Aus Wracks werden Waffen Das Rätsel der «Stachelschweine» – wie Russlands Panzer plötzlich länger überleben

Sven Ziegler

28.10.2025

Das neue «Stachelschwein» wurde mit Platten überzogen.
Das neue «Stachelschwein» wurde mit Platten überzogen.
Screenshot X/@LoisAceLane

Lange galten Russlands Panzer als hoffnungslos veraltet und leichte Beute für ukrainische Kamikazedrohnen. Doch neue Berichte deuten darauf hin, dass improvisierte Schutzsysteme die Kampffahrzeuge widerstandsfähiger machen – und das Schlachtfeld verändern könnten.

Sven Ziegler

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  • Russlands Armee rüstet ihre Panzer mit Metallstacheln und Zusatzpanzerungen aus – sogenannte «Stachelschweine».
  • Laut «Forbes» hielten einzelne Modelle bis zu 60 Drohneneinschläge stand, bevor sie zerstört wurden.
  • Auch ukrainische Truppen experimentieren inzwischen mit ähnlichen Aufbauten gegen Kamikazedrohnen.

Auf den Frontlinien in der Ukraine tobt ein Kampf ums Überleben – nicht nur für Fusssoldaten, sondern auch für Panzerfahrer. Russlands «Stachelschweine», wie die mit Metallstacheln übersäten Fahrzeuge genannt werden, sorgen unter Militärexperten derzeit für Erstaunen.

«Stachelschweine» sind bereits seit längerer Zeit auf dem Schlachtfeld im Einsatz. Wirklich tauglich für den Einsatz waren diese aber zunächst nicht. Denn: Anders als heute versuchte Russland lediglich, bestehende Panzer mit leicht modifizierten Drähten auszurüsten. 

So sahen die «Stachelschweine» zuerst aus.
So sahen die «Stachelschweine» zuerst aus.
X / War Translated

Mit den Drähten sollten die Drohnen vorzeitig zur Explosion gebracht werden. Das Konzept funktionierte allerdings nicht wie gewünscht: Immer wieder tauchten Videos auf, wie die Drohnen an den Drähten vorbeiflogen und erst beim Zielpunkt explodierten.

Nun haben die Russen nachgebessert und die Panzer zusätzlich zu den Drähten mit Platten überzogen: Was zunächst nach improvisiertem Blechkanister aussieht, entpuppt sich jetzt offenbar als effektiver Schutzschild gegen Kamikazedrohnen. Laut dem US-Magazin «Forbes» soll ein russischer Panzer kürzlich fast 60 Drohnenangriffe überstanden haben, bevor er kampfunfähig wurde.

Diese Modifikationen sollen Drohnenabschläge oder Einschläge verhindern, indem das Geschoss erst an den Aufbauten detoniert oder abgelenkt wird – also eine Form von erschwerter Trefferwirkung. Gleichzeitig haben sie aber auch Nachteile wegen grösserer Silhouetten, schlechterer Mobilität und Sichtbehinderungen der Besatzung.

Auch die Ukraine rüstet auf

Auch die ukrainischen Streitkräfte passen sich an – sie rüsten westliche Panzer wie den Leopard 1A5 oder den Abrams mit reaktiver Zusatzpanzerung und Drohnenabwehrnetzen aus.

Diese Systeme sollen eintreffende Sprengkörper durch gezielte Gegenexplosionen neutralisieren. In mehreren Fällen überlebte die Besatzung, obwohl ihre Fahrzeuge mehrfach getroffen wurden. Die technologische Aufrüstung ist zugleich ein Wettlauf zwischen Angreifern und Verteidigern.

Während Russland auf Metallkäfige und improvisierte Stachelkonstruktionen setzt, entwickeln die Ukrainer präzisere Drohnensteuerungen – mit Glasfaserverbindungen, die gegen elektronische Störsignale resistent sind.

Doch auch die besten Drohnenpiloten stehen vor Problemen: Schlechtes Wetter, Nebel oder elektromagnetische Störungen erschweren das Zielen, berichtet die «New York Times» Anfang des Monats in einer Reportage direkt von der Front. Zudem verdecken die Aufbauten der Panzer kritische Schwachstellen wie Turm oder Ketten.

Ob die russischen «Stachelschweine» eine dauerhafte Wende im Panzerkrieg markieren oder nur eine Übergangslösung sind, bleibt offen. «Kamikazedrohnen können jeden Panzer stoppen, wenn sie an der richtigen Stelle treffen», sagt ein ukrainischer Kommandant.

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