Belarus Präsidentenkandidatin in Belarus: «Wir wollen keinen Krieg»

DPA/jka

5.8.2020 - 12:15

Swetlana Tichanowskaja, Kandidatin bei der Präsidentenwahl in Belarus und Ehefrau des prominenten inhaftierten Bloggers Tichanowski, streckt bei einem Wahlkampfauftritt die Faust in die Luft. Foto: Sergei Grits/AP/dpa
Swetlana Tichanowskaja, Kandidatin bei der Präsidentenwahl in Belarus und Ehefrau des prominenten inhaftierten Bloggers Tichanowski, streckt bei einem Wahlkampfauftritt die Faust in die Luft. Foto: Sergei Grits/AP/dpa
Source: Keystone/AP/Sergei Grits

Wenige Tage vor der Präsidentenwahl in Weissrussland ruft die schärfste Herausforderin von Staatschef Alexander Lukaschenko Deutschland zur Mithilfe für eine faire Abstimmung auf.

«Frau Merkel, setzen Sie sich mit Lukaschenko in Verbindung. Sagen Sie ihm, dass wir keinen Krieg wollen», appellierte Swetlana Tichanowskaja an die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Die 37 Jahre alte Präsidentschaftskandidatin Tichanowskaja sagte gegenüber der «Bild»-Zeitung zudem: «Alles, was wir wollen, sind faire Wahlen.» Ihr Land habe es satt, von «diesem Diktator» regiert zu werden. «Wir sind müde.»

Der amtierende Staatschef Alexander Lukaschenko will sich am Sonntag für eine sechste Amtszeit wählen lassen. Der 65-Jährige regiert die zwischen Russland und Polen gelegene Ex-Sowjetrepublik seit 26 Jahren mit harter Hand. Im Wahlkampf ging er wie in den Jahren zuvor gegen Kritiker vor. Bei Demonstrationen gab es Hunderte Festnahmen. Lukaschenko wird oft als der «letzte Diktator» Europas bezeichnet.

Tichanowskaja ist als einzige Oppositionelle zur Wahl zugelassen worden. Sie trat anstelle ihres inhaftierten Ehemannes Sergej Tichanowski an, der ein populärer Blogger ist.

Hauptwahltag ist am Sonntag

Die Abstimmung begann bereits am Dienstag. Am ersten Tag stimmten nach Angaben der Behörden vom Mittwoch bereits fünf Prozent der Wahlberechtigten ab. Rund 6,8 Millionen Wähler können zwischen insgesamt fünf Bewerbern auswählen.

Tichanowskaja hatte ihre Anhänger mit Blick auf mögliche Wahlfälschungen zugunsten Lukaschenkos zur Stimmabgabe erst am Hauptwahltag, am Sonntag, aufgerufen.

In der Vergangenheit hatten internationale Wahlbeobachter die Abstimmungen in Belarus stets als undemokratisch kritisiert. Die unabhängige Initiative namens «Ehrliche Leute» schlug zuletzt vor, Wahllokale mit Videokameras auszustatten, um so Manipulationen aufzudecken. Die Wahlkommission lehnte dies Medien zufolge aber ab.

Tichanowskaja will alle politischen Gefangenen entlassen

Tichanowskaja gestand ein, sich vor Lukaschenko zu fürchten. «Ich sehe, was er bereit ist, zu tun, um an der Macht zu bleiben. Ich habe Angst, wenn ich auf die Strasse gehe, wenn ich auf dem Podium stehe.» Angst sei ein ständiger Begleiter. Die Präsidentschaftskandidatin will im Fall eines Sieges alle politischen Gefangenen freilassen und eine Neuwahl ansetzen.

Der Präsident hatte gestern Dienstag in einer Rede erneut vor Putschversuchen in seinem Land und einem «Massaker mitten in Minsk» gewarnt. Er drohte mehrfach damit, jede Revolution zu verhindern.

Am Dienstagabend rief er nach Angaben der Staatsagentur Belta die Sicherheitskräfte auf, bei der Abstimmung für «Recht und Ordnung» zu sorgen: «Auf Bedrohungen, Beleidigungen und sonstige Gewalt sollte man sofort und hart reagieren.»

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Wesna gab es am Dienstag bei Kundgebungen in zwei Städten des Landes etwa 20 Festnahmen, die zu einem Auftritt von Tichanowskaja gehen wollten.

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