DeutschlandMerkel räumt Fehler in der Pandemie-Bekämpfung ein
dpa/gbi
11.2.2021 - 13:44
Einen Tag nach den jüngsten Corona-Beschlüssen erläutert die deutsche Bundeskanzlerin im Bundestag ihre Politik. Angela Merkel gibt sich dabei auch selbstkritisch – aber nur mit Blick in die Vergangenheit.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Fehler bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie eingeräumt und zugleich die am Vortag beschlossene Lockdown-Verlängerung verteidigt. Die erste Welle im vergangenen Frühjahr habe Deutschland weit weniger hart getroffen als viele andere Staaten, sagte die Regierungschefin am Donnerstag im Bundestag. «Dann waren wir nicht vorsichtig genug und nicht schnell genug.»
Man habe auf die Anzeichen der zweiten Welle und die Warnungen verschiedener Wissenschaftler «nicht früh und nicht konsequent genug das öffentliche Leben wieder heruntergefahren». Die weitgehende Verlängerung der einschneidenden Massnahmen gegen die Pandemie nannte Merkel in ihrer Regierungserklärung «geeignet, erforderlich und verhältnismässig».
Die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer hatten am Vortag beschlossen, dass der Lockdown bis zum 7. März verlängert werden soll. Eine Ausnahme gibt es für Coiffeure, die bei strikter Einhaltung von Hygieneauflagen bereits am 1. März wieder aufmachen dürfen. Auch Schulen und Kitas können wieder öffnen – dies wurde in das Ermessen der einzelnen Bundesländer gestellt. Einige haben bereits Öffnungen noch im Februar angekündigt.
Schärfere Regeln für Schulen gewünscht
Merkel machte deutlich, dass sie für Schulen und Kitas lieber einen strengeren Kurs gehabt hätte. Die Folgewirkungen der wochenlangen Schliessungen seien natürlich spürbar und die Anspannung der Eltern sei gross. «Und trotzdem hätte ich mir an dieser Stelle gewünscht, dass wir auch hier entlang der Inzidenz entscheiden, aber ich habe auch akzeptiert, dass es eine eigenständige Kultushoheit der Länder gibt, vielleicht das innerste Prinzip der Länder.»
Die Opposition reagierte mit scharfer Kritik auf die Beschlüsse. FDP-Fraktionschef Christian Lindner sagte, auch nach einem Jahr sei «Wir bleiben Zuhause» der wesentliche Grundsatz. «Das ist bestenfalls einfallslos. Mit Sicherheit, Frau Merkel, ist das nicht alternativlos», sagte Lindner. Die FDP habe kein Verständnis dafür, dass vorhandene Technologien nicht genutzt würden, beispielsweise im grossen Stil Schnelltests einzusetzen oder die Corona-Warnapp zu erweitern.
Die Fraktionsvorsitzende der rechtspopulistischen AfD, Alice Weidel, warf der Regierung Rechtsbruch vor: «Was die Bundesregierung hier betreibt, ist verfassungswidrig», sagte sie. Die Regierung betreibe eine «falsche Politik, die nur Verbot und Zwang zu kennen scheint». Weidel monierte: «Drei Monate Wellenbrecher-Lockdown, und Sie wollen noch mal einen Monat dranhängen. Die Kollateralschäden Ihrer Methode von Einsperren und Dichtmachen wachsen ins Unermessliche.»
«Noch ist nicht alles auserforscht»
Merkel betonte dagegen: «Die allermeisten der beschlossenen Massnahmen müssen konsequent beibehalten werden.» Sie rief angesichts der auftretenden Virusmutationen zu grösster Vorsicht auf: «Noch ist nicht alles auserforscht, aber wir tun gut daran, an den Annahmen vieler Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland nicht zu zweifeln, wenn sie uns erklären, alle drei Mutationen sind deutlich aggressiver, also ansteckender, übertragen sich leichter als das Ursprungsvirus.»
Die Kanzlerin verteidigte auch die Entscheidung gegen einen festen Fahrplan für weitere Öffnungsschritte. Man stehe in einem Kampf mit dem Virus, sagte sie. «Und das Virus richtet sich nicht nach Daten, sondern das Virus richtet sich nach Infektionszahlen und nach Fragen, wie sich die Infektion ausbreitet.»
Angesichts massiver Kritik an der schleppenden Auszahlung der zugesagten Corona-Wirtschaftshilfen stellte sich Merkel hinter Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU): «Ich weiss, wie viele Menschen auf das Geld warten», sagte sie. «Ich weiss, wie der Einzelhandel leidet und andere auch.» Die «sehnlichst erwarteten» Anträge auf die Überbrückungshilfe III könnten nun aber gestellt werden.