Menschenrechtslage Nordkorea bestraft Widerspruch mit Folter und Hinrichtung

von Kim Tong-Hyung, AP

14.6.2018

US-Präsident Trump feiert sich für sein Gipfeltreffen mit Kim Jong Un und lobt den nordkoreanischen Machthaber. Für die Menschenrechte in Nordkorea bleibt nur eine Randnotiz.

«Kein Regime unterdrückt seine Bürger so total und brutal wie die grausame Diktatur in Nordkorea.» Das hat US-Präsident Donald Trump Ende Januar in seiner Rede zur Lage der Nation gesagt. Nach seinem Gipfeltreffen mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un, dem er eine «grossartige Persönlichkeit» zuschrieb, will er davon nichts mehr hören.

«Es ist ruppig», sagte der US-Präsident in einer Pressekonferenz nach dem Gipfel, als er nach der Lage der Menschenrechte in Nordkorea gefragt wurde. «Aber es ist an vielen Orten ruppig. Nicht nur dort.» Damit war das Thema für ihn beendet.

Natürlich hatte kaum ein Beobachter erwartet, dass Trump in seinem Gespräch mit Kim ernsthaft die schweren Menschenrechtsverstösse in Nordkorea ansprechen würde. Mit welcher Nonchalance er über diese Problematik hinwegging, löste aber dennoch Empörung aus.

«Indem die Menschenrechte in der Abschlusserklärung ausgespart wurden, hat die Trump-Regierung Nordkorea praktisch gesagt, dass Menschenrechte keine US-Priorität haben», erklärt Phil Robertson, stellvertretender Direktor der Organisation Human Rights Watch in Asien. Für die Nordkoreaner bedeute das weiterhin öffentliche Hinrichtungen, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und brutale Strafen für drei Generationen einer Familie, wenn ein Verwandter einen Verstoss begehe. Bürger- oder politische Rechte gebe es nicht. Dafür fehle es an Lebensmitteln, Wohnungen, Bildung und medizinischer Versorgung.

In seiner Rede vor dem Kongress im Januar hatte Trump einen «verdorbenen Charakter» von Kims Führung verurteilt. Um seine Einschätzung zu untermauern, deutete er auf Angehörige von Otto Warmbier, einem amerikanischen Gefangenen, der mit schweren Verletzungen aus Nordkorea zurückkehrte und kurz danach in den USA starb. Wie dem jungen Mann ergeht es Regierungskritikern und Aktivisten in Nordkorea noch immer.

Gefangenenlager

Nordkorea betreibt nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen und Geheimdiensten grosse Gefangenenlager für Menschen, denen politische Straftaten vorgeworfen werden. Sie werden ohne Prozess inhaftiert, häufig ohne dass ihre Familien von ihrem Schicksal erfahren. Das südkoreanische Institut für Nationale Wiedervereinigung geht davon aus, dass im Jahr 2013 bis zu 120 000 Menschen in fünf Lagern gefangen gehalten wurden. Sie werden beispielsweise beschuldigt, die nordkoreanische Führung beleidigt oder einen Fluchtversuch in den Süden unternommen zu haben.

Die Beobachter beschreiben die Zustände in den Lagern als entsetzlich. Die Menschen seien Zwangsarbeit, Folter und Vergewaltigungen ausgesetzt. Wer Befehle missachte, werde hingerichtet, oft öffentlich, erklärte das Institut.

Die Vereinten Nationen kamen in einem Bericht zu dem Schluss, dass die Zahl der Todesopfer durch eine fehlende medizinische Versorgung und häufige Arbeitsunfälle noch weiter steigt. Der nordkoreanische Sicherheitsapparat benutze Überwachung, Zwang, Angst und Strafe, um jeglichen Widerspruch schon im Voraus zu unterrücken, hiess es in dem UN-Bericht.

Hinrichtungen

Seit seiner Machtübernahme 2011 hat Kim Jong Un seine Macht brutal konsolidiert. Der neue Machthaber setzte auf eine Terrorherrschaft, wie Kritiker es beschreiben, und liess mehrere Mitglieder der alten Garde hinrichten. Dazu gehörten sein Onkel Jang Seong Thaek, der wegen Verrats verurteilt wurde, und ranghohe Regierungsmitarbeiter, denen Beleidigung der neuen Führung vorgeworfen wurde. Kim Jong Un wird auch vorgeworfen, hinter der Ermordung seines Halbbruders Kim Jong Nam zu stecken, der vergangenes Jahr auf einem Flughafen in Malaysia mit einem Nervengift getötet wurde.

Die südkoreanische Regierung erklärte 2016, Kim habe die Hinrichtung des stellvertretenden Ministerpräsidenten Kim Yong Jin angeordnet. Er war beschuldigt worden, während einer Parlamentssitzung «respektlos» auf seinem Stuhl gesessen zu haben. Der südkoreanische Geheimdienst meldete 2015, der Machthaber habe seinen Verteidigungschef Hyon Yong Chol auf einem militärischen Schiessstand mit einem Flakgeschütz vor Hunderten Zuschauern hinrichten lassen. Hyon habe sich zuvor über Kims Führung beklagt.

Die Gefangenen

Nordkorea hat Tausende Südkoreaner und andere Ausländer entführt, um sie als Spione oder Propagandawerkzeuge einzusetzen. Manchmal dienen sie auch als politisches Faustpfand, um im Ausland Zugeständnisse zu erpressen.

Unter den Entführten sind südkoreanische Regierungsmitarbeiter, Studenten und Fischer, aber auch Japaner. Die meisten wurden zwischen den 50er und 70er Jahren verschleppt. In jüngster Zeit werden dagegen verstärkt südkoreanische Aktivisten inhaftiert, viele von ihnen evangelikale Christen, die Nordkoreanern bei der Flucht helfen und Bibeln in den Norden schmuggeln sollen.

Vor dem Treffen mit Trump liess Nordkorea drei amerikanische Häftlinge frei - eine Geste des guten Willens. Otto Warmbier kam dagegen im vergangenen Jahr erst frei, nachdem er ins Koma gefallen war. Nach seinem Tod in einem US-Krankenhaus präsentierte sich Nordkorea als das «grösste Opfer» des Falls und bestritt jegliche Folter des Häftlings. Der Student war zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt worden, weil er ein Propaganda-Plakat gestohlen haben soll.

Nach dem Koreakrieg von 1950 bis 1953 verschleppte Nordkorea nach Angaben der südkoreanischen Behörden mindestens 3853 Südkoreaner. Die meisten kamen frei oder ihnen gelang die Flucht zurück in den Süden. Bis 2015 blieben allerdings 516 Menschen verschwunden. Es ist unklar, ob sie noch am Leben sind.

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