Machtkampf Rivale China könnte Biden das Leben schwer machen

AP

23.1.2021 - 14:00

China hat in den vergangenen vier Jahren an Macht hinzugewonnen – dem neuen Mann im Weissen Haus könnte das zu schaffen machen.
China hat in den vergangenen vier Jahren an Macht hinzugewonnen – dem neuen Mann im Weissen Haus könnte das zu schaffen machen.
Bild: Keystone/AP/Mark Schiefelbein

China feiert sich als Sieger über das Coronavirus, die Wirtschaft wächst wieder. In den USA dagegen kämpft der neue Präsident gegen die Pandemie und Probleme an vielen weiteren Fronten. Tauwetter zwischen beiden Staaten ist vorerst nicht in Sicht.

Für Joe Biden könnte es eine der grössten aussenpolitischen Herausforderungen werden: Der neue US-Präsident sieht sich mit einer selbstbewussten chinesischen Führung konfrontiert. Deren Entschlossenheit könnte durch Amerikas Probleme vor der eigenen Haustür stärker werden – von der Corona-Pandemie bis zu den Unruhen am Kapitol vom 6. Januar.

Der regierenden Kommunistischen Partei in China geben solche Wirren weiter Auftrieb in ihrem seit Langem andauernden Bemühen um eine nationale «Verjüngung». Sie will China wieder zur einflussreichen Macht machen, wie es der Volksrepublik aus ihrer Sicht zusteht. Das Verhältnis zu den USA ist zunehmend angespannt.

Für beide Staaten wie auch für den Rest der Welt steht viel auf dem Spiel. Ein Fehltritt könnte unbeabsichtigt einen Konflikt im westlichen Pazifik auslösen, wo Chinas wachsende Flottenpräsenz auf die der USA stösst. Der Handelskrieg unter Expräsident Donald Trump hat Arbeitern und Bauern in beiden Ländern geschadet. Zudem fällt es in globalen Angelegenheiten wie dem Klimawandel schwer, Fortschritte zu erreichen, wenn die zwei grössten Volkswirtschaften der Welt nicht miteinander reden.

Die chinesische Regierung äusserte am Donnerstag die Hoffnung, dass Biden nach der Spaltung unter Trump zu Dialog und Zusammenarbeit zurückkehren werde. «Es ist normal, dass China und die Vereinigten Staaten ein paar Differenzen haben», sagte Aussenamtssprecherin Hua Chunying. «Länder mit verschiedenen Gesellschaftssystemen, kulturellen Hintergründen und Ideologien sollten und können nebeneinander existieren (...) und sich gemeinsam für Frieden und Stabilität und Entwicklung in der Welt einsetzen.»

Stillstand droht

Kurt Tong, ehemaliger US-Diplomat in Asien, rechnet allerdings in den kommenden Jahren mit einem Stillstand, in dem China zum Missfallen der USA seine Linie fortsetzen werde. «Ich denke, es wird eine schwierige Phase sein, es wird einfach mehr Meinungsverschiedenheiten als Übereinstimmungen geben und nicht viele Durchbrüche», erklärt Tong, der inzwischen bei der Washingtoner Beratungsfirma The Asia Group arbeitet.

Ein erstarktes China könnte in Bereichen wie Technologie, Menschenrechte und Gebietsansprüche mit noch mehr Härte auftreten. Analysten ziehen Parallelen zur globalen Finanzkrise von 2008, die China verhältnismässig unbeschadet überstand. Seitdem ist die Aussenpolitik des Landes energischer geworden – vom Territorialstreit im Südchinesischen Meer bis hin zum jüngsten Einsatz von Twitter gegen Kritiker. Der relative Erfolg Chinas bei der Eindämmung der Pandemie könnte diesen Trend weiter befeuern.

Zugleich haben sich auch die USA bewegt. Republikaner und Demokraten sind sich weitgehend darin einig, China als Konkurrenten zu behandeln und einen harten Kurs zu fahren – auch wenn sie mit Trumps Umsetzung nicht immer einverstanden waren. Biden muss sich vor dem Vorwurf eines zu nachgiebigen Vorgehens gegenüber Peking hüten, wenn er Importzölle und andere Massnahmen seines Vorgängers rückgängig macht.

China profitiert vom Kampf gegen die Pandemie

Die Notwendigkeit, Priorität auf inländische Herausforderungen zu setzen, könnte China weiteren Raum verschaffen, seine Agenda voranzutreiben – sei es bei der Technologieentwicklung oder bei Gebietsstreitigkeiten mit Taiwan oder an der Grenze zu Indien. Biden hat auf mögliche Gebiete der Zusammenarbeit verwiesen, vom Klimawandel bis zum gemeinsamen Vorgehen gegen das nordkoreanische Atomwaffenprogramm. Doch selbst hier sind die beiden Länder nicht immer einer Meinung.

Die Coronavirus-Pandemie, die in der chinesischen Stadt Wuhan ihren Ursprung hatte, ist von einer möglichen Bedrohung für die Führung von Präsident Xi Jinping zur Erfolgsgeschichte geworden. Die KP nutzte die Pandemie, um ihre anhaltende Kontrolle über den autoritären Ein-Parteien-Staat zu rechtfertigen, den sie seit mehr als 70 Jahren regiert. Gegen Bürgerjournalisten und andere Kritiker des staatlichen Vorgehens gegen das Virus ging die Führung mit harter Hand vor.

Die Tatsache, dass viele andere Staaten weniger Erfolg im Kampf gegen Covid-19 haben, leistet Peking zusätzlich Vorschub. Biden hat die Führung über ein Land übernommen, in dem die Zahl der Toten nach wie vor in die Höhe schnellt und das durch die Corona-Massnahmen weiter in der Rezession feststeckt. China kämpft zwar noch gegen kleinere Ausbrüche. Aber das Leben dort ist weitgehend zur Normalität zurückgekehrt, und das Wirtschaftswachstum nimmt zu.

Es wäre für die chinesische Regierung viel schwieriger gewesen, ihr «Narrativ weltweit zu verbreiten, wenn die USA nicht derart versagt hätten», sagt Bonnie Glaser, China-Expertin am Zentrum für Strategische und Internationale Studien in Washington. «Das Thema betrifft viele Bereiche: dass China einfach auf die USA und die Demokratie im Allgemeinen zeigen und behaupten kann, dass sie keine gute Staatsführung liefern.»

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