Nach Kriegsschiff-Panne Experte: «Nordkorea wird wohl einige seiner besten Ingenieure verlieren»

tgab

24.5.2025

Ein von Maxar Technologies zur Verfügung gestelltes Satellitenbild zeigt den umgekippten nordkoreanischen Zerstörer im Hafen nach seinem Debakel beim Stapellauf in Chongjin, Nordkorea, am 23. Mai 2025.
Ein von Maxar Technologies zur Verfügung gestelltes Satellitenbild zeigt den umgekippten nordkoreanischen Zerstörer im Hafen nach seinem Debakel beim Stapellauf in Chongjin, Nordkorea, am 23. Mai 2025.
KEYSTONE

Ein nordkoreanisches Kriegsschiff kentert beim Stapellauf – eine Blamage, die Diktator Kim Jong-un persönlich nimmt. Schadenfreude ist jedoch nicht angebracht. Experten warnen davor, das Missgeschick falsch zu verstehen.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Ein nordkoreanisches Kriegsschiff ist beim Stapellauf unter den Augen von Diktator Kim Jong-un gekentert, was die staatliche Nachrichtenagentur KCNA ungewöhnlich offen kommuniziert hat.
  • Kim Jong-un bezeichnete den Vorfall als «kriminellen Akt» und veranlasste erste Verhaftungen von vermeintlich Verantwortlichen.
  • Das Debakel sage jedoch nichts über die Wehrhaftigkeit des Regimes aus, weisen Experten hin, und warnen vor Schadenfreude.

Die Einweihung des jüngsten 5000-Tonnen-Zerstörers letzten Mittwoch in Anwesenheit von Diktator Kim Jong-un war eigentlich als Demonstration nordkoreanischer Stärke gedacht. Und dann ging alles schief. Beim Stapellauf blieb der Bug an einem Gestell hängen, das mächtige Schiff kippte zur Seite anstatt aufrecht ins Hafenbecken von Chongjin zu rutschen. Auf Satellitenbildern ist deutlich zu sehen, wie das schwere Kriegsschiff halb im Wasser liegt, abgedeckt mit einer blauen Plane.

Kim Jong-un war nicht glücklich über den Vorfall, zumal die ganze Welt die Blamage begutachten kann. Der Diktator sprach von einer unverzeihlichen Straftat gegen den Staat. Schnell standen für ihn die Schuldigen fest. Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA meldet erste Verhaftungen.  Zur Verantwortung zu ziehen seien demnach Amtsträger der Abteilung für Rüstungsindustrie in der Arbeiterpartei, der Staatlichen Akademie der Wissenschaften, des Zentralen Schiffsbauinstituts und der Chongjin-Werft.

«Binnen eines Augenblicks» habe der Vorfall «die Würde und den Stolz unserer Nation beschädigt», sagte Kim. Unterschätzen sollte man das Regime jedoch nicht.

Nordkoreas Militär ist nicht schlecht gerüstet

Der US-amerikanische Militärgeheimdienst DIA hat in seiner neuesten Gefahreneinschätzung kürzlich erneut berichtet, dass sich Nordkorea in der strategisch stärksten Position seit Jahrzehnten befinde. Das Land verfüge über Waffensysteme, die eine Bedrohung für US-Streitkräfte sowie deren Verbündete in Nordostasien darstellen. Zudem wachse das nordkoreanische Atomwaffenarsenal weiter. Sanktionen umgehe das Regime, indem es – häufig mit Unterstützung aus Russland und China – auf illegale Weise Güter beschaffe, die im eigenen Land nicht verfügbar sind.

Dass man von der verunglückten Schiffstaufe nicht auf eine schwächelnde Wehrhaftigkeit des Regimes schliessen sollte, demonstrierte Nordkorea ziemlich eindeutig schon wenige Stunden nach dem Debakel: Das südkoreanische Militär meldete den Abschuss mehrerer Test-Marschflugkörper aus dem Nachbarland. Auch die ausführliche Berichterstattung der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA darf man als Warnung verstehen. Das Land zeige damit, dass es die Modernisierung seiner Seestreitkräfte vorantreibt, so die Meinung von Experten.

Nordkorea-Experte Andrei Lankov von der Kookmin-Universität hält Kims Unmut und die ausführliche Berichterstattung für bemerkenswert. In einem Beitrag für das südkoreanische Fachportal «NK News» erklärt er: «Das dürfte ein Hinweis darauf sein, dass Nordkorea einige seiner fähigsten Marine-Ingenieure verlieren wird.»