein Jemen-Experte glaubt im Gegenteil, dass das Ansehen der Miliz in der islamischen Welt durch die Angriffe steige.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ein deutscher Nahost-Experte erklärt in einem Interview, dass die nächtlichen Angriffe der USA und Grossbritannien die Huthi im Jemen nicht essenziell treffen würde.
  • Viel mehr würden die Militärschläge auf ihre Stellungen einen bedeutenden Prestigegewinn in der islamischen Welt nach sich ziehen.
  • Der Jemen-Experte verdeutlicht die Verbindungen des Konflikts mit dem Gaza-Krieg und erklärt, dass die Vernichtung Israels zu den zentralen Zielen der Huthi gehöre.

Nachdem die Huthi-Rebellen im Jemen die internationale Schifffahrt im Roten Meer attackiert hatten, folgte vergangene Nacht die militärische Reaktion der USA und Grossbritannien. Doch trägt die Intervention der US-Army und ihrer Alliierten – Niederlande, Kanada und Bahrain – dazu bei, die vom Iran unterstützte Miliz entscheidend zu schwächen?

Jemen-Experte Jens Heibach vom Hamburger German Institute for Global and Area Studies (GIGA) verneint dies im Interview mit dem deutschen Nachrichtenportal «tagesschau24» vehement. Heibach sehe nicht, «wie man mit den jetzigen Mitteln den Huthi Einhalt gebieten kann».

Seit Jahren befinde sich der Jemen schon im Krieg, vor allem Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) bekämpfen die Huthi mit logistischer Unterstützung der USA. «Auch durch die massiven Luftschläge und Blockaden zu See und zu Land konnte man den Huthi in den vergangenen Jahren nicht beikommen.» Auch die neuerlichen Angriffe auf die Rebellen würde demnach ihre Stellung im Jemen nicht entscheidend schwächen.

Welche Ziele verfolgen die Huthi?

Im Gegenteil: «Innenpolitisch stärken diese Angriffe die Huthi gegenüber ihren Gegnern enorm», ist der Nahost-Experte überzeugt. Für die Rebellen würden die Militärschläge einen «enormen Prestigegewinn» in der arabischen sowie der weiteren islamischen Welt bedeuten. Des Weiteren würden Normalisierungsbestrebungen – etwa durch Saudi-Arabien und die VAE – durch die Militärschläge torpediert. «Das ist mit Sicherheit ein erstes Ziel der Huthi», so der Wissenschaftler im «tagesschau24»-Interview.

Könnten die Angriffe der USA und ihrer Alliierten auf die Huthi-Miliz den Rebellen sogar nutzen? (Archivbild)
Könnten die Angriffe der USA und ihrer Alliierten auf die Huthi-Miliz den Rebellen sogar nutzen? (Archivbild)
Bild: Osamah Yahya/ZUMA Press Wire/dpa

Doch wie sehen die weiteren Pläne der Miliz aus? Der Jemen-Experte erklärt, die Huthi seien vor dem Hintergrund der zweiten Intifada entstanden und hätten sich die Vernichtung Israels zum Ziel gesetzt. Insofern erwartet er ein weiteres Vorgehen der Rebellen gegen Israel sowie die Unterstützung der islamistischen Terrororganisation Hamas sowie der Palästinenser*innen im Gaza-Krieg.

Heibach: Weichen stehen auf Eskalation

Ausserdem kündigten die Huthi an, trotz der Militärinvestition durch die USA und Grossbritannien auch weiterhin Schiffe im Roten Meer attackieren zu wollen. Sie verstehen die Angriffe als Reaktion auf den Krieg im Gazastreifen. «Die leichteste oder offensichtlichste Art und Weise, diese Angriffe zu verhindern, wäre, zu einer Waffenruhe in Gaza zu gelangen», führt Jens Heibach aus. Beide Konflikte seien mittlerweile direkt miteinander verbunden. Militärisch werde man die Huthi nicht entscheidend in die Schranken weisen können, die Weichen seien momentan auf weitere Eskalation gestellt.

Ausserdem weist der Mitarbeiter des GIGA-Instituts auf die konkreten Folgen der nächtlichen Angriffe für die jemenitische Bevölkerung hin. Auch der Hafen von Hudaida sei bei den nächtlichen Angriffen getroffen worden. 70 bis 80 Prozent der Importe und 80 Prozent der humanitären Hilfen würden über diesen Hafen eintreffen. Seit Jahren herrsche eine humanitär katastrophale Lage für die Menschen vor Ort.