Genf Rassismus, Sexismus und Korruption – Ermittlungen bei der WHO

AP

17.1.2019

Tedros Adhanom Ghebreyesus untersucht Anschuldigungen gegen Mitarbeiter seiner Organisation.
Tedros Adhanom Ghebreyesus untersucht Anschuldigungen gegen Mitarbeiter seiner Organisation.
Bild: Keystone

WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus lässt schwere Vorwürfe gegen Mitarbeiter seiner Organisation untersuchen. Es geht unter anderem um Sexismus.

Tedros Adhanom Ghebreyesus, der Leiter der Weltgesundheitsorganisation WHO, hat interne Ermittlungen zu Vorwürfen von Rassismus, Sexismus und Korruption in der UN-Behörde angeordnet. Er reagierte damit auf eine Serie von anonymen E-Mails mit entsprechenden Beschuldigungen, die im vergangenen Jahr an WHO-Direktoren gesandt wurden.

In drei E-Mails an die Direktoren, die der Nachrichtenagentur AP vorlagen, wurden Beschwerden über «systematische Rassendiskriminierung» gegen afrikanische Mitarbeiter und mutmassliche Fälle anderen Fehlverhaltens erhoben. So soll ein Teil des Geldes, das zur Bekämpfung von Ebola im Kongo bestimmt war, anderweitig verwendet worden sein.

Im Dezember erklärte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus Mitarbeitern, er habe den Leiter des Büros für interne Aufsicht angewiesen, den Vorwürfen nachzugehen. Das bestätigte er der AP am Donnerstag. Die Ermittler hätten seine volle Unterstützung, und falls nötig, werde er weitere Mittel bereitstellen, sagte er. Kritiker bezweifeln allerdings, dass die WHO effektiv gegen sich selbst ermitteln kann und fordern, die Untersuchung zu veröffentlichen.

UN: Sexuelle Belästigung weit verbreitet

Generell ist im UN-System sexuelle Belästigung einer Studie zufolge offenbar weit verbreitet. Ein Drittel der Befragten habe in den vergangenen zwei Jahren mindestens einen Vorfall erlebt, ging aus einer im November vom Beratungsunternehmen Deloitte vorgenommenen Online-Umfrage hervor. Sexuell aufgeladene Witze oder Geschichten gehören demnach zu den häufigsten Formen von Belästigung.

Der Fragebogen ging an das gesamte Personal der Vereinten Nationen und an Zeitarbeitskräfte sowie Auftragnehmer in Einrichtungen auf der ganzen Welt. Doch kamen nur 30'364 Rückmeldungen, was rund 17 Prozent der Befragten entspricht.

Die «mässig geringe» Resonanz deute darauf hin, dass «wir noch immer einen langen Weg vor uns haben, ehe wir über sexuelle Belästigung ganz offen reden können», schrieb UN-Generalsekretär António Guterres in einem Brief an die Belegschaft, der am Mittwoch vorlag.

«Als Vorbild vorangehen»

Laut der Studie haben fast 38,7 Prozent der Befragten im Laufe ihrer Zeit bei den Vereinten Nationen schon einmal sexuelle Belästigung erlebt. Auf das Erzählen anstössiger Geschichten oder Witze folgten demnach beleidigende Äusserungen über die Erscheinung, Körperform und sexuelle Aktivitäten einer Person. Solche Erfahrungen hätten 14,2 Prozent gemacht, hiess es.

Rund 10,1 Prozent hätten von unangenehmen Berührungen berichtet, 9,1 Prozent von unerwünschten Annäherungsversuchen. Und 1,3 Prozent der Teilnehmer meldeten Versuche sexueller Übergriffe oder vollendete Taten wie Vergewaltigung. Die meisten Fälle von Belästigung meldeten Befragte, die sich als Frauen oder Homosexuelle zu erkennen gaben – und junge Mitarbeiter.

UN-Generalsekretär Guterres mahnte mehr Massnahmen zum Schutz dieser Gruppen an. Die UN hätten bereits Untersuchungen verstärkt und eine Datenbank angelegt, die die Wiedereinstellung von Personen verhindern solle, denen sexuelle Belästigung im UN-System vorgeworfen werde. Zwar seien die in der Studie genannten Zahlen mit jenen in anderen Organisationen vergleichbar. Doch «können wir uns nicht mit der Vorstellung trösten, dass wir alle mit dieser Geissel zu kämpfen haben», erklärte Guterres. «Als eine Organisation, die auf Gleichheit, Würde und Menschenrechten gegründet wurde, müssen wir als Vorbild vorangehen und Standards setzen.»

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