Nur einmal dauerte es länger bei einer Regierungsbildung in Finnland länger. Doch nun hat sich ein Vierer-Bündnis auf eine Zusammenarbeit geeinigt. Klar ist: Es gibt einen deutlich konservativeren Kurs.
dpa/tpfi
16.06.2023, 18:23
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Nach langen Koalitionsverhandlungen bekommt Finnland eine neue rechts-konservative Regierung.
Ministerpräsidenten Petteri Orpo hat sich mit der rechtspopulistischen Partei Die Finnen, der Schwedischen Volkspartei und den Christdemokraten auf eine Zusammenarbeit geeinigt.
Die Regierung kündigt unter anderem eine schärfere Einwanderungspolitik an.
Finnland rückt mit einer neuen Regierung deutlich nach rechts. Ein Mitte-Rechts-Bündnis aus vier Parteien unter dem konservativen designierten Ministerpräsidenten Petteri Orpo kündigte in Helsinki unter anderem eine schärfere Einwanderungspolitik an. Zuvor hatte Orpos Nationale Sammlungspartei sich nach wochenlangen Verhandlungen mit der rechtspopulistischen Partei Die Finnen, der Schwedischen Volkspartei und den Christdemokraten auf eine Zusammenarbeit geeinigt. Orpo löst damit die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Sanna Marin ab. Die Parteien wollen die Abmachung am Wochenende absegnen.
Ziel seiner Regierung sei «ein starkes und fürsorgliches Finnland», sagte Orpo. «Wenn Finnland stark ist, wird Finnland in der Lage sein, sich um die Grundbedürfnisse seiner Bürger und die Sicherheit Finnlands zu kümmern.» Die Nationale Sammlungspartei war bei der Parlamentswahl Anfang April stärkste Kraft vor den Rechtspopulisten und Marins Sozialdemokraten geworden. Die populäre Regierungschefin räumte ihre Niederlage ein.
«Paradigmenwechsel» bei der Migration
Finnen-Chefin Riikka Purra kündigte einen «Paradigmenwechsel» bei der Migration an. So sollen Aufenthaltsgenehmigungen befristet und auf das EU-Minimum reduziert werden. Die Familienzusammenführung wird ebenso verschärft wie die Bedingungen für die Gewährung von Asyl. Die Flüchtlingsquote sinkt auf 500. Purra zufolge soll zudem die Einwanderung von Fachkräften stärker kontrolliert werden.
«Die Regierung wird umfassende Reformen bei sozialer Sicherheit und im Arbeitsmarkt durchführen, damit es einfacher und profitabler wird, eine Anstellung zu finden oder als Unternehmer zu arbeiten», hiess es in einer Mitteilung. Oppositionsparteien und Gewerkschaften kritisierten, das Bündnis wolle die Rechte von Arbeitnehmern schwächen. So plant die künftige Regierung, das Arbeitslosengeld zu kürzen, Entlassungen zu vereinfachen, das Streikrecht zu verschärfen und die Lohnfortzahlung für den ersten Krankheitstag zu streichen.
Die Einkommensteuer soll während der Legislaturperiode um eine halbe Milliarde Euro sinken, um Gering- und Mittelverdiener zu entlasten. Finanziert werden soll dies mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer für viele Produkte und Dienstleistungen von 10 Prozent auf 14 Prozent. Dazu zählen Arzneimittel, Filmvorführungen, Kultur- und Unterhaltungsveranstaltungen sowie Beherbergungsleistungen.
Rechtspopulisten erhalten sieben Ministerposten
Die Finnen erhalten sieben Kabinettsposten und damit nur einen weniger als Orpos Nationale Sammlungspartei. Parteichefin Purra könnte Berichten zufolge das Finanzministerium übernehmen. Zudem erhalten die Rechtspopulisten, die bisher keine Regierungserfahrung haben, auch das Innen- und das Justizministerium. Die Schwedische Volkspartei entsendet zwei Minister, die Christdemokraten bekommen einen Posten im Kabinett. Zudem teilen sich die kleineren Koalitionspartner das Ministerium für Sport und Jugend – jede Partei stellt für zweieinhalb Jahre den Ressortchef.
Seit Anfang Mai liefen die Verhandlungen über eine Mitte-Rechts-Koalition. Für finnische Verhältnisse zog sich die Regierungsbildung deutlich länger hin als üblich. Länger dauerte sie nach einem Bericht des finnischen Rundfunks nur ein einziges Mal: Anfang der 1950er Jahre waren es 79 Tage. Ein Grund war die relativ lange Sondierungsphase direkt nach der Wahl, ein anderer, dass es immer wieder Unstimmigkeiten zwischen den Parteien gab.