Late Night USA«Alle diese Super-Macho-Typen küssen den A**** eines anderen Mannes»
Philipp Dahm
31.3.2025
Alle applaudieren Trump – Bill Maher will dabei nicht mitmachen.
Bill Maher gilt als Demokrat, hat seine Partei zuletzt aber immer wieder scharf kritisiert. Dass ihn nun Amerikaner zum Seitenwechsel auffordern, lässt den Moderator aber kalt: Er hat keine Lust auf Trumps Personenkult.
Der Protagonist von «Real Time with Bill Maher» ist eigentlich ein Demokrat. Doch zuletzt hat der 69-Jährige vor allem gegen seine eigene Partei geschossen, der er in den vergangenen Monaten immer wieder Naivität, Realitätsferne und Gutmenschentum unterstellt hat.
Deshalb werde er von Republikanern angesprochen und gefragt, warum sich Maher ihnen nicht anschliessen wolle, berichtet der New Yorker in seiner jüngsten Show. «Lasst mich euch die kurze Antwort geben», sagt Maher: «Weil ich nicht in Nordkorea leben will.»
«Maximale Schleimer»: Bill Maher will nicht in einem westlichen Nordkorea leben.
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Was das soll? «Kim Jong-un hat staatliche Schreiberlinge, die ihm überall hin folgen, seine genialen Ideen in ein Notizbuch schreiben und applaudieren», fährt der Late-Night-Host fort: «Nun, Republikaner – das seid nun ihr.»
Tatsächlich würden Trumps Parteifreunde derzeit mit allerlei kruden Vorstössen um die Gunst des Präsidenten buhlen: Der Abgeordnete Addison McDowell aus North Carolina habe etwa vorgeschlagen, den Dulles International Airport bei Washington nach Trump zu benennen. «Er wird wie andere Flughäfen sein, ausser dass es im internationalen Terminal nur Abflüge gibt», lästert Maher.
«Virtuose» Trump
Es gebe auch ein Gesetz, das fordert, Trumps Gesicht auf dem Mount Rushmore zu verewigen, heisst es weiter. «Denn wie [George] Washington ist er ein Patriot, wie Teddy Roosevelt ist er ein Abtrünniger – und wie Abraham Lincoln hilft er der Theaterszene in Washington D.C. nicht wirklich.»
Trumps Tänze sorgten einst für Lacher. Heute werden sie kopiert.
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Der Hintergrund: Während Lincoln in einem Theater erschossen wurde, hat Trump die Führung des Kennedy Centers in der Hauptstadt übernommen. Die Kultureinrichtung kämpft seither mit Gegenwind. Und eigentlich sei ihm das Kennedy Center egal, sagt Maher. Nicht egal sei ihm, dass ein US-Präsident eine solche Institution persönlich führen wolle.
Trumps Pressesprecher Steven Cheung setze dem ganzen aber die Krone auf: Der hält das Ganze für gerechtfertigt, weil Trump «ein Virtuose ist und seine musikalische Auswahl eine brillante Palette von dynamischen Farben repräsentiert, während andere oft in blassen Pastelltönen malen».
«Super-Macho-Typen küssen den A**** eines Mannes»
«Republikaner tanzen jetzt wie Trump, sie benennen Waffensysteme [wie den kommenden Kampfjet F-47] nach ihm, sie ziehen sich sogar an wie er – mit dem typischen Anzug mit Krawatte, den es exklusiv nur bei Banana Republic gibt: Alle diese Super-Macho-Typen küssen den A**** eines anderen Mannes», ätzt Maher.
Republikaner ahmen Trumps Look nach.
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Einige würde gar wie Trump sprechen – «mit den verrückten, übertriebenen Überzeichnungen». So habe Wirtschaftsminister Howard Lutnick zu den US-Zöllen gesagt: «Dieses Programm ist das wichtigste, das Amerika je hatte.» «Nimm das, Emanzipationsproklamation [zur Abschaffung der Sklaverei] und Kauf Louisianas», meint Maher.
Und damit nicht genug: Trumps Geburtstag soll ein offizieller Feiertag werden, fordert die Republikanerin Claudia Tenney. Parteikollege Brandon Gill will, dass Trumps Konterfei zukünftig die 100-Dollar-Note ziert. «Sowas tun wir hier nicht, Leute», beschwört der Moderator das Publikum.
Respekt «ist keine Einbahnstrasse»
«Er ist immer noch im Amt: Können wir erstmal warten, wie es ausgeht, bevor wir ihn auf einer Briefmarke verewigen?», fährt Maher fort: «Wenn ich zugebe, dass es auf der Linken ein Trump-Störungssyndrom gibt, gebt ihr dann zu, dass das auch gestört ist?»
Maher mit (noch) imaginärer Trump-Briefmarke
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Den Leuten von rechts, die ihm sagen würden, sie stimmten nicht immer mit ihm überein, würden ihn aber für sein Kontra gegen links und seine Ehrlichkeit respektieren, ruft Maher zu: «Das ist keine Einbahnstrasse: Seid ihr denn ehrlich?»
Als Beispiel führt der überzeugte Atheist Trumps Rede vor dem Kongress ins Feld, in der der 78-Jährige behauptet hat, der Staat habe «acht Millionen Dollar ausgegeben, um Mäuse trans zu machen». «Hat er nicht», stellt Maher klar: «Die acht Millionen waren für transgenetische Mäuse.»
«Wenn ihr ‹Kult› hört, verdreht ihr die Augen»
Es gehe dabei um «Mäuse, die genetisch modifiziert wurden, um zu untersuchen, wie Hormonbehandlungen die menschliche Gesundheit beeinflussen». Dass Trump das falsch verstanden habe, sei gar nicht das Problem: «Was daran Sorgen macht, ist, dass niemand aus dem Umfeld des Präsidenten es wagt, ihm das zu sagen.»
Auf dem Holzweg: Donald Trump macht aus transgeneitischen Mäusen trans Mäuse.
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Es fehle nur noch, dass Trump mit offenem Hosenschlitz herumlaufe – und seine Parteikollegen es ihm alle nachmachten, statt ihn darauf aufmerksam zu machen. Zu diesem Szenario passt, dass Trump-Berater Steven Bannon die von Trump ernannte Oberste Richterin Amy Coney Barrett kritisiert hat, weil die bei der Kongress-Rede nicht genug «Bewunderung» gezeigt habe.
«Das ist ja gar nicht nordkoreanisch», sagt Maher sarkastisch: «Ich weiss, meine republikanischen Freunde: Wenn ihr ‹Kult› hört, verdreht ihr die Augen.» In einem Kult werde einem gesagt, man solle sich von Freunden und Familie abwenden, weil die einen noch stoppen könnten. «Deshalb redet [Scientology-Jünger] Tom Cruise nicht mit seinem eigenen Kind.»
«Präsidenten bekommen zwei Amtszeiten. Nicht mehr»
Ähnlich sei es mit Amerika: «Wir sagen zu unserem engsten Freund in der ganzen Welt: Wisst ihr was? F*** Kanada – ohne besonderen Grund.» Er wisse nicht, was «Fox News»-Moderator Jesse Waters vor zwölf Wochen n über einen Angriff auf das Nachbarland gedacht habe. «Und nun ist seine Nachricht an Kanada: ‹Wegen der Tatsache, dass sie nicht wollen, dass wir übernehmen, möchte ich eine Invasion.›»
Maher kann das nicht verstehen: «Kanada bedroht uns nicht. Um Gottes Willen: Ihre Flagge ist ein Blatt. Sogar [Podcaster] Joe Rogan, ein Trump-Wähler, hat gesagt: ‹Warum regen wir uns über Kanada auf? Das ist dumm.› Okay, Maga-Leute: Das nennt man selbstständig denken.»
Late Night USA – Amerika verstehen
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50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen, und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.
Am Ende von Trumps erster Amtszeit habe es noch Leute gegeben, die ihm dann und wann «bei kleinen Details» korrigiert hätten. – «wie: Du hast die letzte Wahl verloren». Und nun schlügen Lauren Boebert und Steve Bannon vor, die Partei solle sich für eine dritte Amtszeit einsetzen. Bald werde sich die ganze Partei dafür starkmachen.
Dabei sei klar: «Präsidenten bekommen zwei Amtszeiten. Nicht mehr. Egal, wie wundervoll sie deiner Meinung nach sind. Es steht schwarz auf weiss in der Verfassung. Leute, ihr wisst, dass das falsch ist. Ihr wisst in eurem Herzen, dass das der Punkt ist, an dem Rom keine Republik mehr ist.»