Flieger voll Bargeld Putins Armee geht auf heimliche Shoppingtour

Von Andreas Fischer

9.11.2022

Selenskyj: Iran lügt bei Angaben zu Drohnenlieferungen an Russland

Selenskyj: Iran lügt bei Angaben zu Drohnenlieferungen an Russland

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat dem Iran Lügen bei der Lieferungen von Kampfdrohnen an Russland vorgeworfen. Teheran hatte erklärt, nur wenige Drohnen geliefert zu haben – und das vor Beginn der russischen Invasion in der Ukraine

06.11.2022

Es mangelt an Ausrüstung, die Munition geht zur Neige, und die Sanktionen des Westens wirken: Um seine Soldaten mit dem Nötigsten zu versorgen, muss der Kreml heimlich und unter der Hand einkaufen.

Von Andreas Fischer

Vier Panzer, ein Flugabwehrraketensystem Tor-M2, eine Panzerhaubitze Acacia, zwei Mörser und neun gepanzerte Fahrzeugeinheiten – Putins Generälen kommt regelmässig das militärische Gerät abhanden. Zuletzt meldete die Ukraine die Zerstörung von zwei russischen Munitionsdepots im Süden des Landes mit den vorgenannten Verlusten.

Wie das ukrainische Einsatzkommando Süd am Mittwoch auf Facebook mitteilte, befanden sich die Depots in Snihuriwka in der Region Mykolajiw und in Kostromka im benachbarten Cherson. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Seit Monaten nimmt die ukrainische Armee die russischen Versorgungslinien unter Beschuss, während die Angreifer wenig erfolgreich ihr Material «verbrennen». Das US-Verteidigungsministerium schätzt den Zustand von Putins Armee als desolat ein.

Kreml-Chef Wladimir Putin beim Besuch eines militärischen Ausbildungszentrums in der Region Rjasan. Die russische Armee braucht dringend Munition und Ausrüstung.
Kreml-Chef Wladimir Putin beim Besuch eines militärischen Ausbildungszentrums in der Region Rjasan. Die russische Armee braucht dringend Munition und Ausrüstung.
Mikhail Klimentyev/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

Abenteuerliche Einkaufstour

«Sie haben wahrscheinlich die Hälfte ihrer Kampfpanzer verloren: und zwar der gesamten russischen Streitkräfte», wird Pentagon-Mitarbeiter Colin Kahl von CNN zitiert. Auch der grösste Teil der präzisionsgelenkten Munition in der Ukraine sei mittlerweile verbraucht.

«Die Sanktionen und Exportkontrollen werden es Russland sehr schwer machen, das Militär wieder so aufzubauen, wie es vor dem Krieg aussah», schätzt Kahl ein. Kein Wunder, sucht Putin mittlerweile nach abenteuerlichen Wegen, um Ausrüstung und Munition für Soldaten zu beschaffen. Dabei spielen Kryptotranfers und Flugzeuge voller Bargeld eine Rolle, wie die Denkfabrik Institut For The Study Of War (ISW) schreibt.

Demnach bemühe sich Moskau seit geraumer Zeit, heimlich Munition für den Einsatz in der Ukraine zu beschaffen. Der britische Nachrichtensender Sky News berichtet, dass der Kreml am 20. August 140 Millionen Euro in bar und eine Auswahl erbeuteter NLAW-Panzerabwehrraketen aus britischer Produktion, Javelin-Panzerabwehrraketen aus den USA und eine Stinger-Flugabwehrrakete nach Teheran geflogen hat. Im Gegenzug soll der Iran 160 Shahed-136-Drohnen für den Einsatz in der Ukraine geliefert haben.

Unterwäsche nur gegen Bitcoins

Auch in der Türkei kauft Putin wohl heimlich ein. Die Bezahlung erfolgt dort allerdings nicht in unmarkierten Scheinen, die Spuren sollen vielmehr mit Kryptowährungstransaktionen verwischt werden, berichtet das ukrainische Widerstandszentrum.

Es mangelt dem russischen Militär offenbar an allem: Weil der militärisch-industrielle Komplex in Russland versagt, stehe ein bunter Strauss an Produkten mit doppeltem Verwendungszweck (für militärische und nicht-militärische Zwecke) auf der Einkaufsliste. Dazu gehören Computerchips, Quadcopter, Nachtsichtgeräte und kugelsichere Westen, aber auch Unterwäsche und Schlafsäcke.

Auch die Ukraine braucht neue Munition

Während der Kreml versucht, bei ausländischen Akteuren unter der Hand das Nötigste zusammenzuklauben, gehen der Ukraine die Flugabwehrraketen aus. Zumindest die Bestände aus Sowjetzeiten sollen bald aufgebraucht sein, berichtet die «New York Times». 

Abhilfe sollen moderne Waffensysteme schaffen, die der Ukraine gerade zur Verfügung gestellt worden sind: Das Flugabwehrsystem Nasams könnte sich als besonders nützlich erweisen, weil es nicht nur effektiv grössere Gebiete schützen kann. Die mobile bodengestützte Abschussvorrichtung feuert auch verschiedene vergleichsweise preiswerte Raketen ab über die Kiews Verbündete in grosser Zahl verfügen.