40-jährige «Riesenbabys» Mama sagt «Basta» und klagt ihre Söhne aus der Wohnung

tafi/dpa

26.10.2023

Ein junger Mann zieht von zu Hause aus: In Italien passiert das vergleichsweise spät. Einer Mutter in Pavia hat ihre Söhne deshalb jetzt vor die Tür geklagt. (Symbolbild)
Ein junger Mann zieht von zu Hause aus: In Italien passiert das vergleichsweise spät. Einer Mutter in Pavia hat ihre Söhne deshalb jetzt vor die Tür geklagt. (Symbolbild)
Keystone

Mit einer Klage vor Gericht hat eine italienische Rentnerin durchgesetzt, dass ihre beiden Söhne zuhause ausziehen müssen. Die «Buben» sind 40 und 42 Jahre alt, zahlten keine Miete und halfen auch nicht beim Abwasch.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • In Italien bleibt man gern eine Weile länger bei den Eltern wohnen. Muttersöhnchen heissen hier Mammoni.
  • Aber jetzt entscheidet eine Richterin, dass mit 40 Jahren Schluss mit dem bequemen Leben im «Hotel Mama» ist.
  • Geklagt hatte: die Mutter selbst.

40 Jahre «Hotel Mama» – aber jetzt ist basta: Mit Hilfe der Justiz hat eine 75-jährige Italienerin durchgesetzt, dass ihre beiden längst erwachsenen Söhne endlich zuhause ausziehen müssen. Die Männer – der eine 40, der andere 42 Jahre alt – haben auf Beschluss einer Richterin bis kurz vor Weihnachten Zeit, das Elternhaus in der Kleinstadt Pavia nahe Mailand zu räumen.

Das Urteil sorgt in Italien, wo sich der Nachwuchs mit dem Ausziehen traditionell gern etwas länger Zeit lässt, für Aufregung. Die 75-Jährige lebte nach einem Bericht der Lokalzeitung «La Provincia Pavese» seit der Trennung von ihrem Mann allein mit den Söhnen zusammen.

In den vergangenen Jahren versuchte sie schon einige Male, die beiden zum halbwegs freiwilligen Abschied aus dem «Hotel Mama» zu bewegen. Nichts half. Schliesslich entschied sich die Mutter dazu, die eigenen Söhne zu verklagen. Ihr Rechtsbeistand berichtete vor Gericht, dass sich die beiden berufstätigen Männer zudem weigerten, Miete zu zahlen oder auch nur bei der Hausarbeit zu helfen.

Selbstständigkeit ab einem «gewissen» Alter

Richterin Simona Caterbi gab der Mutter nun in vollem Umfang Recht. Die juristische Begründung: Der Verbleib in der Wohnung könne zwar «zu Beginn als begründet» angesehen werden, weil er auf der Unterhaltspflicht der Eltern beruhe.

Von einem «gewissen Alter» an gebe es eine solche Verpflichtung aber nicht mehr. Auf ein genaues Alter legte sich die Richterin in dem Urteil nicht fest – aber mit 40 oder 42 Jahren ist die Grenze wohl eindeutig überschritten.

In Italien gibt es traditionell verhältnismässig viele Leute, die auch weit über den 18. Geburtstag hinaus noch bei den Eltern leben. Das durchschnittliche Auszugsalter lag dort nach einer Erhebung der EU-Statistikbehörde Eurostat vergangenes Jahr bei genau 30 Jahren. Meistens handelt es sich um Männer.

Die Italiener haben dafür auch eigene Vokabeln. Man nennt sie «Mammoni» («Muttersöhnchen») oder auch «Bamboccioni» («Riesenbabys»). Zum Vergleich: In der Schweiz hat mehr als die Hälfte der jungen Menschen mit 22 Jahren das Elternhaus verlassen, mit 25 Jahren haben 76 Prozent. 

Südeuropäer wohnen am längsten zuhause

Für die längere Verweildauer gibt es die verschiedensten Gründe. Grundsätzlich ist es in Südeuropa eher üblich, auch nach Erreichen der Volljährigkeit noch eine ganze Weile bei den Eltern zu bleiben: In Spanien und Griechenland zieht man durchschnittlich noch später aus als in Italien; in Kroatien sind Männer dann im Durchschnitt sogar fast 35 Jahre alt.

Das hat auch damit zu tun, dass Familien im Süden noch enger zusammenhalten. Wenn sich alle wohlfühlen, ist wohl auch alles in Ordnung.

Allerdings spielt auch die wirtschaftliche Lage vielfach eine Rolle: Arbeitslosigkeit, fehlende Ausbildungsplätze, hohe Mieten vor allem in den Städten, die Inflation insgesamt. Die italienische Zentralbank warnte schon vor einiger Zeit in einer Studie vor «ernsthaften ökonomischen und demografischen Folgen», wenn junge Menschen Jobsuche und Familiengründung so lange aufschieben.

Die Sorgen sind begründet: Parallel zu dem Urteil gab die nationale Statistikbehörde am Donnerstag bekannt, dass vergangenes Jahr im 59-Millionen-Einwohner-Land Italien so wenig Kinder geboren wurden wie noch nie: 393’000.