Wie viel Streit verträgt es? Krude Vorwürfe: Trump poltert schon vor dem Nato-Gipfel

dpa/AP/jfk

11.7.2018

Die Tweets des US-Präsidenten lassen harte Auseinandersetzungen erwarten: Die Militärausgaben der Nato-Partner seien viel zu niedrig und die EU nutze die USA aus, schreibt er. Da werde sein erstes Treffen mit Putin sogar «womöglich das leichteste von allen» sein.

Auf dem Nato-Gipfel in Brüssel droht ein heftiger Streit zwischen US-Präsident Donald Trump und den Bündnispartnern. Zu Beginn des Spitzentreffens der Militärallianz an diesem Mittwoch und Donnerstag spitzte sich der Streit um die Verteidigungsausgaben im Bündnis zu.

Die anderen Mitglieder zahlten nicht genug für die Allianz, wiederholte er bereits bekannte Kritik via Twitter. Der US-Präsident beklagte, die Europäische Union mache es Landwirten und Unternehmen aus den USA unmöglich, dort Geschäfte zu treiben. Zugleich wollten sie, dass die USA sie glücklich verteidigten und dafür bezahlten. «Das funktioniert nicht!», schrieb er.

Die Staats- und Regierungschefs der 29 Nato-Staaten kommen an diesem Mittwoch zu einem Gipfel in Brüssel zusammen. Wichtiges Thema des zweitägigen Spitzentreffens sind die Bemühungen des Militärbündnisses, die Abschreckung und Verteidigung gegen Russland weiter zu stärken. Diese Themen dürften aber vom Streit um die Verteidigungsausgaben überschattet werden.

US-Präsident Trump landete am Dienstagabend mit der Präsidentenmaschine Air Force One auf dem Militärflughafen Melsbroek in Brüssel. Auf dem Weg nach Europa hatte er erneut Entschädigungszahlungen von Bündnispartnern an die USA gefordert.

«Viele Länder in der Nato, die wir verteidigen sollen, liegen nicht nur bei den zwei Prozent (was niedrig ist) zurück, sondern sie sind seit vielen Jahren auch bei Zahlungen, die nicht geleistet wurden, säumig. Werden sie die USA entschädigen?», schrieb er auf Twitter.

Anders als Trump in dem Tweet behauptete ist nicht bekannt, dass ein Mitglied mit Zahlungen im Rückstand ist. Es gibt auch keine Schulden bei den USA oder der Nato: 2014 vereinbarten die Mitgliedsländer lediglich, ihre Verteidigungsausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt langfristig auf zwei Prozent anheben zu wollen. Es gab keine direkte Zahlung an die Nato oder eine den Vereinigten Staaten geschuldete Summe.

USA geben 3,6 Prozent fürs Militär aus

Trump hat bereits mehrfach das Handelsbilanzdefizit seines Landes mit der EU beklagt, das bei 151 Milliarden Dollar liegt. Davon unabhängig sind die Nato-Mitgliedsbeiträge zu betrachten, die jedes Land nach der Grösse seiner Volkswirtschaft entrichtet.

Die USA liegen bei 3,6 Prozent ihres BIP und tragen mit 22,1 Prozent den grössten Anteil zum Nato-Budget bei. Darauf folgen die vier europäischen Mitglieder Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Italien, die gemeinsam 43,8 Prozent der Gesamtsumme leisten.

2014 hatten sich die Nato-Länder zum sogenannten Zwei-Prozent-Ziel verpflichtet - sie haben beschlossen, sich innerhalb von zehn Jahren dem Ziel anzunähern, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben.

«Liebes Amerika, schätze Deine Alliierten»

EU-Ratspräsident Donald Tusk richtete in Erwartung eines womöglich grösseren Flurschadens in den Beziehungen mit den USA eine deutliche Mahnung an Trump: Es sei «immer gut zu wissen, wer dein strategischer Freund und wer dein strategisches Problem ist».

Tusk verwies darauf, dass die Verteidigungsausgaben der Europäer höher seien als die Russlands und ebenso hoch wie die Chinas. Bei der Unterzeichnung einer EU-Nato-Erklärung an der Seite von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte Tusk auch: «Liebes Amerika, schätze Deine Alliierten, schliesslich hast Du nicht so viele davon.»

Von Brüssel reist Trump im Anschluss an den Gipfel nach London weiter, wo die Regierung von Premierministerin Theresa May gerade von Brexit-Querelen durcheinandergewirbelt wird. Trump sagte, er werde sich vielleicht trotzdem mit dem deswegen gerade zurückgetretenen Aussenminister Boris Johnson treffen. Nach einem Abstecher nach Schottland geht es zum Abschluss zum Treffen mit Putin nach Helsinki.

Putin für Trump ein «Konkurrent»

Er könne noch nicht sagen, ob der russische Präsident ein Freund oder Gegner sei, sagte Trump. «Ich denke, dass es eine gute, und nicht eine schlechte Sache ist, mit Russland zurechtzukommen, mit China, mit anderen.» Putin sei ein «Konkurrent».

Am Dienstag hatte Trump gesagt, er gehe davon aus, dass der Nato-Gipfel schwieriger werden könnte als sein darauf folgendes Treffen mit Putin oder sein Besuch in Grossbritannien. «Offen gesagt könnte Putin der einfachste von allen sein.»

Mit Blick auf das bevorstehende Treffen unter vier Augen äusserte sich der demokratische Minderheitsführer im US-Senat besorgt. Er habe Angst vor dem, was Trump ohne Berater, die ihn stoppen, preisgeben könnte, sagte Chuck Schumer am Dienstag.

Als der Präsident mit den Staatschefs von China und Nordkorea zusammengetroffen sei, hätten diese ihn über den Tisch gezogen. Noch schlimmer sei es, wenn Trump sich mit einem «sehr, sehr cleveren Mann» wie Präsident Putin treffe, der nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht sei, sagte Schumer.

US-Präsident Trump landete am Dienstagabend mit der Präsidentenmaschine Air Force One auf dem Militärflughafen Melsbroek in Brüssel.
US-Präsident Trump landete am Dienstagabend mit der Präsidentenmaschine Air Force One auf dem Militärflughafen Melsbroek in Brüssel.
AP Photo/Pablo Martinez Monsivais
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