Düstere Prognose Krieg mit Frankreich – Brasiliens Militär denkt scharf nach

phi

12.2.2020

Ein brasilianischer Soldat, der im wahrsten Sinne in eine ungewisse Zukunft läuft.
Ein brasilianischer Soldat, der im wahrsten Sinne in eine ungewisse Zukunft läuft.
Bild: Keystone

Als Brasiliens Top-Militärs zu den Konflikten der Zukunft befragt werden, offenbart sich sozusagen Kreativität. Demzufolge fällt Frankreich 2035 in das Land ein – und 2039 kommen die Coronavirus-Terroristen.

Wie denken Brasiliens Top-Militärs über den Krieg von morgen? Wo sehen die Strategen mögliche, zukünftige Bedrohungen?

Die nationale Militärakademie Escola Superior de Guerra hat dazu 500 ihrer obersten Krieger um Stellung gebeten, die Interviews anschliessend auf 45 Seiten eingedampft und das eigentlich geheime Ergebnis «Cenários de Defesa 2040» genannt.

Dumm nur, dass die brasilianische Zeitung «Folha de São Paulo» Einblick in das Dokument nehmen konnte – und prompt wie publicus Verrat begangen hat. Andererseits hält sich der sicherheitspolitische Schaden in Grenzen: Die Bedrohungsszenarien haben eher für Belustigung als für bange Gefühle gesorgt.

Schon der grösste anzunehmende Feind von morgen ist eine Überraschung: Ausgerechnet von Frankreich glauben die Militärs, es könnte zum Problem werden. Ein Konflikt könnte demnach wegen des Amazonas entstehen: 2035 wäre die Invasion so weit, die von der UN per Mandant gedeckt wäre und die Freiheit indigener Völker sichern solle.

Paris Air Show 2019

Nicht vergessen werden darf dabei, dass sich Brasilien mit Französisch-Guayana eine 730 Kilometer lange Grenze teilt. Und nicht unter den Tisch fallen darf die Information, dass das Dokument im August 2019 verfasst wurde: Damals lieferten sich der brasilianische und der französische Präsident unschöne Wortgefechte, die die Soldaten offenbar nachhaltig beeindruckt haben.

Paris' diplomatische Vertreter nehmen die Angelegenheit jedenfalls mit Humor: Sie lobten via Twitter die grenzenlose Vorstellungskraft der Generäle. Zumal die beiden Länder in der Gegenwart militärisch in vielen Bereichen kooperieren, gibt «France24» zu Bedenken – etwa beim Bau von U-Booten oder Helikoptern. Insgesamt tauschen Brasilien und Frankreich jährlich Waren im Wert von knapp 7,5 Milliarden Franken aus.

Und dies ist nicht das einzige Szenario, das etwas sonderbar wirkt. Die Verfasser können sich auch einen Terroranschlag vorstellen, der erstaunlich konkret beschrieben wird: Eine Coronavirus-Attacke trifft demzufolge 2039 das Rock-in-Rio-Musikfestival – und begangen wird diese Untat von «südostasiatischen Ultranationalisten».

Kurs auf Washington

In Südamerika herrscht dem Zukunftsszenario zufolge einigermassen Ruhe – ausser kleinen Reibereien in Venezuela und Bolivien, bei denen Brasilien ordnend eingreift. Auch Argentinien stellt keine Gefahr mehr dar – nur als Buenos Aires den Chinesen erlauben will, in ihrem Land eine Basis zu errichten, muss Brasilia den Nachbarn davon diplomatisch abbringen.

Fremde Stützpunkte kommen aber schon: Nach einer weiteren Annäherung an Washington bauen die USA Basen in Brasilien. Und im Verbund mit Israel bauen die drei Nationen ausserdem einen «Raketenschild», der das Land unangreifbar macht. Fazit: Zumindest müssen sich die nationalen Verteidigungsexperten nicht vorwerfen lassen, keine Visionen zu haben.

Nach Bekanntwerden des Dokumentes bemühte sich die Regierung dann auch entsprechend, diese Zukunftsfantasien herunterzuspielen und verwies via Twitter eilig darauf, dass das nicht die offizielle Lesart sei. Und während Experten vorsichtig davon sprechen, das Dokument sei «inkonsistent», wird ausgerechnet ein brasilianischer Top-Diplomat ganz deutlich. Rubens Barbosa sagte: «Das ist Schwachsinn, der von Amateuren geschrieben wurde.»

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