Ukraine-KriseBiden droht Putin bei Video-Gipfel mit Konsequenzen
sda/dpa/toko
7.12.2021 - 19:55
US-Präsident Joe Biden hat beim Videogipfel mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin nach Angaben des Weissen Hauses im Falle einer Eskalation im Ukraine-Konflikt mit Konsequenzen gedroht.
Keystone-SDA, sda/dpa/toko
07.12.2021, 19:55
07.12.2021, 20:09
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US-Präsident Joe Biden hat beim Videogipfel mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin nach Angaben des Weissen Hauses im Falle einer Eskalation im Ukraine-Konflikt mit Konsequenzen gedroht. Das Weisse Haus teilte nach dem gut zweistündigen Gespräch am Dienstag mit, Biden habe «die tiefe Besorgnis der Vereinigten Staaten und unserer europäischen Verbündeten» über die Ukraine-Krise zum Ausdruck gebracht. Er habe zugleich deutlich gemacht, «dass die USA und unsere Verbündeten im Falle einer militärischen Eskalation mit starken wirtschaftlichen und anderen Massnahmen reagieren würden».
Weiter teilte das Weisse Haus mit, Biden habe seine Unterstützung für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine bekräftigt. Er habe zur Deeskalation und zur Rückkehr zur Diplomatie aufgerufen.
Nach seinem Gespräch mit Putin wollte Biden sich mit der scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Boris Johnson und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi beraten, wie das Weisse Haus mitteilte. Bei einem Gespräch am Vortag hätten die Verbündeten bereits vereinbart, «eng miteinander in Kontakt zu bleiben, um ein koordiniertes und umfassendes Konzept als Reaktion auf Russlands militärisches Aufrüsten an den Grenzen der Ukraine zu entwickeln».
Schon vor Bidens Schalte mit Putin hatten die USA der Regierung in Moskau im Fall einer militärischen Eskalation im Ukraine-Konflikt mit schwerwiegenden Konsequenzen gedroht. Die Kosten würden sehr hoch ausfallen, «sollte Russland sich für ein solches Vorgehen entscheiden», sagte ein US-Regierungsvertreter. Dann müsse Putin mit «erheblichen wirtschaftlichen Gegenmassnahmen sowohl der Europäer als auch der Vereinigten Staaten» rechnen.
Die Nato ist alarmiert wegen Berichten über mutmassliche Angriffspläne Russlands auf die Ukraine. Moskau hingegen weist den Vorwurf der Aggression zurück und beschuldigt im Gegenzug die Ukraine, mehr als 120 000 Soldaten an die Linie zu den ostukrainischen Separatistenregionen Donezk und Luhansk verlegt zu haben.
Während das Weisse Haus zunächst keine TV-Bilder von dem Gipfel verbreitete, zeigte das russische Staatsfernsehen Putin am Dienstag an seinem Schreibtisch vor einem Bildschirm. «Gut, Sie wieder zu sehen», sagte Biden zur Begrüssung. Leider sei der Kremlchef Ende Oktober nicht beim G20-Gipfel in Rom gewesen. Nächstes Mal wolle er Putin wieder persönlich treffen, sagte der US-Präsident.
Von dem Gipfel seien keine «Durchbrüche» zu erwarten, hatte Kremlsprecher Dmitri Peskow betont. Es handele sich um «ein Arbeitsgespräch in einer sehr schwierigen Zeit». Wenige Stunden vor der Schalte, die demnach über eine besonders geschützte und abhörsichere Leitung geführt wurde, waren mit Blick auf die Ukraine zudem noch einmal warnende Worte aus Moskau gekommen.
«Russland hat nicht vor, irgendjemanden anzugreifen, aber wir haben unsere Befürchtungen und unsere «roten Linien"», sagte Peskow vor dem Videogipfel. In der vergangenen Woche hatte Putin erklärt, dass etwa die Verlegung von militärischer Nato-Infrastruktur in die Ukraine aus russischer Sicht eine solche «rote Linie» darstellen könnte. Der Kremlchef sprach sich für ein schriftlich vereinbartes Ende der Nato-Osterweiterung aus.
Der designierte deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich besorgt über den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa setzten Prinzipien voraus, die in der Entspannungspolitik ausgehandelt worden seien und bis heute fortwirkten, mahnte Scholz. «Dazu gehört die Unverletzlichkeit und Unverletzbarkeit der Grenzen.»
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen drohte Moskau mit weiteren Sanktionen. Die Europäische Union werde auf weitere Aggressionen Moskaus regieren, sagte sie. Bestehende Sanktionsregime könnten erweitert oder neue Strafmassnahmen ergriffen werden. Sie wolle noch einmal «die uneingeschränkte und unerschütterliche Unterstützung der EU für die Ukraine» unterstreichen. Derzeit seien es Russlands bewusste Entscheidungen und aggressive Handlungen, die die Sicherheit Europas weiter destabilisierten.
Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow warnte in einem Interview des US-Senders CNN, dass ein russischer Einmarsch in die Ukraine ein «wirklich blutiges Massaker» bedeuten würde. Moskau wiederum forderte von Kiew eine Garantie, die von den prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete im Donbass nicht anzugreifen. Im Falle eines Angriffs durch die Ukraine sähe Russlands Militärdoktrin klar einen Einmarsch vor – weil im Donbass auch viele russische Staatsbürger leben.