Vorfall vor einem Jahr Russischer Pilot feuerte offenbar bewusst auf britisches Flugzeug

phi

14.9.2023

Eskalation über dem Schwarzen Meer Ende September 2022: Eine Su-27 nähert sich einer RC-135.
Eskalation über dem Schwarzen Meer Ende September 2022: Eine Su-27 nähert sich einer RC-135.
Screenshot: Youtube/OP Info 

Ein Vorfall über dem Schwarzen Meer vor einem Jahr entpuppt sich im Nachhinein als sehr viel ernster als dargestellt: Eine russische Su-27 hat demnach zwei Raketen auf eine britische RC-135 abgefeuert.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Am 29. September 2022 kam es über dem Schwarzen Meer zu einem Vorfall zwischen einer britischen RC-135 und zwei russischen Su-27.
  • Bislang hiess es, eine Su-27 habe wegen einer «technischen Fehlfunktion» eine Rakete abgefeuert.
  • Nun wird berichtet, der Pilot habe eine Anweisung des Fluglotsen als Schuss-Freigabe interpretiert.
  • Eine Rakete habe das Ziel nicht erfassen können. Eine zweite Rakete sei ins Meer gefallen.
  • Gestützt wird der Bericht von einer amerikanischen Darstellung, die von einer «kriegerischen Handlung» berichtet.

Ein Vorfall über dem Schwarzen Meer am 29. September 2022 entpuppt sich im Nachhinein als noch gefährlicher als bisher bekannt: Damals haben zwei russische Su-27-Kampfjets ein britisches Spionageflugzeug vom Typ RC-135 Rivet Joint abgefangen.

Dabei hat einer der Flanker eine Rakete abgefeuert. Das Ganze sei «beyond visual range» geschehen, also ohne Sichtkontakt, berichtete der frühere britische Verteidigungsminister im Oktober 2022. Ben Wallace hat sich deshalb in Moskau beschwert.

Der Kreml antwortete, es habe sich um eine «technische Fehlfunktion» gehandelt. Russland räumte auch ein, dass sich der Vorfall über internationalem Gewässer abgespielt habe. London wertete die Sache deshalb nicht als «bewusste Eskalation». Die Patrouillen, die zunächst ausgesetzt worden waren, wurden wieder aufgenommen.

Doch nun will die BBC neue Informationen zur Sache erhalten haben: Demnach hat eine der Su-27 nicht nur eine, sondern zwei Raketen abgefeuert. Und das angeblich, nachdem der Pilot irrtümlich meinte, er habe eine Freigabe für den Abschuss erhalten. Das habe die BBC von drei Offiziellen erfahren, die in die Sache involviert seien.

Trotz Protest feuert der Pilot eine zweite Rakete ab

Das soll die Kommunikation zwischen den Jets und der Bodenstation belegen. Der Fluglotse hat demnach zweideutig etwas gesagt im Sinne von «Sie haben das Ziel». Einer der Piloten habe das als Freigabe zum Schuss verstanden und nicht nur eine abgeschossen. Diese konnte die RC-135 aber angeblich nicht erfassen: Sie habe das vermeintliche Ziel also verfehlt. Von einer Fehlfunktion könne keine Rede sein.

Der zweite Pilot soll geflucht und seinen Kollegen gefragt haben, was er da mache. Den ersten Piloten kümmerte demnach der Protest aber nicht: Er feuerte sogar eine zweite Rakete ab, schreibt die BBC. Die zweite Rakete sei aber ins Meer gefallen: Entweder lag hier eine Fehlfunktion vor oder der Angriff wurde abgebrochen.

Eine britische RC-135W Rivet Joint: Das Spionageflugzeug ist mit Elektronik vollgestopft, um gegnerische Kommunikation zu belauschen und Luftbilder zu machen. Sie verfügt über ein starkes Radar und Mittel zur elektronischen Kriegsführung, was erklären könnte, warum die russische Rakete die RC-135 nicht erfassen konnte.
Eine britische RC-135W Rivet Joint: Das Spionageflugzeug ist mit Elektronik vollgestopft, um gegnerische Kommunikation zu belauschen und Luftbilder zu machen. Sie verfügt über ein starkes Radar und Mittel zur elektronischen Kriegsführung, was erklären könnte, warum die russische Rakete die RC-135 nicht erfassen konnte.
Commons/Alan Wilson

Das würde auch erklären, warum die USA den Fall deutlich ernster dargestellt haben als die Royal Air Force. Das Ganze sei ein «Beinahe-Abschuss» gewesen. Im April 2023 schrieb die «New York Times»: «Der Vorfall war sehr viel ernster als dargestellt und könnte einer kriegerischen Handlung gleichkommen.»

Wenn die RC-135 abgeschossen worden wäre, hätte das die Leben von rund 30 Briten gekostet, die an Bord Dienst taten. Dass London die ganze Sache herunterspielt, ist kein Widerspruch: Grossbritannien hat weder Interesse an einer Eskalation noch daran, offenzulegen, wie sie die russische Kommunikation belauscht.