Frauenquote – und dann tschüssDeutsche CDU-Chefin plant die Revolution zum Abschied
dpa/AFP/tafi
7.7.2020
Annegret Kramp-Karrenbauer plant die maximale Konfrontation: Die scheidende Vorsitzende der deutschen CDU will ihrer Partei eine verbindliche Frauenquote verordnen. Für die Konservativen im Nachbarland war das lange Zeit «linkes Teufelszeug».
Annegret Kramp-Karrenbauer plant ihr Vermächtnis. Wenn die Chefin der deutschen Regierungspartei CDU ihr Amt im Dezember an den nächsten Parteivorsitzenden übergeben wird, soll die Partei ganz anders aussehen als die CDU von heute. Sie soll weiblicher, diverser, moderner sein.
Eine verbindliche Frauenquote soll sicherstellen, dass Parteiämter und Kandidatenlisten für die Parlamente künftig je zur Hälfte mit Männern und Frauen besetzt sind. Zudem soll die Schwulen-und-Lesben-Gruppierung in der CDU aufgewertet werden.
Für die traditionsverhaftete CDU sind es fast schon revolutionäre Änderungen, die Kramp-Karrenbauer ihrer Partei in den letzten Monaten an der Spitze verordnen will. Enthalten sind sie im Entwurf des Abschlussberichts der Satzungskommission, die unter dem Vorsitz von Kramp-Karrenbauers Generalsekretär Paul Ziemiak tagte.
Erhebliche Widerstände
Seit Jahren ringt die CDU darum, mehr Frauen in Ämter und Mandate zu bekommen – nun sollen wichtige Weichen für eine verbindliche Frauenquote von 50 Prozent bis 2023 gestellt werden. «Wir wollen den Anteil weiblicher Amts- und Mandatsträger bis zur Parität steigern», heisst es in einem auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Entwurf der Spitze der Satzungskommission.
Das Gremium wollte am Dienstag zu abschliessenden Beratungen in Berlin zusammenkommen. Entscheiden muss am Ende der für Anfang Dezember geplante Parteitag in Stuttgart.
Unklar war, ob es noch am Dienstag eine Entscheidung geben würde – und ob es tatsächlich zu einer verbindlichen Parität kommt. In der Partei gibt es dagegen auch erhebliche Widerstände. Die Kommission kann zudem nur einen Vorschlag für den Parteitag Anfang Dezember in Stuttgart beschliessen – über die notwendigen Satzungsänderungen müssen endgültig dort die Delegierten entscheiden.
«Bis an die Schmerzgrenze»
Die Situation der Frauen in der Partei sei nicht befriedigend, sagte Kramp-Karrenbauer in der ARD. Die CDU habe zwar Frauen in höchste Ämter gebracht – nicht zuletzt Bundeskanzlerin Angela Merkel und sie selbst als Verteidigungsministerin. Es gebe aber zu wenige Frauen in Bundestag und Landtagen. Man wolle Frauen nun mit schärferen Vorgaben und auch verbindlicher in Funktionen und Mandate bekommen.
Die «Bild»-Zeitung zitierte Generalsekretär Ziemiak mit den Worten, die Parteiführung werde mit der geplanten Modernisierung «bis an die Schmerzgrenze» gehen. Kramp-Karrenbauer ist seit Langem als Quotenbefürworterin in der CDU bekannt. Ziemiak machte in den letzten Wochen hinter den Kulissen Werbung für die Neuerungen Werbung und versuchte, Zweifel vor allem bei sehr konservativen Christdemokraten auszuräumen.
Die Chefin und ihr Generalsekretär wissen, dass sie der Partei viel zumuten. Eine verbindliche Frauenquote? Jahrelang galt sie den Traditionshütern in der CDU als linkes Teufelszeug. Und die Aufwertung der Schwulen-und-Lesben-Vertretung? Das Verhältnis der CDU zu sexuellen Minderheiten war bislang eher durch Berührungsängste geprägt, vielen christdemokratischen Mandatsträgern ging etwa die Einführung der Homo-Ehe viel zu weit.
Die CDU hatte Ende Mai rund 402'000 Mitglieder. Bei den Neumitgliedern liegt der Anteil der Frauen nach Parteiangaben bei 30 Prozent. In der CDU insgesamt liegt der Anteil weiblicher Mitglieder demnach bei mehr als 26 Prozent.