Grossbritannien Johnson warnt Moskau vor Konsequenzen

SDA

6.3.2018 - 21:19

Der britische Aussenminister Boris Johnson hat eine "angemessene und robuste Reaktion" angekündigt, sollte sich der Verdacht auf eine Rolle Moskaus in der mysteriösen Erkrankung eines russischen Ex-Spions in England erhärten.

"Ich sage zu Regierungen in der ganzen Welt, dass kein Versuch, auf britischem Boden unschuldiges Leben zu nehmen, ohne Sanktionen oder ungestraft bleiben wird", betonte Johnson in einer dringlichen Fragestunde am Dienstag im britischen Parlament in London.

Noch gebe es zwar keine Beweise, dass Russland seine Hand im Spiel habe, doch der Fall erinnere an den Giftmordanschlag auf den Ex-Spion und Kreml-Kritiker Alexander Litwinenko im Jahr 2006.

Johnson bestätigte, dass es sich bei dem am Sonntag mit Vergiftungserscheinungen in ein Spital im englischen Salisbury eingelieferten Mann um den früheren Obersten des russischen Militärgeheimdienstes GRU, Sergej Skripal, handelt.

Als Spion verurteilt

Der 66-Jährige war in Russland als britischer Spion verurteilt und bei einem Austausch 2010 freigelassen worden. Mit ihm wurde eine junge Frau vergiftet. Nach Angaben von Johnson handelt es sich dabei um dessen Tochter Yulia. Beide liegen in "kritischem Zustand" im Spital. Die Polizei geht davon aus, dass sie in Kontakt mit einer "unbekannten Substanz" gekommen sind.

Moskau sieht sich zu Unrecht im Verdacht. Russland sei aber bereit, die Ermittlungen zu unterstützen, sollte es eine offizielle Anfrage aus Grossbritannien geben, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag in Moskau.

Ein Pizza-Restaurant und ein Pub in Salisbury in der Nähe des Fundorts der beiden Erkrankten wurden vorübergehend geschlossen und von der Polizei abgeriegelt. Der Fundort wurde dekontaminiert. Mehrere Mitglieder der Rettungskräfte wurden nach dem Einsatz untersucht, wie es in einer Mitteilung der Polizei am Dienstag hiess. Alle bis auf eines seien inzwischen wieder aus dem Spital entlassen worden.

Nach derzeitigem Kenntnisstand bestehe aber keine Gefahr für die Öffentlichkeit. Trotzdem nehme man Fälle wie diese "extrem ernst", hiess es in einer Mitteilung.

Sehr ungewöhnlicher Fall

In die Ermittlungen hat sich inzwischen die britische Anti-Terror-Polizei eingeschaltet, um herauszufinden, was hinter der mysteriösen Erkrankung steckt.

"Wir sprechen mit Zeugen, wir nehmen kriminaltechnische Proben, wir machen toxikologische Untersuchungen", sagte der Chef der Anti-Terror-Einheit, Mark Rowley, dem Radiosender BBC 4 am Dienstag. "Das wird uns helfen, zu einer Antwort zu kommen". Es handle sich um einen "sehr ungewöhnlichen Fall". Noch könne er aber keine Details preisgeben.

Rowley bestätigte, dass es in der Vergangenheit verdächtige Todesfälle mit Russland-Bezug gegeben hat. Er warnte aber vor voreiligen Schlüssen.

"Ich glaube wir müssen uns daran erinnern, dass russische Exilanten nicht unsterblich sind, sie sterben alle und es kann eine Tendenz zu Verschwörungstheorien geben", sagte Rowley. Der Fall des in London vergifteten russischen Ex-Geheimagenten und Kreml-Gegners Alexander Litwinenko zeige aber, dass Wachsamkeit geboten sei.

Kreml wundert sich nicht

Der Kreml wunderte sich nicht über den Verdacht. "Das hat ja nicht lange auf sich warten lassen", sagte Kreml-Sprecher Peskow in Moskau. Er könne den Fall nicht kommentieren, fügte er der Agentur Interfax zufolge hinzu.

Litwinenko wurde 2006 in einem Londoner Hotel mit radioaktiv verseuchtem Tee vergiftet. Britische Behörden machen die ehemaligen Agenten Andrej Lugowoj und Dmitri Kowtun für den Anschlag verantwortlich, die jede Schuld von sich weisen.

Sie entzogen sich einem Gerichtsverfahren in Grossbritannien und leben unbehelligt in Russland. Lugowoj machte gar eine politische Karriere als Parlamentsabgeordneter für die rechtsgerichtete Partei LDPR.

Kowtun vermutet hinter dem Fall eine Verschwörung gegen Moskau. "Wenn wirklich jemand Skripal vergiftet haben sollte, dann ist das kein Zufall, sondern natürlich eine Provokation der britischen Geheimdienste", sagte er der russischen Agentur Interfax zufolge. Russland und seine Behörden sollten vor der Präsidentenwahl am 18. März diskreditiert werden.

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