Missbrauchsskandal in Grossbritannien Starmer kündigt landesweite Untersuchung zu Grooming Gangs an

SDA

18.6.2025 - 00:00

Keir Starmer gibt dem öffentlichen Druck nach – nach monatelanger Ablehnung kommt nun doch eine zweite Untersuchung.
Keir Starmer gibt dem öffentlichen Druck nach – nach monatelanger Ablehnung kommt nun doch eine zweite Untersuchung.
Bild: KEYSTONE

Die britische Regierung startet eine zweite Untersuchung zu sexuellem Missbrauch durch Grooming Gangs. Premier Keir Starmer reagiert damit auf massiven öffentlichen Druck und Kritik an früherem Behördenversagen.

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Keystone-SDA, Noemi Hüsser

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der britische Premierminister Keir Starmer kündigt eine zweite Untersuchung zu sexuellem Missbrauch durch sogenannte Grooming Gangs an.
  • Polizei und Behörden haben über Jahre weggeschaut – teils aus Misstrauen gegenüber den Opfern, teils aus Angst, als rassistisch zu gelten.
  • Rechte Gruppen und Persönlichkeiten wie Elon Musk nutzen das Thema für Stimmungsmache.

Die britische Regierung will eine zweite landesweite Untersuchung zu bandenmässigen Fällen von sexuellem Missbrauch anordnen. Das sagte der britische Premierminister Keir Starmer am Wochenende. Entsprechende Forderungen der Opposition hatte der Regierungschef zuvor monatelang zurückgewiesen.

Es geht um den systematischen und jahrelangen sexuellen Missbrauch von schutzbedürftigen Mädchen und Frauen in verschiedenen Städten des Landes durch sogenannte Grooming Gangs. Oft pakistanisch-stämmige Männer haben oft minderjährige Mädchen aus schwierigen Verhältnissen mit Alkohol und Drogen gefügig gemacht oder mit Gewalt zum Sex gezwungen und vergewaltigt.

Polizei und Behörden schauten lange weg

Die Fälle hatten immer wieder gross Schlagzeilen gemacht, auch weil auffällig viele Täter aus Pakistan stammten. Die Opfer hingegen gehörten meist zur Mehrheitsbevölkerung.

Für Empörung sorgte vor allem, dass Polizei und Behörden oft lange Zeit tatenlos blieben – teils weil den Opfern nicht geglaubt wurde, teils aus Angst, als rassistisch zu gelten, wie die erste Untersuchung ergab.

Bei SRF sagte Patrick Wülser, Korrespondent für Grossbritannien: «Klar ist, dass Pauschalisierungen aufgrund der Herkunft rassistisch sind. Aber dies bewusst zu ignorieren und zu verheimlichen, ist ebenso eine Fehlleistung und für diese Bevölkerungsgruppe auch nicht hilfreich.»

Starmer hatte Untersuchung lange ausgeschlossen

Das Thema wird inzwischen von rechtspopulistischen und rechtsextremen Akteuren ausgenutzt, um Stimmung zu machen. Grosse Aufmerksamkeit erhielt es zuletzt, als sich US-Multimilliardär Elon Musk öffentlich hinter die Forderung nach einer zweiten Untersuchung stellte und auch unbelegte Vorwürfe mit Nähe zu rechtsextremen Verschwörungstheorien gegen Starmer und andere Labour-Politiker erhob.

Starmer hatte eine zweite Untersuchung lange ausgeschlossen. Er argumentierte, zuerst müssten die Empfehlungen der ersten, sieben Jahre dauernden Untersuchung umgesetzt werden. Das sei aber von der konservativen Vorgängerregierung verschleppt worden. Eine Überprüfung sei nun aber zu dem Ergebnis gekommen, dass eine zweite Untersuchung notwendig sei, teilte er mit.

Es geht dabei nicht um die strafrechtliche Aufarbeitung, die unabhängig davon geschieht. Dutzende Täter wurden bereits zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Bei den sogenannten Inquiries geht es um politische Konsequenzen.


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