Grossbritannien sucht neuen Premier Nur noch zwei haben Chancen, Johnson zu beerben

DPA, gbi

20.7.2022 - 16:29

Grossbritannien: Sunak und Truss in Stichwahl um Johnson-Nachfolge

Grossbritannien: Sunak und Truss in Stichwahl um Johnson-Nachfolge

PORTRAIT LONG de l'ancien ministre britannique des Finances Rishi Sunak Der frühere Finanzminister Rishi Sunak und Aussenministerin Liz Truss gehen in Grossbritannien in die Stichwahl um die Nachfolge von Premierminister Boris Johnson. Die Wahl des

20.07.2022

Im Rennen um die Nachfolge des britischen Premiers Boris Johnson hat die konservative Fraktion die Finalisten gekürt: Liz Truss und Rishi Sunak kommen in die Stichwahl. Wer auch immer in die Downing Street einzieht, hat es schwer.

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Nach einem teils schmutzigen Wahlkampf um die Nachfolge des scheidenden britischen Premierministers Boris Johnson hat die Tory-Fraktion mit der letzten Abstimmungsrunde begonnen. Aussenministerin Liz Truss und Ex-Finanzminister Rishi Sunak schafften es in die Endrunde.

Das Ergebnis der Stichwahl soll am 5. September verkündet werden. Dann zieht die neue Parteichefin oder der neue Parteichef in den Regierungssitz in der Downing Street ein und übernimmt die Regierungsgeschäfte von Johnson.

Zwar ist der Einzug in die Downing Street bald nur noch einen Schritt entfernt. Doch dürfte ein Sieg nur kurz die Probleme überschatten, die auf «Number 10» zukommen.

Der britische Premierminister Boris Johnson tritt nach einer Reihe von Skandalen zurück.
Der britische Premierminister Boris Johnson tritt nach einer Reihe von Skandalen zurück.
Bild: Justin Tallis/PA Wire/dpa

Vor allem der Druck durch die explodierende Inflation ist immens. Die Teuerungsrate liegt mit 9,4 Prozent auf dem höchsten Stand seit 40 Jahren, für den Herbst wird erneut ein deutlicher Anstieg der Heizkosten erwartet. Das künftige Kabinett wird keine Zeit zum Einarbeiten haben, zumal aktuell keine Entscheidungen mehr getroffen werden. Ausgerechnet inmitten einer Lebenskostenkrise werde Grossbritannien von einer «Zombie-Regierung» geführt, klagte die Vize-Oppositionschefin Angela Rayner von der Labour-Partei.

Noch schwerer wiegen die Sorgen der Partei. Zwar gilt der populistische Charakterkopf Johnson vielen Mitgliedern noch immer als einziger Politiker, der die Tories zu Wahlsiegen führen kann. Die Fraktion habe einen Fehler gemacht, als sie den erst 2019 von der Basis gekürten Johnson absägte, kritisierten mehr als 2000 Mitglieder in einer Petition. Die Forderung: Der 58-Jährige müsse in der Stichwahl ebenfalls auf dem Wahlzettel auftauchen. Das schliessen die Regeln der Partei aus.

Haben gute Chancen, in die letzte Runde vorzudringen: Rishi Sunak (l.) und Elizabeth Truss während einer TV-Debatte.
Haben gute Chancen, in die letzte Runde vorzudringen: Rishi Sunak (l.) und Elizabeth Truss während einer TV-Debatte.
Bild: Jonathan Hordle/ITV/PA Media/dpa

Das Ansehen der Partei ist ramponiert

Doch in den Augen der meisten Britinnen und Briten hat der scheidende Premier das Image der Tories vor die Wand gefahren. Auch viele Parteimitglieder werfen Johnson vor, er habe mit seinen ständigen Lügen und falschen Versprechungen das Vertrauen in die Tories untergraben. In Umfragen liegt die grösste Oppositionspartei Labour in Führung, selbst in ihren Hochburgen erlitten die Konservativen jüngst erhebliche Pleiten.

Im Wahlkampf um die Johnson-Nachfolge hat sich die Partei zudem in beispielloser Weise zerfleischt. Wie schlecht es um den Zusammenhalt bestellt ist, zeigten die TV-Debatten der Bewerber. Die Kandidaten kritisierten sich so scharf, dass die für Dienstagabend geplante Runde abgesagt wurde – aus Angst vor neuen Zerwürfnissen.

So wirft das Umfeld von Johnson, der Aussenministerin Truss bevorzugen soll, Ex-Finanzminister Sunak Verrat vor. Der 42-Jährige habe seine Kandidatur seit Monaten vorbereitet und dann mit seinem Rücktritt Johnsons Sturz eingeleitet. Immer wieder sorgt auch Sunaks Wohlstand für Kritik. Der einst erfolgreiche Banker und Ehemann einer indischen Milliardärstochter habe keine Ahnung, wie es normalen Menschen gehe. «Selbst (Oppositionschef) Sir Keir Starmer (...) kann nicht gegen einen Premier versagen, dessen Energierechnung für seinen Pool alleine drei normale Häuser heizen könnte», höhnte die Kolumnistin Allison Pearson in der konservativen Zeitung «Telegraph».

Aussenministerin Truss gibt sich als Reinkarnation der «Eisernen Lady» Margaret Thatcher. Doch Kritiker werfen der wenig charismatischen 46-Jährigen nicht nur vor, von Inhalten wenig Ahnung zu haben und vielmehr auf Selbstinszenierung durch nachgestellte Thatcher-Fotos zu setzen. Es soll ausserdem ihr Team sein, das die heftigsten Attacken fährt.