Sicherheitskonferenz Merkels Ordnung gegen Trumps Verunsicherung

Michael Fischer und Ansgar Haase, dpa

14.2.2019

Die Absage von Frankreichs Präsidenten Macron hat die Münchner Sicherheitskonferenz durcheinandergewirbelt. Jetzt steht nicht mehr Europa im Mittelpunkt, sondern ein deutsch-amerikanisches Rededuell.

Eigentlich sollte von der Münchner Sicherheitskonferenz in diesem Jahr ein klares Signal ausgehen: Trotz Brexit zerbröselt Europa nicht. Konferenzleiter Wolfgang Ischinger lud dafür den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem gemeinsamen Auftritt ein. Beide sagten zu. Alles war angerichtet. Doch dann überlegte Macron es sich angesichts der Gelbwestenproteste zu Hause doch noch einmal anders und die Konferenzplaner gerieten ins Schleudern.

Ein europäisches Signal gibt es mit der gemeinsamen Eröffnung durch die Verteidigungsminister Deutschlands und Grossbritanniens, Ursula von der Leyen und Gavin Williamson, an diesem Freitagnachmittag zwar trotzdem. Aber der inhaltliche Schwerpunkt verlagert sich erheblich. Merkel wird sich beim wichtigsten sicherheitspolitischen Expertentreffen weltweit nun mit US-Vizepräsident Mike Pence messen müssen.

Pence war schon vor zwei Jahren erstmals in München, um wenige Tage nach dem Amtsantritt Donald Trumps dessen aussenpolitischen Kurs vorzustellen. Seine wichtigste Botschaft war damals ein Treueschwur: «Das ist Präsident Trumps Versprechen: Wir werden zu Europa stehen, heute und jeden Tag, weil uns dieselben edlen Ideale zusammenschweissen: Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit.»

Seitdem ist es zwischen Trump und den Europäern, zumindest den meisten Westeuropäern wie Deutschland, nicht so gut gelaufen. Der US-Präsident hat wichtige Abkommen aufgekündigt, ist in Handelsfragen auf Konfrontationskurs gegangen, droht Verbündeten mit Sanktionen und stellt internationale Organisationen in Frage.

Merkel wird der national orientierten US-Aussenpolitik ein Plädoyer für die internationale Zusammenarbeit entgegensetzen. «Der Multilateralismus, also die Überzeugung, dass wir miteinander mehr gewinnen als wenn wir gegeneinander arbeiten, steht zur Debatte», sagte die CDU-Politikerin vergangenes Wochenende in einer Videobotschaft. «Ich werde mich in München sehr stark dafür einsetzen, dass die multilateralen Strukturen weiterentwickelt werden, aber erhalten bleiben.»

Polizisten stehen vor dem Hotel «Bayerischer Hof» in München. Vom 15.-17.02.2019 findet in dem Hotel die 55. Münchner Sicherheitskonferenz statt.
Polizisten stehen vor dem Hotel «Bayerischer Hof» in München. Vom 15.-17.02.2019 findet in dem Hotel die 55. Münchner Sicherheitskonferenz statt.
Sven Hoppe/dpa

Konkret wird es in dem Rededuell ohne Zweifel um den Streit über die Nato-Verteidigungsausgaben und vielleicht auch um die umstrittene Gas-Pipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland gehen.

Neben dem transatlantischen Verhältnis sind das die wichtigsten Themen in München:

Die Kündigung des INF-Vertrags

Nach jahrelangen gegenseitigen Vorwürfen haben die USA und Russland Anfang Februar angekündigt, sich ab sofort nicht mehr an ihr Abkommen zum Verzicht auf landgestützte atomare Mittelstreckenwaffen gebunden zu fühlen. Folge könnte ein neues gefährliches Wettrüsten sein. Vor allem die europäischen Nato-Partner der USA wollen das vermeiden und werden bei der Sicherheitskonferenz noch einmal versuchen, Schlüsselpersonen wie den russischen Aussenminister Sergej Lawrow zu Zugeständnissen zu bewegen.

Die Erfolgsaussichten gelten allerdings als gering. Grund ist, dass sowohl den USA als auch Russland unterstellt wird, kein grosses Interesse am Erhalt des INF-Vertrags zu haben. Das liegt vor allem daran, dass der aus der Zeit des Kalten Krieges stammende Deal nur Amerikaner und Russen bindet, nicht aber aufstrebende Militärmächte wie China.

Weltmacht China

China ist bei der Münchner Sicherheitskonferenz mit einer so grossen und hochrangigen Delegation vertreten wie noch nie. Angeführt wird sie von dem Chef-Aussenpolitiker der Kommunistischen Partei Chinas, Yang Jiechi. Der 67-Jährige redet am Samstag nach US-Vizepräsident Pence und kann es mit ihm durchaus auf Augenhöhe aufnehmen.

Wie weiter mit dem Iran?

Die USA und Europa sind in dieser Frage tief gespalten. Während die USA Teheran mit Sanktionen dazu bewegen wollen, auf sein Raketenprogramm und die Einmischung in regionale Konflikte zu verzichten, setzen die wichtigsten europäischen Verbündeten auf Dialog. Sie wollen das Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe retten, aus dem die Amerikaner ausgestiegen sind.

US-Vizepräsident Pence hat die Stimmung mit seiner Rede bei der umstrittenen Nahost-Konferenz in Warschau am Donnerstag noch einmal kräftig angeheizt. Dort drohte er den europäischen Verbündeten indirekt damit, ihnen an anderer Stelle die Solidarität zu verweigern, wenn sie nicht aus dem Atomabkommen aussteigen. Er formulierte es aber positiv: «Wenn ihr uns bei diesem edlen Anliegen zur Seite steht, dann stehen wir auch zu euch.»

Krisenherd Nahost

Anders als in Warschau wird der Iran in München vertreten sein. Am Sonntag wird sich der iranische Außenminister Mohammed Sarif ein Rededuell mit dem saudischen Staatssekretär Adel al-Dschubair liefern. Beide regionalen Großmächte sind direkt oder indirekt in die großen regionalen Konflikt wie in Syrien und im Jemen involviert. Al-Dschubair ist der erste hochrangige Saudi, der Deutschland seit der Tötung des regierungskritischen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi besucht.

Abzug aus Afghanistan?

Mehr als 18 Jahre nach Beginn des internationalen Militäreinsatzes kommt Bewegung in die Bemühungen um eine Lösung des blutigen Konflikts mit den Taliban. US-Präsident Trump strebt einen politischen Deal mit den radikalislamischen Kräften an, um möglichst schnell viele amerikanische Soldaten nach Hause holen zu können. Bei Nato-Partnern werden die Pläne allerdings sehr kritisch gesehen. Sie befürchten unter anderem, dass es im Fall eines schnellen Truppenabzugs wieder zu Rückschritten bei Demokratie und Menschenrechten kommen könnte. Bei einem Nato-Treffen in Brüssel versuchte US-Verteidigungsminister Patrick Shanahan zu beruhigen. Es werde keine US-Truppenreduzierung ohne Koordinierung mit den Alliierten geben, sagte er.


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