Supreme Court tagt wiederJetzt entscheidet sich, ob sich Trump die USA einverleiben kann
Andreas Fischer
7.10.2025
Von den Entscheidungen des Supreme Courts hängt es ab, ob Donald Trump seine präsidiale Macht in den USA weiter ausbauen kann.
Bild:Keystone/AP/Alex Brandon
Der Supreme Court muss in seiner neuen Sitzungsperiode in zahlreichen Fällen entscheiden, wie weit Donald Trump seine Macht ausweiten kann. Den USA stehen Wochen der Wahrheit ins Haus.
Eigentlich sollen die neun Richterinnen und Richter des Supreme Court, des Obersten Gerichtshofes der USA, drei Monate im Sommer Zeit zur Ruhe und Besinnung haben. Schliesslich trifft das wichtigste Gericht weitreichende Entscheidungen. Am ersten Montag im Oktober ist diese «Sommerpause» traditionell vorbei – wenngleich in diesem Jahr kaum von einer Pause die Rede sein konnte.
Immer wieder musste der Supreme Court in den vergangene Wochen Eilanträge von Donald Trump und seiner Regierung bearbeiten – und vorläufige Beschlüsse treffen. Nun beginnt also die neue Sitzungsperiode – und die dürfte entscheidend für die Zukunft der USA werden.
Das Richtergremium hat bereits zugestimmt, drei Fälle mit weitreichenden Konsequenzen anzunehmen. Im November wird der Supreme Court Argumente zur Rechtmässigkeit der umfassenden Zölle anhören. Im Dezember stehen Trumps Bemühungen, die Kontrolle über unabhängige Behörden zu erlangen, auf der Tagesordnung. Und im Januar wird schliesslich über seinen Versuch verhandelt, ein Mitglied des Federal Reserve Board zu entlassen.
Spricht der Supreme Court jetzt Klartext?
Seit Trump im Januar erneut ins Weisse Haus eingezogen ist, hat sich die konservative Mehrheit des Gerichts (allein drei Richter hat Trump in seiner ersten Amtszeit ernannt) wiederholt auf die Seite der Regierung gestellt – allerdings oftmals mit Eilentscheidungen und nicht unterzeichneten Anordnungen. «Wir werden [jetzt] unter anderem sehen, ob der Supreme Court Donald Trump tatsächlich in irgendeiner Sache eine Absage erteilen wird», sagt Pamela S. Karlan von der Stanford Law School in der «New York Times».
«Sie haben versucht, sich zu drücken, sich zu drücken und sich zu drücken, indem sie ihm mit prozeduralen Mitteln zustimmten, anstatt ihm eine Absage zu erteilen», so Karlan weiter. Das könnten die Richterinnen und Richter aber nicht während der gesamten Sitzungsperiode durchhalten.
«Es ist schwer vorstellbar, dass es grössere Prüfungen der Macht des Präsidenten gibt als diese möglicherweise einmaligen Machtkämpfe um die Gewaltenteilung», schätzt Rechtsanwalt Deepak Gupta ein, der häufig Fälle vor dem Supreme Court verhandelt.
Ein Blick auf Trumps aktuelle Versuche, die Macht in seinen Händen zu konzentrieren, scheint ihm recht zu geben.
Project 2025
Es wird zunehmend offensichtlicher, wie Donald Trump die politische Landschaft umpflügt und den Boden für einen autoritären Regierungsstil bereitet. Bislang haben ihn Gerichte auf unteren Ebenen dabei einbremsen können – doch mit der konservativen Mehrheit des Supreme Courts könnte Trump seine Agenda durchziehen, die sich zunehmend am «Project 2025» orientiert.
Im Wahlkampf hatte sich Donald Trump noch von den darin enthaltenen Massnahmen distanziert, sie aber mit Amtsübernahme im Januar 2025 sogleich begonnen, umzusetzen. Zudem erhielten Mitverfasser des Massnahmen-Katalogs Schlüsselpositionen in Trumps seiner Regierung. Darunter sind CIA-Direktor John Ratcliffe, der Grenzschutzbeauftragte Tom Homan oder eben Russ Vought als Budgetchef.
«Project 2025» sieht unter anderem eine Demontage von Teilen der US-Bundesbehörden und die Entlassung Tausender Mitarbeitenden zugunsten von Trump-Getreuen vor. Ziel: der Ausbau der Präsidentenmacht. Der aktuelle Haushalts-Shutdown scheint das Vorantreiben der Agenda nun zu beschleunigen.
Haushalts-Shutdown als Machtdemonstration
Das von Russ Voughts geleitete Amt für Management und Budget (OMB) hat im Zuge des aktuellen Shutdowns die Bundesbehörden angewiesen, sich auf weitere Massenentlassungen vorzubereiten. Zudem nutzt Trump den Shutdown, um politische Gegner zu bestrafen.
Seit dem Stillstand der Bundesregierung hat das Weisse Haus Milliarden an Finanzmitteln für von Demokraten regierte Städte und Bundesstaaten gekürzt oder ausgesetzt, berichtet die «New York Times». Besonders betroffen: New York City und Chicago.
Die Haushaltssperre gebe Trump und seinem Budgetchef weitere Entscheidungsmacht, bekräftigt der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson. Der Beschluss führe dazu, dass die Legislative praktisch ausgeschaltet worden sei. Die Demokraten hätten damit «dem Präsidenten die Schlüssel zum Königreich übergeben».
Nationalgarde nach Gutdünken
Immer wieder versucht Trump, die Nationalgarde in demokratisch regierte Städte zu schicken. In Los Angeles und Washington war er bereits erfolgreich, in Portland, Oregon ist er vorerst gescheitert. Nachdem das Vorhaben zunächst von einem Gericht untersagt wurde, griff Trumps Regierung auf einen Trick zurück und wollte Einheiten aus anderen Bundesstaaten aktivieren. Doch auch das wurde vorläufig vom Gericht verboten – übrigens von einer Bundesrichterin, die Trump einst selbst nominiert hatte.
Aktuell droht ein Streit um die von Trump angeordnete Entsendung von 300 Nationalgardisten nach Chicago zu eskalieren. Seine Regierung setzt dabei auf Kriegs-Rhetorik. So sagte Heimatschutzministerin Kristi Noem am Sonntag im konservativen Nachrichtensender Fox News, die Grossstadt im Bundesstaat Illinois sei «ein Kriegsgebiet».
Willkürliche Entlassungen an Einwanderungsgerichten
Die Regierung von US-Präsident Trump hat seit Januar Dutzende Richter an Einwanderungsgerichten entlassen. Teilweise hätten sie ihre Entlassungsmitteilung während eines Prozesses bekommen. Die offenen Stellen sollen nun zeitweise mit Juristen aus dem Militär besetzt werden. Es ist die jüngste Massnahme in einem grösseren Plan, der nach Warnung von Fachleuten Einwanderungsgerichte und das Militärjustizsystem schwächen könnte.
«Sie lassen viele erfahrene Richter gehen, kündigen ihnen fristlos, und sie behaupten trotzdem, dass es einen Mangel gibt, sodass diese Militäranwälte einspringen und übernehmen müssen», sagt Margaret Stock, Migrationsanwältin und pensionierte Oberleutnantin bei der Armee. Besonders besorgniserregend sei aus ihrer Sicht, dass anders als früher Erfahrung als Verwaltungs- oder Einwanderungsrichter kein Muss mehr sei. In der Stellenausschreibung werde hingegen ein «geeignetes Naturell» gewünscht.
Fördergelder nur für linientreue Hochschulen
US-Präsident Donald Trump will mehrere Top-Universitäten des Landes mit hohen Fördergeldern locken, um sie auf Regierungslinie zu bringen. Mehrere US-Medien berichteten, dass das Weisse Haus Briefe an neun Top-Hochschulstandorte verschickt habe. Darin sollen die Hochschulleiter aufgefordert worden sein, bestimmte Grundsätze, die die Regierung gemäss ihrer Bildungsziele festlegt, einzuhalten.
Laut «New York Times» müssten die Unis verbieten, was «konservative Ideen bestrafen, herabsetzen oder sogar Gewalt gegen sie anstiften könnte», zitiert die US-Zeitung aus der Vereinbarung. Es solle demnach zudem die Zahl der ausländischen Studierenden begrenzt werden; die Studiengebühren sollen eingefroren werden.
Auch soll sich die jeweilige Hochschule zu strengen Definitionen des Geschlechts bekennen – was auf die Kritik Trumps gegen Transpersonen anspielt. Transmenschen identifizieren sich nicht mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugeschrieben wurde.
Mit Agenturmaterial.
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