«Nett, neu und zielsicher!» Trump droht: «Achtung Russland, Raketen werden kommen»

dpa/jfk

11.4.2018

Donald Trump hat nach dem mutmasslichen Giftangriff in Syrien Russland damit gedroht, dass ein Militäranschlag unmittelbar bevorstehe. Mit dem Vergeltungsschlag prahlt er auf dem Nachrichtendienst Twitter.

Nach dem mutmasslichen Giftgasangriff hat sich die Krise um den Bürgerkrieg in Syrien dramatisch zugespitzt. US-Präsident Donald Trump befeuerte Spekulationen über einen baldigen Militärschlag der USA und twittert: «Russland hat geschworen, alle Raketen abzuschiessen, die auf Syrien abgefeuert werden. Mach' Dich bereit, Russland, denn sie werden kommen (...)».

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, Angriffe auf «chemische Kapazitäten» in Syrien seien möglich. Frankreich tausche sich mit Partnern aus, vor allem mit den USA und mit Grossbritannien. «Wir werden unsere Entscheidung in den kommenden Tagen mitteilen.»

Die Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) kündigte an, in Kürze Experten in die syrische Stadt Duma zu schicken, um die Berichte über einen möglichen Angriff mit Chemiewaffen zu untersuchen. Der UN-Sicherheitsrat zeigte sich bei dem Thema unterdessen erneut völlig blockiert. Gleich drei Syrien-Resolutionen scheiterten am Dienstag bei einer Sitzung des Gremiums in New York in einem neuen Schlagabtausch zwischen dem Westen und Russland und seinen Verbündeten.

USA machen al-Assad verantwortlich

Die USA machen die Regierung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad für den mutmasslichen Angriff verantwortlich. Russland erklärte hingegen, die Rebellen hätten den Angriff lediglich inszeniert. Moskau ist im Bürgerkrieg ein enger Verbündeter der syrischen Regierung.

Bei dem gemeldeten Giftgaseinsatz auf die von Rebellen kontrollierte Stadt in Ost-Ghuta am Samstag sollen nach neuen, korrigierten Angaben der Hilfsorganisation Weisshelme mindestens 42 Menschen getötet worden sein. Mehr als 500 Personen wurden demnach in Krankenhäusern behandelt.

Das US-Aussenministerium teilte am Abend mit, Kenntnis von mindestens 85 Todesopfern zu haben. «Was wir glauben zu wissen ist, dass es eine Form von chemischer Waffe war, die bei diesem Angriff in Syrien eingesetzt wurde, und dass mindestens 85 Menschen getötet wurden, von denen wir bisher wissen», sagte Ministeriumssprecherin Heather Nauert.

Trump: Alle Optionen werden in Betracht gezogen

Die Vereinten Nationen sprachen unter Berufung auf Berichte von mutmasslich 49 Getöteten und Hunderten Verletzten. Auf welche Berichte sich das UN-Büro für Abrüstung dabei berief, war unklar.

Trump schloss militärische Schritte gegen die syrische Regierung nicht aus. Am Montag sagte er, seine Regierung werde in den nächsten 24 bis 48 Stunden eine Entscheidung über die Reaktion der USA treffen. Er erklärte, dass alle Optionen in Betracht gezogen würden.

In den USA entbrannte daraufhin eine Debatte über die rechtlichen Grundlagen für ein mögliches militärisches Eingreifen. Mehrere US-Senatoren beider grosser Parteien meldeten sich zu Wort. Die republikanische Seite vertrat mehrheitlich die Ansicht, Präsident Trump habe die Legitimation für einen limitierten Angriff. Die meisten Demokraten erklärten, dies wäre ein Gesetzesbruch.

Trump schliesst militärische Schritte gegen die syrische Regierung nicht aus. Die Luftraumüberwachung Eurocontrol hat bereits vor Luftangriffen in Syrien sowie der Einsatz von Raketen und Marschflugkörpern gewarnt. Der Zerstörer USS Donald Cook hat solche an Board und steuert auf die syrische Küste zu. (Archivbild)
Trump schliesst militärische Schritte gegen die syrische Regierung nicht aus. Die Luftraumüberwachung Eurocontrol hat bereits vor Luftangriffen in Syrien sowie der Einsatz von Raketen und Marschflugkörpern gewarnt. Der Zerstörer USS Donald Cook hat solche an Board und steuert auf die syrische Küste zu. (Archivbild)
Keystone

Auch Macron drohte mit «gezielten Schlägen»

Das Weisse Haus sagte eine für Ende der Woche geplante Reise des Präsidenten nach Peru und Kolumbien ab. Trump bleibe in den Vereinigten Staaten, um sich um die Reaktion der USA auf den mutmasslichen Giftgasangriff zu kümmern, teilte seine Sprecherin Sarah Sanders mit. Stattdessen werde Vizepräsident Mike Pence nach Südamerika reisen.

Trump telefonierte wegen der Krise erneut mit Macron. Dabei bekräftigten beide ihren Wunsch nach einer entschlossenen Reaktion der internationalen Gemeinschaft, wie der Élyséepalast mitteilte. Trump telefonierte auch mit Grossbritanniens Premierministerin Theresa May. Die beiden hätten sich darauf geeinigt, dass es keine weiteren Einsätze chemischer Waffen in Syrien geben dürfe, hiess es aus dem Weissen Haus.

Macron hatte bereits im März den tödlichen Einsatz von Chemiewaffen als «rote Linie» bezeichnet und mit «gezielten Schlägen» gedroht, falls Beweise für einen solchen Fall vorliegen. Trump sprach am Montag von einer «heftigen» Reaktion seiner Regierung.

Angriffe innerhalb der nächsten 72 Stunden?

Angesichts der Spannungen vor einem möglichen Militäreinsatz der USA und anderer Staaten gegen Syrien hat die Luftraumüberwachung Eurocontrol alle Airlines auf mögliche Probleme im östlichen Mittelmeer hingewiesen. In der am Dienstag veröffentlichten Warnung hiess es, dass «innerhalb der nächsten 72 Stunden» Luftangriffe in Syrien sowie der Einsatz von Raketen und Marschflugkörpern möglich seien.

UN-Mitarbeiter in Syrien konnten die Berichte über den Angriff bislang nicht bestätigen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden in den vergangenen Tagen in der Region Menschen mit Atembeschwerden behandelt. Ob diese durch chemische Waffen ausgelöst wurden, könnten die Mitarbeiter im Land aber nicht beurteilen, sagte WHO-Sprecherin Fadela Chaib in Genf.

Die UN-Mitarbeiter seien selbst nicht in der betroffenen Region, betonte ein Sprecher des UN-Nothilfebüros. Das Gebiet Ost-Ghuta sei nach wie vor belagert, UN-Mitarbeiter hätten ausser bei den selten erlaubten Konvois mit Hilfslieferungen keinen Zugang. Die Nato verurteilte den Angriff in Duma. «Jeder Einsatz von chemischen Waffen ist inakzeptabel und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden», sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg.

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