Giftgas gegen das Volk Dutzende Tote bei  erneutem Chemiewaffenangriff in Syrien

AP

8.4.2018 - 08:32

Knapp ein Jahr ist es her, dass in dem syrischen Ort Chan Scheichun Dutzende Menschen durch Giftgas ums Leben kamen. Nun soll das syrische Militär wieder chemische Kampfstoffe eingesetzt haben. Ersthelfer verbreiten erschütternde Bilder.

Im syrischen Bürgerkrieg soll es wieder zu einem verheerenden Chemiewaffenangriff gekommen sein. Die Ersthelfer der Opposition, die sogenannten Weisshelme, warfen den Regierungstruppen vor, bei ihrer Offensive auf Duma, die letze Rebellenhochburg ausserhalb von Damaskus, am Samstagabend Dutzende Menschen mit Giftgas getötet zu haben.

Die Opferzahlen gingen auseinander, es war von 40 bis 80 Toten die Rede. Die syrischen Staatsmedien wiesen die Anschuldigungen als erfunden zurück. Eine unabhängige Prüfung der Berichte war nicht möglich.

Die Weisshelme erklärten, ganze Familien seien erstickt in ihren Häusern und Bunkern in Duma gefunden worden. Die Zahl der Toten steige stetig weiter. Auf ihrem Twitter-Konto veröffentlichte die Organisation Fotos und Videos von zahlreichen Leichen mit Schaum vor dem Mund und erweiterten Pupillen. Das wären Symptome für den Einsatz von Sarin. Gleichzeitig berichteten die Weisshelme aber von einem Chlorgeruch, was wiederum auf Chlorgas hinweisen würde, das allerdings keine solchen Symptome hervorruft.

Der Gruppe zufolge erstickten 40 Menschen. 500 weitere Menschen seien mit ähnlichen Symptomen behandelt worden. Die ebenfalls oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete 80 Tote, davon ebenfalls rund 40 durch Erstickung. Ihr zufolge erstickten die Menschen aber, weil Bunker über ihnen einstürzten.

Die Sprecherin des US-Aussenministeriums, Heather Nauert, sagte, Washington verfolge die Entwicklungen sehr genau. «Diese Berichte - sollten sie bestätigt werden - sind fürchterlich und erfordern eine sofortige Reaktion der internationalen Gemeinschaft.»

Die syrischen Regierungstruppen hatten nach einer zehntägigen Feuerpause am Freitag ihre Offensive auf Duma wieder aufgenommen, nachdem eine Vereinbarung, Hunderten radikalislamischen Kämpfern der Gruppe Dschaisch al-Islam und deren Familien freies Geleit aus Duma zu geben, gescheitert war. Einige hundert hatten zu diesem Zeitpunkt das Gebiet fast verlassen und waren in Richtung Nordsyrien gezogen.

Mit einer Eroberung Dumas hätten die syrischen Regierungstruppen nach jahrelanger Belagerung wieder ganz Ost-Ghuta unter seiner Kontrolle, ein Gebiet in unmittelbarer Nähe zu Damaskus, dem Sitz der Regierung von Präsident Baschar al-Assad.

Die Regierungstruppen griffen Duma seit Freitag vom Boden und aus der Luft aus an. Dabei sei auch eine Fassbombe mit Chemikalien abgeworfen worden, erklärten die Weisshelme. Die syrischen Staatsmedien berichteten, diese erfundenen Berichte seien dem raschen Bodengewinn der Regierungstruppen geschuldet.

Der mutmassliche Giftgasangriff ereignete sich fast genau ein Jahr nach einer ähnlichen Attacke auf den Ort Chan Scheichun im Norden Syriens, bei dem ebenfalls Dutzende Menschen ums Leben gekommen waren. Als Reaktion darauf ordnete US-Präsident Donald Trump einen Angriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt an. Die Regierung in Damaskus und auch ihr Verbündeter Russland dementierten damals jegliche Beteiligung an dem Giftgasangriff vom 4. April 2017.

2013 war es in Ost-Ghuta, wo auch Duma liegt, zudem schon zum wohl opferreichsten Giftgasangriff im syrischen Bürgerkrieg gekommen. Hunderte kamen damals ums Leben. Der damalige US-Präsident Barack Obama drohte daraufhin mit einem militärischen Angriff, einigte sich aber dann mit Russland darauf, das syrische Chemiewaffenarsenal zu zerstören. Allerdings gab es danach Zweifel daran, ob Syrien auch wirklich alle seine chemischen Kampfstoffe deklariert.

Das russische Militär hat mittlerweile die Berichte über einen Chemiewaffeneinsatz durch die syrischen Regierungstruppen zurückgewiesen. Russland sei bereit, Experten nach Duma zu entsenden, sobald die Rebellen von dort vertrieben seien, um zu beweisen, dass die Berichte erfunden seien, sagte Generalmajor Juri Jewtuschenko am Sonntag russischen Nachrichtenagenturen.

Jewtuschenko bekräftigte die Darstellung des Verbündeten Syriens und beschuldigte dabei gleichzeitig den Westen. Einige westliche Staaten versuchten, die Offensive zur Vertreibung von Dschaisch al-Islam aufzuhalten und würden dafür wieder ihr «Lieblingsthema» eines Chemiewaffenangriffs durch syrische Regierungstruppen aufgreifen, sagte Jewtuschenko.

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