Vom Kritiker zum Liebling Dieser Mann steigt unter Trump kometenhaft auf – doch er will noch viel mehr

Gabriela Beck

15.5.2025

Wenige US-Regierungsmitglieder vereinen so viel Macht wie Marco Rubio – US-Aussenminister und Nationaler Sicherheitsberater in Personalunion.
Wenige US-Regierungsmitglieder vereinen so viel Macht wie Marco Rubio – US-Aussenminister und Nationaler Sicherheitsberater in Personalunion.
KEYSTONE/FRANCIS CHUNG

Der einstige Trump-Rivale Marco Rubio hat seine moralische Haltung über Bord geworfen und sich auf die Seite seines ehemaligen Gegners geschlagen. Nun ist er US-Aussenminister – doch das genügt ihm nicht.

Gabriela Beck

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Als Senator von Florida hat der Republikaner Marco Rubio seinen parteiinternen Rivalen Donald Trump wegen seiner America-First-Haltung heftig kritisiert.
  • Dann verlor er 2016 gegen ihn bei den US-Vorwahlen – und wandelte sich zum fleissigen MAGA-Unterstützer.
  • Nun ist Rubio US-Aussenminister und Nationaler Sicherheitsberater – und könnte 2028 sogar US-Präsident werden.

Marco Rubio, Sohn kubanischer Einwanderer, kann mit seinen 53 Jahren bereits auf einen reichen Erfahrungsschatz als Politiker zurückgreifen. Von Januar 2011 bis Januar 2025 war er Senator für Florida im US-Senat. Der Republikaner vertrat dort anfänglich klare aussenpolitische Ansichten: Die USA müssten den globalisierten Handel verteidigen, den Diktatoren dieser Welt die Stirn bieten und ihre Verbündeten verteidigen, schrieb er einst in einem Artikel.

Als er sich jedoch 2016 mit nur 44 Jahren im parteiinternen Wahlkampf bei den US-Vorwahlen als Gegenkandidat zu Donald Trump aufstellte, kassierte er eine Niederlage – und wandelte sich umgehend vom erbitterten Trump-Kritiker zum eifrigen Unterstützer. 

Zuvor hatten sich Trump und Rubio bis an die Grenze der persönlichen Beleidigung bekriegt. Rubio bezeichnete Trump als «Hochstapler», der für das Präsidentenamt nicht geeignet sei. Trump wiederum hatte seinem damaligen Widersacher vorgeworfen, «ein Desaster für Florida» zu sein, der nicht einmal «bei einer Wahl zum Hundefänger gewählt» würde.

Mit seinem Umschwenken habe er Hillary Clinton am Einzug ins Weisse Haus hindern wollen, sagte Rubio damals in einem CNN-Interview. Nach Ansicht von Michael Rubin, einem Experten für Aussenpolitik bei der konservativen Denkfabrik American Enterprise Institute, hat der ehrgeizige Republikaner seine moralisch klaren Positionen jedoch eher aufgegeben, um seinen Job und mögliche Karriereaussichten zu behalten. Es sei kein Geheimnis, dass Rubio Präsident werden wolle.

Trump benennt Rubio als möglichen Nachfolger

Die Kalkulation scheint aufzugehen. Heute ist Rubio US-Aussenminister und Nationaler Sicherheitsberater des Weissen Hauses. Und die Stufen der Karriereleiter könnten weiter reichen – nach ganz oben: Nachdem Trump eine verfassungswidrige dritte Amtszeit als Präsident ausgeschlossen hat, benannte er Rubio neben Vance als möglichen Nachfolger.

Rubio, einst ein leidenschaftlicher Verfechter der Entwicklungshilfe, hat die Aushöhlung von USAID überwacht, was zur Entlassung fast aller USAID-Mitarbeiter*innen, zur Schliessung von Gesundheitszentren in Afrika und dem Nahen Osten sowie zu neuen Prognosen über einen Anstieg ansteckender und übertragbarer Krankheiten in Entwicklungsländern führte.

Als langjähriger aussenpolitischer Falke, der frühere Präsidenten für die Aufnahme des Dialogs mit US-Gegnern scharf kritisierte, verteidigt Rubio nun Trumps diplomatische Annäherungsversuche an Russland, den Iran, die Hamas und Venezuela. Selbst radikale Vorstellungen, etwa die Übernahme Grönlands oder die Eingliederung Kanadas in die Vereinigten Staaten befürwortet Rubio. Zudem vereinbarte er mit El Salvador, dass aus den USA abgeschobene Migranten unter fragwürdigen Umständen in einem lokalen berüchtigten Gefängnis inhaftiert werden können.

Noch vor wenigen Monaten spekulierten die Republikaner darüber, wie lange Rubio sich im stürmischen Hexenkessel des inneren Zirkels von Präsident Donald Trump halten würde. Mittlerweile ist der ehemalige Senator aus Florida dem Titel nach das mächtigste US-Kabinettsmitglied seit Henry Kissinger, der auch Nationaler Sicherheitsberater war.

Gratwanderung als Nationaler Sicherheitsberater

Rubio geht vorsichtig vor und schweigt sich darüber aus, wie er den Nationalen Sicherheitsrat führen wird. Denn der Job birgt gewisse Risiken: Der Rat des Weissen Hauses, der National Security Council NSC, präsentiert dem Präsidenten politische Optionen für aufkommende Krisen, indem er die Beiträge der führenden Geheimdienst-, Militär-, Cyber- und Diplomatenvertreter des Landes zusammenfasst – nicht immer zur Genugtuung des Präsidenten. Trump hat vier der fünf Nationalen Sicherheitsberater, die ihm seit 2016 unterstanden, aus dem Amt gedrängt.

Rubio sei mächtig, weil er zögere, diese Macht auszuüben, wohl wissend, dass es viele ehemalige Trump-Beamte vor ihm gab, schreibt die «Washington Post». So habe er das Aussenministerium nicht mit neokonservativen Ideologen besetzt, die Trumps Annäherungsversuchen an den Iran oder Russland entgegentreten wollen. Wobei praktisch niemand glaube, dass Rubio Trumps Annäherungsversuche an Moskau oder Teheran weiterverfolgen würde, wenn er Präsident wäre.

Laut eines Beamten des Weissen Hauses setzt Trump auf Rubio: Er sei «gut» für TV-Hits und sein «unaufdringlicher» Stab arbeite gut mit Trumps Team zusammen – eine seltene Eigenschaft in dem oft chaotischen Universum, das Trump um sich versammelt. «Wenn ich ein Problem habe, rufe ich Marco an – er löst es», sagte Trump Anfang des Monats.

Aussenpolitikexperte Michael Rubin glaubt allerdings, langfristig habe Rubio sich seine politische Zukunft vermasselt, weil er seine Prinzipien verraten habe. «Trump baut einzelne Leute auf, nur um sie später wieder vom Sockel zu stossen. Letztendlich wird Marco Rubio seinen Posten so oder so verlieren.»