Genetik Körpereigene Waffe gegen Postatakrebs

SDA

23.4.2020 - 16:02

Ein Krebsforscher im Laboratorium des Krebsforschungsinstituts (IOR) in Bellinzona. Österreichische Kollegen haben herausgefunden, dass bestimmte im Menschen vorkommende Proteine das Krebswachstum hemmen. Die therapeutische Anwendung dieser Einsicht liegt aber noch weit entfernt. (Archivbild)
Ein Krebsforscher im Laboratorium des Krebsforschungsinstituts (IOR) in Bellinzona. Österreichische Kollegen haben herausgefunden, dass bestimmte im Menschen vorkommende Proteine das Krebswachstum hemmen. Die therapeutische Anwendung dieser Einsicht liegt aber noch weit entfernt. (Archivbild)
Source: Keystone/KEYSTONE/TI-PRESS/PABLO GIANINAZZI

Das Vorkommen von mehr PDK4-Protein in Tumorgewebe von Prostatakarzinompatienten weist auf eine zu erwartende höhere Überlebensrate hin. Darauf deutet eine wissenschaftliche Arbeit eines Forschungsteams der MedUni Wien und des COMET-Forschungszentrums CBmed in Graz.

Die Studie wurde im Fachjournal «Molecular Systems Biology» publiziert. In der Schweiz erkranken laut Bundesamt für Statistik (BFS) jährlich im Schnitt 6100 Patienten an einem Prostatakarzinom, Es ist die häufigste Krebsart bei Männern. Etwa 1300 Erkrankte sterben jedes Jahr daran.

Das Median-Sterbealter beträgt etwa 85,5 Jahre, das heisst, die Hälfte stirbt vor-, die andere nachher. Das Risiko, dem Prostatakrebs vor dem 70. Geburtstag zu erliegen, beträgt (ab Geburt gerechnet) ein gutes Drittel Prozent. Sowohl Neuerkrankungen wie Todesfälle gehen in der Schweiz seit 2002 zurück

Während sich einige Tumore langsam entwickeln und minimale Behandlung benötigen, gibt es aggressivere Formen, die sehr schnell fortschreiten. Um Prostatakrebs effizienter behandeln zu können, wäre es wichtig, die komplexen Vorgänge im Tumor auf molekularer Ebene zu verstehen.

Fatal: Tumor wächst besser mit weniger STAT3

Ein Forschungsteam um den Molekularpathologen Lukas Kenner von der MedUni Wien erkannte 2015 anhand eines Mausmodells, dass das Protein STAT3 überraschenderweise eine tumor-unterdrückende Rolle bei Prostatakrebs hat. Es wurde nachgewiesen, dass Patienten mit niedrigen STAT3-Werten in der Krebszelle einen deutlich schlechteren Krankheitsverlauf haben als Patienten mit hohen Mengen, hiess es am Donnerstag in einer Aussendung der MedUni Wien.

Auf diese Erkenntnis baut die jüngste Studie der Doktorandin Monika Oberhuber vom Institut für Klinische Pathologie der MedUni und dem «Center for Biomarker Research in Medicine» (CBmed GmbH) auf. Darin analysierte sie zahlreiche grosse Datensätze von Patienten und verglich dabei jene mit einem hohen Vorkommen von STAT3 im Gewebe mit solchen Patienten, die eine niedrige Expression aufwiesen.

Anhand dieser Datensets wurden Cluster von Genen identifiziert, deren Expression miteinander korreliert. Dabei entdeckten die Forscher, dass Patienten mit wenig STAT3 einen sehr aktiven Stoffwechsel haben. Der Stoffwechsel – besonders die «Zellatmung»/Sauerstoffverbrauch – sind im Prostatakrebs viel aktiver als im gesunden Prostatagewebe. Dadurch gewinnt der Tumor zusätzliche Energie, um zu wachsen. Patienten mit wenig STAT3 weisen eine erhöhte Zellatmung auf und einen aktiveren Tumor, in dem viele neue Proteine gebildet werden.

Erst die Prognose – dann die Therapie

Monika Oberhuber untersuchte ausserdem den Zusammenhang zwischen niedrigem STAT3 und einem aktiven Stoffwechsel mittels paraffinierter Gewebeschnitte. Dabei wurde das Tumorgewebe mit einem Lasermikroskop vom gesunden Gewebe getrennt und danach mittels Massenspektrometrie untersucht.

Interessanterweise zeigen die Analysen eine direkte Korrelation von STAT3 mit PDK4, dessen Funktion es ist, die Zellatmung zu bremsen. Da Patienten mit wenig STAT3 auch wenig PDK4 aufweisen, konnte der Beweis erbracht werden, dass PDK4 direkt von STAT3 reguliert wird. Das bedeutet, dass mithilfe des Vorkommens von PDK4 der Krankheitsverlauf gut prognostizierbar ist.

Prostatakrebspatienten mit wenig PDK4 haben demnach eine schlechtere Prognose als Patienten mit viel PDK4. Dieses Gen spielt auch in anderen Tumoren und Erkrankungen, wie z.B. Diabetes, eine wichtige Rolle. Daher ist eine Folgestudie über PDK4 geplant, um neue Anwendungsmöglichkeiten in der Therapie von Prostatakrebs zu untersuchen.

Zurück zur Startseite