EuropaPolit-Neuling wird neuer Präsident Montenegros – Ära Djukanovic endet
SDA
2.4.2023 - 23:15
Der Kandidat der neuen Partei «Europa Jetzt!», Jakov Milatovic, hat die Präsidentenwahl in Montenegro klar gewonnen. Der vom proserbischen Lager unterstützte Polit-Neuling brachte bei der Stichwahl am Sonntag nach Angaben von Wahlforschern 59 bis 60 Prozent der Wähler hinter sich. Der prowestliche Amtsinhaber Milo Djukanovic musste sich demnach mit 40 bis 41 Prozent der Stimmen begnügen.
02.04.2023, 23:15
SDA
In Montenegro geht damit eine mehr als drei Jahrzehnte währende Ära zu Ende, in der Djukanovic über weite Strecken die Politik des kleinen Balkanlandes an der Adria bestimmt hat. Der 61-Jährige hatte die ehemalige jugoslawische Teilrepublik 2006 in die Unabhängigkeit und 2017 in die Nato geführt. Zugleich war seine Herrschaft immer wieder auch von Korruption, Vetternwirtschaft und Nähe zum organisierten Verbrechen überschattet.
Der abgewählte Präsident gratulierte noch in der Wahlnacht seinem Nachfolger. «Das Ergebnis ist, wie es ist, und manchmal verliert man auch Wahlen», sagte er vor Anhängern in Podgorica. Die Bewahrung eines zivilen, multi-ethnischen Montenegros bleibe weiterhin seine Berufung.
Milatovic liess sich von Anhängern am Sitz von «Europa Jetzt!» feiern, die in Chören riefen: «Milo (Djukanovic), es ist vorbei!». «Dieser Sieg wird Montenegro verändern», sagte der Wahlsieger. Kriminalität und Korruption werde es in der Politik des Landes nicht mehr geben. Der Weg nach Europa bleibe Priorität.
Der gescheiterte Amtsinhaber war zwar mit den meisten Stimmen aus der ersten Runde vor zwei Wochen in die Stichwahl gegangen, galt aber dennoch nicht als Favorit. Denn seinen Herausforderer Milatovic unterstützte das gesamte proserbische Lager, das in der ersten Runde noch mit mehreren Kandidaten angetreten war. Darunter war auch die offen prorussische und proserbische Demokratische Front (DF). Ihr Vorsitzender Andrija Mandic landete in der ersten Runde auf dem dritten Platz. Während der Anprache von Milatovic in der Wahlnacht stand er unmittelbar neben diesem.
In dem stark polarisierten politischen Klima setzte sich unter der Wählerschaft ein Bedürfnis nach neuen und unverbrauchten Personen durch. Dies begünstigte den 36 Jahre alten Milatovic, der der aus Belgrad gelenkten serbisch-orthodoxen Kirche nahesteht. Er war Wirtschaftsminister in der kurzlebigen proserbischen Regierung, die von Dezember 2020 bis April 2021 amtiert hatte. Nach dem Ende dieses Kabinetts gründete er gemeinsam mit anderen die neue Partei «Europa jetzt!», deren Vizevorsitzender er ist. Die Partei bekennt sich zum angestrebten EU-Beitritt des Landes, steht aber zugleich auch für dessen enge Anbindung an Serbien.
Mit dem Verlust des Präsidentenamtes scheidet Djukanovic aus der letzten Machtposition aus, die ihm noch geblieben war. Denn bereits vor mehr als zwei Jahren war seine DPS-Partei bei der Parlamentswahl einer Koalition aus proserbischen und Reformparteien unterlegen.
Der Präsident, der für fünf Jahre gewählt ist, hat in Montenegro eher nur protokollarische Befugnisse. In Krisenzeiten können diese jedoch eine Aufwertung erfahren. So erwiesen sich die nach 2020 gebildeten, grösstenteils proserbischen Regierungen als instabil. Infolgedessen löste Djukanovic noch drei Tage vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahl das Parlament auf. Zugleich setzte er Neuwahlen für den 11. Juni an.
Der Schritt galt als umstritten. Doch erwies sich die Volksvertretung als unfähig, einen Nachfolger für den im vergangenen August durch ein Misstrauensvotum gestürzten Ministerpräsidenten Dritan Abazovic zu wählen. Dieser amtiert bis heute immer noch an der Spitze einer geschäftsführenden Regierung.
Mit dem Abgang von Djukanovic könnte sich Beobachtern zufolge die aussenpolitische Ausrichtung des Landes ändern, da die proserbischen Kräfte auch bei der Parlamentswahl im Juni dominieren dürften. In der Zeit vor 2020 war Montenegro unter den Westbalkan-Staaten ein Vorreiter bei der EU-Annäherung. Künftige, proserbische Koalitionen würden sich von der EU wohl nicht abwenden. Zugleich könnten sie aber die EU-Integration durch eine stärkere Anbindung an das reformunwillige Nachbarland Serbien verlangsamen.
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