Schwedendemokraten vor Rekordergebnis Rechtsradikale Parolen in adrettem Gewand

AFP

7.9.2018

Er kommt von ganz weit rechts und schickt sich an, die Politik im Musterland der europäischen Sozialdemokratie kräftig aufzuwirbeln: Parteichef Jimmie Akesson dürfte seine Schwedendemokraten (SD) bei der Parlamentswahl am Sonntag zu einem Rekordergebnis führen. 

Der smarte 39-Jährige will die rechtsradikale Partei zur stärksten Kraft im Stockholmer Reichstag machen, Umfragen sehen sie auf Platz zwei. Nach Kräften bemüht er sich, die SD von ihren anrüchigen Neonazi-Wurzeln zu distanzieren.

Dass die Partei solche Wurzeln hat, steht ausser Frage. Die Schwedendemokraten wurden 1988 in Malmö gegründet, mit von der Partie waren damals Aktivisten schwedischer Neonazi-Gruppierungen und ein ehemaliges SS-Mitglied. Die Gruppierung hatte enge Verbindungen zur Faschistenvereinigung «Bevara Sverige Svenskt» («Haltet Schweden schwedisch»).

«Ich war immer schon ein Nationalist», sagte Akesson einmal. Muslime bezeichnete er als «grösste äussere Gefahr seit dem Zweiten Weltkrieg». Im derzeitigen Wahlkampf präsentiert er sich als Hardliner gegen Zuwanderung. Seit 2015 kamen mehr als 300'000 Asylbewerber nach Schweden, Berichte über Kriminalität von Migranten sorgen für Verunsicherung.

SD-Parteichef Jimmie Akesson. (Archiv)
SD-Parteichef Jimmie Akesson. (Archiv)
Bild: Keystone

Akesson profitiert davon. Als er 2005 die Parteiführung übernahm, waren die Schwedendemokraten eine rechtsextreme Splittergruppe ohne Mandate im Parlament. Der junge Webdesigner und Studienabbrecher bemühte sich, seine Fremdenfeindlichkeit salonfähig zu machen und die SD auch für solche Wähler wählbar zu machen, die sich nicht als rechtsextrem verstehen.

Rechter Rand im Visier

Im Jahr 2012 verkündete Akesson eine «Null-Toleranz-Politik gegenüber Rassismus und Extremismus», mehrere stramm rechte Parteimitglieder wurden ausgeschlossen. Akessons Kernanliegen sei es, «die Partei normal erscheinen zu lassen», sagt der schwedische Soziologe und Extremismus-Experte Jens Rydgren. «Viele Äusserungen von Parteimitgliedern zeigen aber, dass das noch ein weiter Weg ist.»

Die SD verfolgt im Wahlkampf eine Art Doppelstrategie. Akesson gibt den perfekten Schwiegersohn. Adrett gekleidet, gut frisiert, mit sauber gestutztem Drei-Tage-Bart, wirbt er um die Wähler der rechten Mitte. Seine Parteikollegen nehmen freilich immer noch den rechten Rand ins Visier.

Schwedische Medien berichteten kürzlich, dass mehrere SD-Kandidaten für die bevorstehenden Kommunalwahlen frühere Mitglieder der Neonazi-Gruppe Nationalsozialistische Front (NSF) waren. Rund ein Dutzend Kandidaten wurden daraufhin aus der Partei ausgeschlossen.

Bemerkung über Juden

Und der führende SD-Politiker Björn Söder liess mit der Bemerkung aufhorchen, dass Juden nur dann als Schweden betrachtet werden könnten, wenn sie vollständig assimiliert seien. Akesson fühlte sich durch die Vorfälle im Wahlkampf zu einer Klarstellung veranlasst: «Wer kein Demokrat ist, kann auch kein Schwedendemokrat sein.»

In seiner Parteibiografie gibt es gewisse Ungereimtheiten. Offiziell trat der 1979 geborene Akesson den Schwedendemokraten im Jahr 1995 bei - nachdem der Neonazi-Funktionär Anders Klarström die Parteiführung abgegeben hatte. Schwedische Medien veröffentlichten aber Dokumente, die nahelegen, dass sich Akesson der Partei schon 1994 unter Klarström angeschlossen hat.

Unter Akessons Führung legte die Partei in den vergangenen Jahren einen steilen Aufstieg hin. 2010 führte er sie mit 5,7 Prozent erstmals ins schwedische Parlament. Bei den Parlamentswahlen 2014 kam sie schon auf 12,9 Prozent. Umfragen vor der nächsten Wahl am Sonntag sehen die SD bei rund 20 Prozent.

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