Brexit May will Frist für Austritt bis 30. Juni

SDA

5.4.2019 - 15:58

Am 12. April sollte Grossbritannien eigentlich aus der EU austreten. Nun hat die britische Premierministerin Theresa May am Freitag Brüssel erneut um einen Brexit-Aufschub gebeten. (Archiv)
Am 12. April sollte Grossbritannien eigentlich aus der EU austreten. Nun hat die britische Premierministerin Theresa May am Freitag Brüssel erneut um einen Brexit-Aufschub gebeten. (Archiv)
Source: KEYSTONE/AP/FRANK AUGSTEIN

Eine Woche vor Ablauf der Frist für einen harten Brexit geht Theresa May in die Offensive: In einem Brief an EU-Ratspräsident Donald Tusk bat die britische Premierministerin am Freitag um eine Verlängerung für den Ausstieg bis zum 30. Juni.

Die Regierung wolle aber «einen Fahrplan für die Ratifizierung vereinbaren, der es dem Vereinigten Königreich gestattet, vor dem 23. Mai 2019 aus der Europäischen Union auszutreten», heisst es darin weiter.

May erklärte zudem die Bereitschaft der Regierung, das Land auf die Europawahlen vom 23. bis 26. Mai vorzubereiten. Sollte Grossbritannien dann doch noch EU-Mitglied sein, wäre eine Teilnahme Pflicht. Der bislang vorgesehene Brexit-Termin 12. April ist der letzte Tag, an dem London die Wahl im Land einberufen könnte.

Die Reaktionen auf Mays Brief fielen unterschiedlich aus. «Unsere Position ist klar: Keine Brexit-Verschiebung ohne Klärung», schrieb der Fraktionschef und Spitzenkandidat der konservativen Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, im Kurznachrichtendienst Twitter.

Der Brexit-Beauftragte des Parlaments, der liberale Guy Verhofstadt, schrieb ebenfalls auf Twitter: «Allen in der EU, die geneigt sein könnten, die Brexit-Saga weiter zu verlängern, kann ich nur sagen: Passt auf, was ihr euch da wünscht.»

Er bezog dies auf die Ansage des Brexit-Hardliners Jacob Rees-Mogg, dass Grossbritannien während einer Verlängerung der Austrittsfrist «so schwierig wie möglich» auftreten und wichtige EU-Entscheidungen blockieren sollte.

Durchmischte Reaktionen der EU-Staaten

In Berlin begrüsste Regierungssprecher Steffen Seibert, dass die Regierung in London die Tatsache einer möglichen Teilnahme an den Europawahlen nun anerkenne. Zur beantragten Verschiebung eines Austritts bis 30. Juni wollte er sich aber nicht äussern.

Aus dem französischen Präsidialamt verlautete, Grundlage einer Verlängerung sei ein Alternativplan der britischen Regierung zum weiteren Vorgehen. Finanzminister Bruno Le Maire sagte: «Wenn wir den Grund nicht kennen, warum Grossbritannien eine Verlängerung haben will, können wir keine positive Antwort geben.»

Italiens Vize-Regierungschef Luigi di Maio sagte dagegen, Grossbritannien solle die Zeit bekommen, die es für einen geordneten Austritt brauche. «Alle europäischen Staaten müssen einen Weg finden, um eine Erschütterung der europäischen und britischen Wirtschaft zu vermeiden», sagte der Politiker der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung der Tageszeitung «Die Welt».

Die EU-Kommission in Brüssel wollte den Antrag nicht kommentieren. Eine Sprecherin verwies auf den EU-Sondergipfel am nächsten Mittwoch, bei dem eine Entscheidung fallen werde.

EU-Ratspräsident Donald Tusk plädierte am Freitag nach Angaben eines EU-Beamten gar für eine flexible Verlängerung der Austrittsfrist um bis zu zwölf Monate. Dieser Vorschlag sollte den Botschaftern der 27 verbleibenden EU-Mitgliedstaaten noch am Freitagnachmittag unterbreitet werden, wie ein hochrangiger EU-Vertreter sagte. Ob alle Staaten eine Verschiebung mittragen – und wenn ja, wie lange – war zunächst offen.

Sondergipfel am Mittwoch

Die Staats- und Regierungschefs müssen einer Vereinbarung am nächsten Mittwoch einstimmig zustimmen. Wie die britische Regierung einen geregelten Austritt umsetzen will, ist allerdings völlig unklar.

Das Unterhaus in London hat den von May mit der EU vereinbarten Austrittsvertrag bereits drei Mal abgelehnt. Auch alternative Vorgehensweisen wie etwa ein zweites Referendum oder ein Verbleib Grossbritanniens in der Zollunion lehnten die Abgeordneten mehrheitlich ab.

Andererseits hat das Parlament mit deutlicher Mehrheit beschlossen, dass es keinen Austritt ohne ein Abkommen geben soll. Denn ein harter Brexit hätte vor allem für Grossbritannien ungeahnte wirtschaftliche Folgen.

Bewegung in die festgefahrene Lage in London kam nun durch Mays Vorstoss, gemeinsam mit dem Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, nach einer Lösung zu suchen. Damit hat die konservative Premierministerin zwar Teile ihrer Tory-Partei brüskiert. Bei einer Einigung mit Corbyn werden ihr aber gute Chancen eingeräumt, im Unterhaus eine Mehrheit zu bekommen.

Allerdings sind bislang keine Fortschritte bekannt. Es gebe keine Frist für die Verhandlungen mit Labour, sagte Mays Sprecher. Die Verhandlungsteams beider Parteien würden auch am Freitag Gespräche führen.

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