Die politischen Kräfte im Irak haben sich darauf verständigt, den durch die Proteste stark unter Druck geratenen Regierungschef Abdel Mahdi zu stützen und entschieden gegen die Protestbewegung vorzugehen. Am Samstag schossen Sicherheitskräfte mit scharfer Munition. Mehrere Menschen wurden getötet.
«Irak den Irakern und nicht den iranischen Parteien und ihren Ausläufern» steht auf dem Transparent in Bagdad mit dem Bild des iranischen geistlichen Oberhaupts Ayatollah Ali Chamenei.
Politik einigt sich auf Ende der Proteste
Die politischen Kräfte im Irak haben sich darauf verständigt, den durch die Proteste stark unter Druck geratenen Regierungschef Abdel Mahdi zu stützen und entschieden gegen die Protestbewegung vorzugehen. Am Samstag schossen Sicherheitskräfte mit scharfer Munition. Mehrere Menschen wurden getötet.
«Irak den Irakern und nicht den iranischen Parteien und ihren Ausläufern» steht auf dem Transparent in Bagdad mit dem Bild des iranischen geistlichen Oberhaupts Ayatollah Ali Chamenei.
Nach der Einigung der politisch führenden Kräfte im Irak auf ein entschiedenes Vorgehen gegen die Protestbewegung sind bei neuen Zusammenstössen mit Sicherheitskräften mindestens sieben Demonstranten getötet worden.
Vier Protestteilnehmer kamen am Samstag in der Hauptstadt Bagdad ums Leben, im südlichen Basra wurden drei Demonstranten getötet. Zuvor hatten sich die wichtigen politischen Akteure nach Angaben aus Verhandlungskreisen hinter den umstrittenen Ministerpräsidenten Adel Abdel Mahdi gestellt und einem Vorgehen gegen die Protestbewegung «mit allen Mitteln» zugestimmt.
Teile Bagdads glichen am Samstag einem Schlachtfeld. Drei Demonstranten seien beim zentralen Protestlager auf dem Tahrir-Platz durch Schüsse getötet, ein weiterer von einer Tränengas-Granate im Gesicht getroffen worden, erklärten Sicherheitskräfte und Mediziner. Ein Arzt sagte der Nachrichtenagentur AFP, er habe Schüsse mit scharfer Munition gehört, als sich die Einsatzkräfte näherten.
Wenige Stunden zuvor hatten Sicherheitskräfte unter massivem Einsatz von Tränengas die Kontrolle über die Tigris-Brücken Al-Sinek, Al-Schuhada und Al-Ahrar zurückerobert, wie AFP-Reporter berichteten. Die drei Brücken verbanden die Protestlager am östlichen Tigrisufer mit dem westlichen Flussufer, wo Regierungsstellen und ausländische Botschaften ihren Sitz haben.
Vorwürfe gegen den Iran
Die Al-Sinek-Brücke war bisher die wichtigste Verbindung der Demonstranten zur Botschaft des Iran. Teile der Protestbewegung werfen dem Nachbarland vor, die Regierung in Bagdad zu stützen, der sie Korruption vorwerfen. Die Brücken Al-Ahrar und Al-Schuhada führen zum Büro des Ministerpräsidenten und der Zentrale des Staatsfernsehens.
Weiter besetzt hielten Demonstranten zunächst die Al-Dschumhuriyah-Brücke. Bei der «Brücke der Republik» handelt es sich um die am südlichsten gelegene Brücke in der irakischen Hauptstadt. Sie liegt Tahrir-Platz am nächsten. In die andere Richtung führt sie in die sogenannte grüne Zone, wo unter anderem die britische und die US-Botschaft liegen.
Auch im Süden des Landes gingen Sicherheitskräfte mit Gewalt gegen Demonstranten vor. In Kerbela blieb von den Zelten kampierender Demonstranten nichts als Asche übrig, nachdem die Sicherheitskräfte Tränengas auf das Lager gefeuert hatten.
In Basra lösten Sicherheitskräfte ein Protestlager auf. Nach Angaben von Ärzten wurden bei dem Einsatz drei Menschen getötet und dutzende weitere verletzt. Sicherheitskräfte nahmen jeden fest, der die Strasse betrat.
Druck durch iranischen Kommandanten
Nach tagelangen Gesprächen hatten sich die lange zerstrittenen politischen Kräfte des Irak darauf verständigt, den durch die Proteste stark unter Druck geratenen Regierungschef Abdel Mahdi zu stützen. Sie einigten sich nach Angaben hochrangiger Politiker auf die Notwendigkeit von Reformen und auf die Beendigung der Protestbewegung.
Der mächtige Kommandant der iranischen Al-Kuds-Kräfte, Kassem Soleimani, habe bei Gesprächen in Nadschaf zwei wichtige Unterstützer für die Mahdi-Regierung gewonnen, hiess es aus informierten Kreisen. Dabei handle es sich um den populistischen Prediger und Politiker Moktada al-Sadr und den Sohn des Grossayatollahs Ali al-Sistani, Mohammed Reda Sitan.
Daraufhin hätten die politischen Kräfte der Regierung freie Hand für die Beendigung der Proteste «mit allen Mitteln» gegeben. Sie hätten sich zudem auf Reformen verständigt, die noch am Samstagabend im irakischen Parlament diskutiert werden sollten.
Al-Sistani distanziert sich von Deal
Al-Sadr hatte seit Anfang Oktober den Rücktritt der Regierung Abdel Mahdis gefordert. Grossayatollah al-Sistani dementierte, er sei Teil eines Abkommens zur Unterstützung der Regierung und Beendigung der Demonstrationen.
In Bagdad und mehreren südirakischen Städten hatte sich Anfang Oktober eine Protestbewegung gegen die Korruption und hohe Arbeitslosigkeit im Land formiert. Trotz der Gewalteskalation und nächtlichen Ausgangssperren gehen die Iraker weiterhin auf die Strasse und fordern mittlerweile den Sturz der Regierung.
Gemäss einer AFP-Zählung wurden seit Beginn der Proteste am 1. Oktober bereits fast 300 Menschen getötet. Die Regierung hat zuletzt keine aktuellen Zahlen mehr zu den Todesopfern veröffentlicht.
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